Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung sowie Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Sondereigentum
Verfahrensgang
AG Straubing (Aktenzeichen UR II 27/85) |
LG Regensburg (Aktenzeichen 2 T 333/85) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 28. Januar 1986 und Nr. 1 des Teilbeschlusses des Amtsgerichts Straubing vom 28. Oktober 1985 aufgehoben.
II. Der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juli 1985 zu TOP 11 ist nichtig.
III. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 205 020 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Die Antragstellerin und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer aus 26 Wohnungen bestehenden Wohnanlage. In dieser befinden sich zwei weitere Wohnungen, an denen jedoch kein mit einem Miteigentumsanteil verbundenes Sondereigentum begründet worden ist.
In der Versammlung vom 19.7.1985 faßten die Wohnungseigentümer unter TOP 11 mit Stimmenmehrheit folgenden Beschluß:
„Die beiden in Natur erbauten Wohnungen im UG, bezeichnet mit E 27 und E 28, für die zwischenzeitlich eine öffentlich-rechtliche Genehmigung vorliegt (die noch nicht bestandskräftig ist), sollen rechtlich im Grundbuch als Sondereigentum gebildet werden. Die entsprechenden Tausendstel Miteigentumsanteile werden aus der Wohnung … hier entnommen.
…
Herr D. und Herr Skw. werden bevollmächtigt, alle zur Durchführung des Beschlusses notwendigen Schritte einzuleiten und Erklärungen abzugeben.”
2. Die Antragstellerin hat am 7.8.1985 beantragt, diesen und weitere Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 19.7.1985 aufzuheben. Durch Teilbeschluß vom 28.10.1985 hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen, soweit er die Beschlußfassung zu TOP 11 zum Gegenstand hat. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 28.1.1986 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beschwerde sei von Anfang an unbegründet gewesen, weil die Antragstellerin durch die Beschlußfassung zu TOP 11 nicht in ihren Rechten verletzt sei. Da die beiden im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wohnungen nur durch notarielle Teilungserklärung in Sondereigentum übergeführt werden könnten, könne der Beschluß nur bedeuten, daß versucht werden solle, die hierzu erforderliche Einigung sämtlicher Beteiligten zu erreichen. Durch die Absichtserklärung sei die Antragstellerin nicht beeinträchtigt, weil die Bildung von Sondereigentum ihrer Zustimmung bedürfe.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 19.7.1985 zu TOP 11 ist wegen absoluter Unzuständigkeit der Eigentümerversammlung nichtig.
a) Das Landgericht legt diesen Beschluß als bloße Absichtserklärung der Wohnungseigentümer aus, die die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzen könne. Diese tatrichterliche Auslegung kann vom Rechtsbeschwerdegericht zwar nur in beschränktem Umfang überprüft werden; sie kann aber jedenfalls dann keinen Bestand haben, wenn das Landgericht – wie hier – wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11. Aufl. § 27 RdNr. 48). In dem Beschluß werden der Verwalter und ein weiterer Wohnungseigentümer bevollmächtigt, alle zur Durchführung des Beschlusses notwendigen Schritte einzuleiten und Erklärungen abzugeben. Das Landgericht hat nicht berücksichtigt, daß dies bedeuten kann, aufgrund dieser Vollmacht solle die Umwandlung des gemeinschaftlichen Eigentums in Sondereigentum unter gleichzeitiger Veränderung der Miteigentumsquoten verwirklicht werden. Der Senat kann danach den Beschluß selbst auslegen. Im Hinblick auf die Vollmacht kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschluß eine bloße Absichtserklärung darstellt und als solche die Rechte der Antragstellerin als Wohnungseigentümerin nicht berührt.
b) Die Eigentümerversammlung durfte den Beschluß mit dem eben festgestellten Inhalt nicht fassen. Der Beschlußfassung der Wohnungseigentümer unterliegen nämlich nur solche Angelegenheiten, die das Wohnungseigentumsgesetz oder eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer der Beschlußfassung unterstellt (§ 23 Abs. 1 WEG). Beschließt die Eigentümerversammlung über einen Gegenstand, für den sie absolut unzuständig ist, so ist der Beschluß nichtig (BayObLGZ 1985, 345/346 m.Nachw.). Auch wenn bei der Entscheidung der Frage, ob ein Gegenstand noch der Regelung durch Beschlußfassung der Wohnungseigentümer unterliegt, kein enger Maßstab anzuwenden ist, ist eine Zuständigkeit der Eigentümerversammlung für die Begründung neuer Wohnungseigentumsrechte im Wege der Umwandlung derzeit im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Wohnungen in Sondereigentum, verbunden mit einer...