Leitsatz (amtlich)
Haben Miterben gleichzeitig gegenüber dem Nachlaßgericht die Anfechtung der Erbschaftsannahme erklärt und verfolgen sie mit ihrer Beschwerde ihre Anfechtung weiter, ist für das Beschwerdeverfahren ein einheitlicher Geschäftswert festzusetzen.
Normenkette
KostO § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 07.01.1998; Aktenzeichen 5 T 735/97) |
AG Regensburg (Aktenzeichen VI 472/97) |
Tenor
Der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 7. Januar 1998 wird dahin abgeändert, daß der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 20.000 DM festgesetzt wird.
Tatbestand
I.
Der am 11.2.1997 verstorbene Erblasser hinterließ seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1), sowie vier volljährige Kinder, die Beteiligten zu 2) bis 5). Eine Verfügung von Todes wegen war nicht vorhanden.
Am 19.6.1997 erteilte das Nachlaßgericht antragsgemäß einen Erbschein, der die Beteiligte zu 1) als Erbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) bis 5) jeweils als Erben zu 1/8 auswies. Am 29.10.1997 erklärten die Beteiligten zu 2) bis 5) gegenüber dem Nachlaßgericht gleichzeitig die Anfechtung der am 3.4.1997 erfolgten Annahme der Erbschaft.
Das Amtsgericht (Rechtspfleger) wies die Anfechtungserklärungen mit Verfügung vom 29.10.1997 zurück. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 5) hiergegen hat das Landgericht mit Beschluß vom 2.12.1997 zurückgewiesen, da eine wirksame Anfechtung der Annahme der Erbschaft nicht erfolgt sei. Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat das Landgericht mit Beschluß vom 7.1.1998 für jeden Beschwerdeführer auf 5.000 DM festgesetzt (1/8-Anteil des geschätzten Nachlaßvermögens von 40.000 DM).
Gegen die Festsetzung des Beschwerdewerts wenden sich die Beteiligten zu 2) bis 5) mit ihren Beschwerden. Die Höhe des vom Landgericht geschätzten Nachlaßvermögens sei für sie nicht nachvollziehbar.
Das Landgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 KostO zulässigen Geschäftswertbeschwerden führen zur Abänderung des vom Landgericht festgesetzten Geschäftswerts für das Beschwerde verfahren.
a) Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten – wie hier – ist daher der Wert des Beschwerdegegenstands in der Regel gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse, die Bedeutung der Beschwerde für die Beteiligten sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung können als Anhaltspunkt für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden, sind jedoch nicht unmittelbar anzuwenden (ständige Rechtsprechung des BayObLG, vgl. z.B. BayObLGZ 1986, 489/491; 1993, 115/117; BayObLG JurBüro 1994, 499). Bei Beschwerden betreffend die Anfechtung der Annahme der Erbschaft wie hier kann deshalb insbesondere auch der Wert der Vermögensmasse nach Abzug der Schulden (§ 112 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 KostO) als Anhaltspunkt dienen. Haben mehrere Beschwerdeführer Rechtsmittel eingelegt, so ist – entgegen der Auffassung des Landgerichts – ein einheitlicher Geschäftswert festzusetzen, wenn die Rechtsmittel dasselbe Ziel verfolgen und ihr Gegenstand identisch ist (BayObLG JurBüro 1978, 1372 und 1993, 612/613). Das gilt auch dann, wenn das Interesse der Beschwerdeführer auf verschiedene, einander ergänzende Erbteile gerichtet ist; in diesem Fall sind die Interessen zusammenzuzählen (BayObLGZ 1994, 41/56; vgl. insbesondere die für den ersten Rechtszug getroffene Regelung des § 112 Abs. 2 Satz 3 KostO und Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 13. Aufl. § 112 Rn. 22 und 24).
b) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für den vorliegenden Fall:
Die Beteiligten zu 2) bis 5) verfolgten mit ihren Beschwerden gegen die Entscheidung des Amtsgerichts dasselbe Ziel, nämlich die Feststellung der Rechtswirksamkeit der von ihnen gleichzeitig erklärten Anfechtung der Erbschaftsannahme. Es ist deshalb ein einheitlicher Beschwerdewert festzusetzen, wobei das Verbot einer Schlechterstellung des Beschwerdeführers bei der Festsetzung des Geschäftswerts nicht gilt (vgl. Rohs/Wedewer KostO 3. Aufl. § 31 Rn. 27).
Der Wert des hälftigen Grundstückmiteigentumsanteils des Erblassers beläuft sich nach der – nicht bestrittenen – Bewertung des Kostenbeamten des Amtsgerichts auf ca. 230.000 DM. Unter Hinzurechnung des übrigen Nachlasses von 10.000 DM laut Nachlaßverzeichnis ergibt sich ein Aktivnachlaß von 240.000 DM. Bei Berücksichtigung des vom Kostenbeamten ersichtlich aufgrund der Angaben der Beteiligten ermittelten Schuldenstandes von 201.657 DM errechnet sich ein Reinnachlaß von 38.343 DM, der in etwa dem vom Landgericht angenommenen Nachlaßwert von 40.000 DM entspricht. Dieser für den Zeitpunkt des Erbfalls maßgebe...