Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Beseitigungspflicht einer Terrassenverglasung am Gemeinschaftseigentum und Zurückbehaltungsrecht wegen Beseitigung daran bestehender Mängel

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 11.09.1990; Aktenzeichen 1 T 561/90)

AG München (Entscheidung vom 12.12.1989; Aktenzeichen UR II 1290/88)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 11. September 1990 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Der Antragsgegner ließ im Jahr 1987 die seiner Wohnung im obersten Geschoß des Anwesens vorgelagerte Terrasse verglasen. Es ist dadurch ein wintergartenähnlicher Vorbau entstanden. Der Antragsgegner behauptet, daß er diese Maßnahme nur durchgeführt habe, um sich vor Schäden wegen der fehlenden Feuchtigkeitsisolierung auf der Terrasse, der mangelhaften Terrassenentwässerung und wegen der normwidrigen Dachentwässerung im Attika – Bereich zu schützen.

Nach der Gemeinschaftsordnung bedürfen Veränderungen an der Wohnanlage und an der äußeren Gestalt der Häuser der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verwalters. Eine solche hat der Antragsgegner nicht erholt.

In der Eigentümerversammlung vom 9.5.1988 wurde beschlossen, daß die Verglasung wieder zu beseitigen sei. Dieser Beschluß wurde nicht angefochten.

Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung der Verglasung und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu verpflichten. Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzuweisen, hilfsweise dem Antrag nur stattzugeben Zug um Zug gegen norm- und regelgerechte Beseitigung folgender Mängel des Gemeinschaftseigentums:

  1. Balkone und Dachbalkone bzw. Dachterassen:

    1. Mangelhafte und fehlerhafte Feuchtigkeitsisolierung,
    2. mangelhafter, nicht den Kegeln der Technik entsprechender Fußbodenaufbau der Dachterrassen,
    3. Beseitigung des Höhenniveaus der Dachterrassen/Dachbalkonbeläge über Oberkante der anschließenden Wohnräume,
    4. mangelhafte Balkonentwässerung
  2. Geneigte und senkrechte Dachrandabschlüsse (Attika) des Gebäudekomplexes:

    Fehlende Entwässerung im gesamten Attika-Bereich.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 12.12.1989 den Antragsgegner verpflichtet, binnen vier Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses die auf der nordwestlichen Terrasse seiner Wohnung … angebrachte Verglasung zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Mit seiner sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluß hat Antragsgegner seine Anträge erster Instanz mit der Maßgabe wiederholt, daß die Zug-um-Zug-Verpflichtung auf die Beseitigung der Mängel im Bereich seiner Wohnung und Terrasse beschränkt wird. Außerdem hat er den Gegenantrag gestellt, die Antragsteller zu verpflichten, die im Hilfsantrag bezeichneten Mängel am gesamten Gemeinschaftseigentum, also ohne Beschränkung auf den Bereich seiner Wohnung, zu beseitigen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 11.9.1990 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und den Gegenantrag abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners, die nicht begründet wurde.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsgegner sei zur Beseitigung der von ihm angebrachten Balkonverglasung verpflichtet. Es liege eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG vor, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehe. Durch die Verglasung hätten zwar Mängel im Terassenbereich ausgeglichen werden können. Dies sei aber nicht die einzige Abhilfemöglichkeit gewesen. Für eine Instandsetzung hätte es vielmehr genügt, wenn der Terrassenaufbau und Terrassenbelag saniert worden wäre. Den Antragstellern sei durch die Terrassenverglasung auch ein Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG erwachsen; es sei nämlich der ästhetische Gesamteindruck des Anwesens beeinträchtigt worden. Der Antragsgegner könne sich auch nicht darauf berufen, daß die Verwalterin mündlich ihre Zustimmung zu den baulichen Maßnahmen gegeben habe. Zum einen habe nach der Behauptung des Antragsgegners nicht der Geschäftsführer der früheren Verwalterin, sondern nur ein nicht vertretungsberechtigter Sachbearbeiter die fragliche Einwilligung gegeben. Zum anderen habe dieser Sachbearbeiter bei der Anhörung durch die Kammer bestritten, mündlich ein Einverständnis zur Verglasung gegeben zu haben. Abgesehen davon sei die nach der Gemeinschaftsordnung für eine solche Einwilligung erforderliche Schriftform nicht eingehalten. Auf das Formerfordernis hätte allenfalls durch den vertretungsberechtigten Geschäftsführer der Verwalterin oder die Gesamtheit der Wohnungseigentümer, nicht aber durch Erklärungen eines einzelnen Wohnungseigentümers ...

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