Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtigkeit eines Treuhandvertrags gem. Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG hat die Unwirksamkeit auch des vom Treuhänder namens des Erwerbers abgeschlossenen Vertrags mit dem Bauträger zur Folge, sofern dieser, wie i.d.R., in die maßgebliche Konzeption des Geschäftsvorgangs mit eingebunden ist. Der Bauträger kann sich in diesem Fall auch nicht auf §§ 171, 172 BGB berufen.
2. Ein Bedürfnis für die Anwendung der Regeln über die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft kann jedenfalls für Zeiträume geboten sein, die vor dem Bekanntwerden der verschärften Rechtsprechung des BGH zur Nichtigkeit von Treuhandverträgen im Rahmen eines Bauträgermodells liegen.
Normenkette
BGB §§ 134, 171-173; RBerG Art. 1, 1 S. 1; WEG § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Beschluss vom 15.11.2002; Aktenzeichen 1 T 92/02) |
AG Viechtach (Aktenzeichen 2 UR II 2/02 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des LG Deggendorf vom 15.11.2002 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.961,69 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Erwerber von Wohnungseigentum. Die Anlage besteht aus einem in Appartements als Sondereigentum aufgeteilten Hotelgebäude. Die Errichtung vollzog sich im Wesentlichen folgendermaßen:
Zwischen den Erwerbern auf der einen Seite und einer Steuerberatungsgesellschaft als sog. Treuhänder auf der anderen Seite wurde ein Treuhandvertrag abgeschlossen, in dem dem Treuhänder zugleich Auftrag und Vollmacht erteilt wurden, für die Erwerber einen Bauträgerkaufvertrag (im Folgenden Bauvertrag) über ein Hotel-Appartement, einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Hotelbetriebsgesellschaft, einen Mietvertrag mit dieser Gesellschaft sowie einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Gesellschaft und einem für diese tätigen Geschäftsbesorger abzuschließen. Der Treuhänder wurde demgemäß tätig. Das Hotelgebäude ist errichtet. Die Teilungserklärung stammt vom 15.12.1994. Für die Antragsgegner als Erwerber wurde am 22.5.1995 im Grundbuch eine Eigentumsvormerkung eingetragen. Nach dem Kaufvertrag gehen Besitz, Nutzen, Lasten, Steuern, Abgaben und Gefahr am Tag der Abnahme auf den Käufer über. Abzunehmen ist das Objekt vor Bezug bei einer gemeinsamen Besichtigung durch Verkäufer und Käufer. Weil die Antragsgegner vorgeschlagenen Abnahmeterminen nicht nachkamen, ließ der Bauträger das Wohnungseigentum, wie vertraglich vorgesehen, von einem vom Treuhänder beauftragten Bausachverständigen am 2.8.1996 abnehmen. Eine Eigentumsumschreibung auf die Erwerber hat bisher in keinem Fall stattgefunden.
Die Antragsteller verlangen nunmehr von den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern die Zahlung rückständigen Wohngelds aus den beschlossenen Jahresabrechnungen 1998 (1.919,73 DM), 1999 (1.923,57 DM) sowie Vorauszahlungen gemäß dem bestandskräftigen Wirtschaftsplan für das Jahr 2000 (1.949,26 DM). Die Antragsgegner stellen in Abrede, wirksam Mitglieder einer (werdenden oder in Vollzug gesetzten) Eigentümergemeinschaft geworden zu sein. Sie behaupten insb., die Vollmacht für den Treuhänder schon vor der Abnahme wirksam widerrufen gehabt zu haben.
Das AG hat am 10.6.2002 die Antragsgegner samtverbindlich antragsgemäß verpflichtet, an die Antragsteller Wohngeldrückstände i.H.v. 2.961,69 Euro zzgl. Zinsen zu entrichten. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner blieb erfolglos. Gegen den Beschluss des LG vom 15.11.2002 richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Es könne ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil eine gütliche Einigung aussichtslos erscheine und eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich sei. Die Antragsgegner seien als Mitglieder einer werdenden oder faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft zu Wohngeldzahlungen verpflichtet. Es bestehe ein Bedürfnis und es sei auch sachgerecht, die Regeln über die Kostentragung des gemeinschaftlichen Eigentums hier entspr. für den Zeitraum anzuwenden, der zwischen dem vollständigen Eigentumserwerb und dem Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten, Steuern und Abgaben bestehe. Ein Besitzübergang auf die Antragsgegner habe stattgefunden. Der Vollmachtswiderruf ändere nichts an der Wirksamkeit der Abnahme, deren Gestaltung auf dem nicht angegriffenen Kaufvertrag beruhe. Ob der Treuhandvertrag nach der neueren Rechtsprechung des BGH zu treuhandabgewickelten Bauträgerverträgen wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig sei, müsse nicht abschließend geklärt werden. Denn jedenfalls sei eine Einschränkung gem. § 242 BGB geboten. Maßgeblich hierfür sei, dass die Rechtsprechung tief in weitgehend abgeschlossene Vorgänge eingreife und der Schutz des Vertrauens von Beteiligten in die Fortdauer der bisherigen Rechtsprechung eine abweichende Beurteilung rechtfertige....