Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Zustimmung des Verwalters bei "Erstveräußerung"

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Passau vom 20. August 1985 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Passau, vom 2. Juli 1985 aufgehoben.

 

Gründe

I.

1. a) Der Beteiligte zu 1 a teilte ein ihm gehörendes Grundstück gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes in 38 Eigentumswohnungen (Appartements mit Kellerabteil) und 41 Teileigentumseinheiten (40 Tiefgaragenstellplätze und ein nicht zu Wohnzwecken dienender Raum) auf. Die Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher sind angelegt.

Nach Abschnitt II § 4 der als Bestandteil der Teilungserklärung im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung bedarf die völlige oder teilweise Veräußerung des Sondereigentums der Zustimmung des Verwalters; dies gilt jedoch nicht (a) bei der Erstveräußerung durch den heutigen Eigentümer, (b) bei der Veräußerung an den Ehegatten oder Verwandte in gerader Linie und (c) bei der Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem eingetragenen Grundpfandrecht. In Abschnitt II § 18 der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, daß die Firma H. (= Beteiligte zu 2) auf die Dauer von zwei Jahren ab Fertigstellung des Gebäudes zur Verwalterin bestellt wird.

Zu notarieller Urkunde vom 26.3.1985 ließ der Beteiligte zu 1 a je einen Hälfteanteil an der Wohnung Nr. 22 und an dem Tiefgaragenstellplatz Nr. 75 an die Beteiligte zu 1 b. seine Ehefrau, auf. Diese ist seit dem 3.5.1985 als Miteigentümerin im Grundbuch eingetragen.

b) Mit notariellem Vertrag vom 29.4.1985 ließen die Beteiligten zu 1 das Wohnungseigentum Nr. 22 und das Teileigentum Nr. 75 an die Beteiligte zu 2 auf; die Beteiligten bewilligten die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Den Antrag auf Vollzug der Auflassung hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 2.7.1985 beanstandet: Zur Veräußerung sei die Zustimmung des Verwalters erforderlich. Sie müsse daher zum Vollzug der Auflassungen in der Form des § 29 BGO nachgewiesen werden. Da die zur Verwalterin bestellte Beteiligte zu 2 erwerben solle, sei ihre Zustimmung nicht ausreichend. Statt dessen sei die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.

Das gegen die Zwischenverfügung eingelegte Rechtsmittel der Beteiligten hat das Landgericht mit Beschluß vom 20.8.1985 zurückgewiesen. Die Beteiligten haben gegen den Beschluß weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen. Das in der Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Auch wenn man mit der Beschwerdebegründung davon ausgehe, daß vor Fertigstellung des Gebäudes noch kein Verwalter bestellt sei, gebe die Teilungserklärung keinen Hinweis darauf, daß die Veräußerung der Zustimmung des Verwalters nicht bedürfe, solange ein Verwalter nicht bestellt sei. Aus § 18 Teilungserklärung könne nicht geschlossen werden, daß bis zur Fertigstellung des Gebäudes kein Verwalter bestellt werden dürfe. Die Ausnahmen vom Erfordernis der Zustimmung seien in der Teilungserklärung abschließend aufgezählt. Hier sei keine davon gegeben. Insbesondere handle es sich nicht um eine Erstveräußerung. Diese liege schon in der Auflassung der Hälfteanteile an die Beteiligte zu 1 b. Zwar könnte daran gedacht werden, daß diese Auflassungen noch keine Veräußerung im Sinne des § 12 Abs. 1 WEG darstellten. Die Kammer könne jedoch eine derartige Auslegung gegen den klaren Wortlaut der Teilungserklärung nicht vornehmen. Der damalige („heutige”) Eigentümer sei jetzt nicht mehr Alleineigentümer und deshalb nicht mehr in der Lage, den Erwerber allein zu bestimmen. Nur solange hätte aber davon ausgegangen werden können, daß die Veräußerung zustimmungsfrei sei. Die Kammer verkenne dabei nicht, daß die Interessen der Beteiligten zu 1 a und b aus der Natur der Sache heraus parallel lägen. Das Grundbuchrecht sei aber bewußt formell gehalten, so daß für eine derartige Überlegung kein Raum sei.

Der Hinweis des Grundbuchamts darauf, daß die Beteiligte zu 2 als Erwerberin gemäß § 181 BGB an der Erteilung der Verwalterzustimmung gehindert sei, entfalle dann, wenn davon auszugehen sei, daß ein Verwalter noch nicht bestellt sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Vollzug der Auflassungen kann nicht vom Nachweis der Verwalterzustimmung abhängig gemacht werden, da es sich um Erstveräußerungen im Sinne von Abschnitt II § 4 Nr. 1 a der Gemeinschaftsordnung handelt.

a) Die Gemeinschaftsordnung unterliegt wie alle Grundbucheintragungen der selbständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht (BGHZ 37, 147/148 f.; 59, 205/208 f.; BayObLGZ 1977, 226/230; 1982, 69/73; BayObLG Rpfleger 1983, 350/351; zuletzt Senatsbeschluß vom 27.6.1985 BReg. 2 Z 62/84; KG OLGZ 1982, 131/134; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 53, Augustin WEG RdNr. 36, je zu § 10). Dabei ist auf den Wort...

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