Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 99/84) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 2221/85) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 26. Juni 1986 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 8. November 1985 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Nr. 1 dieses Beschlusses folgende Fassung enthält:
Der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 29. Oktober 1984 zu TOP 1 ist nichtig.
III. Die Kostenentscheidung im Beschluß des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 8. November 1985 wird abgeändert
Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses. Die Antragsgegnerin zu 2 ist die Verwalterin der von ihr errichteten Anlage. Ihr gehören die zur gewerblichen Nutzung bestimmten Einheiten (Nrn. 116, 117 und 118) und noch einige der (im übrigen von ihr veräußerten) 115 Wohnungen.
Die im Erdgeschoß gelegene Einheit Nr. 116, in der ein Tanzlokal betrieben wird, ist verpachtet. Die Antragsgegnerin zu 2 hat diese Einheit nachträglich um einen 40,37 m² großen Anbau erweitert und dazu eine Fläche verwendet, die zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört.
Die im dritten Geschoß gelegene Einheit Nr. 118 wurde erst 1985 endgültig ausgebaut, und zwar entgegen ihrer Bestimmung nicht für Gewerbezwecke, sondern zu drei Wohnungen.
Wegen der genannten Maßnahmen kam es zu Differenzen, die u. a. zur Anfechtung der Jahresabrechnung 1983 führten. In der Eigentümerversammlung vom 29.10.1984, zu der 39 Eigentümer (mit 520,26/1000-Miteigentumsanteilen) erschienen bzw. vertreten waren, faßten die Eigentümer zu TOP 1 gegen die Stimme des Antragstellers einen Beschluß, in dem es heißt:
„B. als Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung der tatsächlichen Lage anzupassen durch:
- Begründung durch Sondereigentum an dem Teil zu 40,37 qm des Gemeinschaftseigentums im Erdgeschoß neben dem Hauseingang, der tatsächlich schon seit 1979 baulich in die Gewerbeeinheit Nr. 116 einbezogen ist;
- Umwandlung von Sondereigentum der Einheit Nr. 118 in Gemeinschaftseigentum bezüglich des Ganges, der den Zugang zu den neu entstandenen Einheiten Nr. 118 a, b und c bildet, unter gleichzeitiger Begründung eines Sondernutzungsrechtes mit Sonderlastentragungspflicht bezüglich dieses Ganges für die genannten drei neuen Einheiten;
- Umwandlung von Sondereigentum am Stellplatz Nr. St. 21 im Stützengeschoß in Gemeinschaftseigentum;
- Berichtigung der Nutzungsflächenangabe bei den Einheiten 116, 117 und 118 (= 118 a, b und c); (siehe oben aufgeführte Änderung);
- Etwaige Anpassungen von Gemeinschaftsregelungen an vorgenannten Änderungen.”
Darüber hinaus enthält der Eigentümerbeschluß Regelungen über Kosten, die vom Vollzug der Änderungen der Teilungserklärung abhängen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 29.10.1984 zu TOP 1 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag mit Beschluß vom 8.11.1985 entsprochen. Auf sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht den Antrag mit Beschluß vom 26.6.1986 unter Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung abgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß sei nicht nichtig, selbst wenn er der Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer bedurft haben sollte. Die beschlossene Übertragung der durch den Gaststättenanbau in Anspruch genommenen Fläche des gemeinschaftlichen Eigentums in das Sondereigentum der Antragsgegnerin zu 2 (Nr. 1 des Eigentümerbeschlusses) habe der Zustimmung des Antragstellers und der übrigen Wohnungseigentümer bedurft. Diese Zustimmung habe die Antragsgegnerin zu 2 jedoch aufgrund entsprechender Vollmachten, die sie bei Verkauf der Wohnungen von den jeweiligen Erwerbern erhalten habe, als Vertreterin selbst erteilen können. Der Eigentümerbeschluß erweise sich deshalb in Wahrheit als ein einstimmiger Beschluß aller Wohnungseigentümer. Daß dies in dem angefochtenen Eigentümerbeschluß seinem Wortlaut nach nicht zum Ausdruck komme, rechtfertige es nicht, ihn für ungültig zu erklären. Entsprechendes gelte für die übrigen Nummern des Eigentümerbeschlusses.
2. Die Entscheidung des Landgerichts kann nicht aufrechterhalten werden.
a) In dem Eigentümerbeschluß wird die Antragsgegnerin zu 2 zur Umwandlung vom Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum und umgekehrt zur Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum und ferner zur Änderung der Gemeinschaftsordnung (des Kostenverteilungsschlüssels) ermächtigt.
(1) Das Land...