Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung eines Amtswiderspruchs. Grundbuch
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 874 BGB kann bei der Eintragung eines Rechts nur „zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts” auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Daraus folgt, dass das Recht selbst und dessen Inhalt in seinem Wesenskern wenigstens schlagwortartig in den Eintragungsvermerk selbstg aufgenommen werden müssen, um das Recht entstehen zu lassen.
Normenkette
GBO § 53 Abs. 1; BGB § 874
Verfahrensgang
LG Memmingen (Beschluss vom 11.07.1985; Aktenzeichen 4 T 985/85) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 11. Juli 1985 aufgehoben.
II. Das Amtsgericht – Grundbuchamt – Neu-Ulm wird angewiesen, von Amts wegen an den Grundstücken Flst. Nrn. … und … der Gemarkung … jeweils zugunsten der Beteiligten zu 1 einen Widerspruch gegen die am 8. März 1978 vorgenommene Amtslöschung einzutragen.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 2 ist auf Grund Auflassung vom 31.3.1978 seit 28.6.1978 Eigentümer der Grundstücke Flst. Nrn. … und … der Gemarkung …
Auf diesen Grundstücken war am 21.3.1932 je eine Dienstbarkeit eingetragen worden. Der Eintragungsvermerk lautete (nach der Umschreibung):
„Benützungsrecht zugunsten der Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen). Unter Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung vom 7.3.1932 …”
Am 8.3.1978 hat das Grundbuchamt die Dienstbarkeiten von Amts wegen als inhaltlich unzulässig gelöscht.
Die Beteiligte zu 1 hat gegen die Löschung Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, einen Amts wider Spruch einzutragen. Mit Beschluß vom 11.7.1985 hat das Landgericht die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) komme nicht in Betracht, weil das Grundbuchamt bei der von Amts wegen vorgenommenen Löschung des „Benützungsrechts” keine gesetzlichen Vorschriften verletzt habe.
Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO sei eine Eintragung im Grundbuch von Amts wegen zu löschen, wenn sie nach ihrem Inhalt unzulässig sei. Aus § 874 BGB ergebe sich, daß das Recht und dessen Inhalt in seinem Wesenskern wenigstens schlagwortartig in den Eintragungsvermerk selbst aufgenommen werden müßten.
Die Bezeichnung „Benützungsrecht” sei derart allgemein gehalten, daß sie den Kernbereich der vorliegenden Dienstbarkeit nicht mehr schlagwortartig beschreibe. Ein Grundstück könne in vielerlei Art. benützt werden. Die hier vorliegende Bezeichnung lasse nicht erkennen, daß es sich um ein Stromleitungsrecht handle.
Der das Sachen- und Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz gelte seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Grundbuchordnung. Deshalb sei auch für frühere Eintragungen der gleiche Maßstab anzuwenden, wie er heute gelte.
Auch eine Anknüpfung an die Person des Berechtigten zur Kennzeichnung des Inhalts des Rechts – wie sie das Bayerische Oberste Landesgericht in dem Beschluß vom 12.8.1981 (Rpfleger 1981, 479) vorgenommen habe – könne im vorliegenden Fall nicht weiter helfen: Der Tätigkeitsbereich der Reichsbahngesellschaft bzw. der Bundesbahn sei nicht so eingeschränkt, wie der einer Elektrizitätsgesellschaft. Das Stromleitungsrecht stelle für die Eisenbahn nicht das typische Recht dar; der Eintragungsvermerk „Benützungsrecht” könne sich daher nicht nur auf ein solches Recht beziehen.
Selbst wenn man den Eintragungsvermerk für hinreichend bestimmt ansehen würde, wäre die Beschwerde gleichwohl erfolglos, weil der Beteiligte zu 2 nach Sachlage das Eigentum kraft guten Glaubens lastenfrei erworben haben dürfte.
2. Die Entscheidung des Landgerichts kann nicht aufrechterhalten werden.
Der Ausgangspunkt des Landgerichts ist allerdings zutreffend: Nach § 874 BGB kann bei der Eintragung eines Rechts nur „zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts” auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Daraus folgt, daß das Recht selbst und dessen Inhalt in seinem Wesenskern wenigstens schlagwortartig in den Eintragungsvermerk selbst aufgenommen werden müssen, um das Recht entstehen zu lassen (BGHZ 35, 378; BayObLGZ 1958, 323/327; 1964, 1/2; 1973, 184/187; 1981, 117/119 f.; BayObLG Rpfleger 1981, 479).
Soweit Rechtsnatur und Inhalt des Rechts im Gesetz erschöpfend geregelt sind (z. B. bei einem Nießbrauch, Erbbaurecht oder Grundpfandrecht) genügt die Angabe der gesetzlichen Bezeichnung, weil sich insoweit auch bei größtmöglicher Ausschöpfung abdingbarer Vorschriften der wesentliche Inhalt des Rechts immer noch aus den gesetzlichen Bezeichnungen ergibt (BayObLG 1958, 323/327; BayObLG Rpfleger 1981, 479; KG OLGZ 1975; 301/303). Dies ist aber bei einer Dienstbarkeit nicht der Fall. Schon nach dem Gesetz (§§ 1018, 1090 Abs. 1 BGB) gibt es drei Arten von Dienstbarkeiten. Dazu kommt, daß die gesetzliche Regelung nur den Rahmen zulässiger Dienstbarkeiten absteckt, nicht aber...