Leitsatz

  1. Folgen der Nichtigkeit eines Treuhandvertrags zur Erstellung eines Bauträgermodells (Hotelgebäude mit Sondereigentums-Appartements); verbotene Rechtsberatung
  2. Auch Nichtigkeit der Treuhandvollmacht und damit auch des Bauträgerkaufvertrags
  3. Jedoch Anwendung der Grundsätze einer werdenden/ faktischen Wohnungseigentümergemeinschaft für den Zeitraum vor Bekanntwerden der verschärften BGH-Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Treuhandverträgen im Rahmen eines Bauträgermodells
 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG; §§ 134, 171, 172, 173 BGB; Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG

 

Kommentar

  1. Sind Käufer Mitglieder einer werdenden (oder faktischen) Wohnungseigentümergemeinschaft geworden, sind sie auch zur Zahlung von Wohngeldern verpflichtet. Voraussetzung dafür ist, dass die Wohnungsgrundbücher angelegt sind, für einen Ersterwerber eine Eigentumsvormerkung eingetragen ist und er an "seiner" Wohnung (z. B. durch die vereinbarte Abnahme) Besitz erlangt hat (h.R.M.). Erst mit der Möglichkeit, das Wohnungseigentum auch bewohnen zu können und damit tatsächlich zu nutzen oder durch Dritte (etwa innerhalb eines Besitzmittlungsverhältnisses gem. § 868 BGB) nutzen zu lassen, entsteht das Bedürfnis zur Anwendung der wohnungseigentumsrechtlichen Regelungen. Ist die Wohnung zwar bewohnbar, aber vom Erwerber nicht in Besitz genommen, fehlt es noch an einer hinreichend klaren Eingliederung in die werdende Gemeinschaft (vgl. auch BGH v. 6.10.1994, V ZB 2/94, NJW 1994, 3352).

    Vorliegend erfolgte bauträgervertraglich die Abnahme durch einen vom Treuhänder beauftragten Bausachverständigen. Ist allerdings der Bauträgervertrag unwirksam (§ 134 BGB), lässt sich mit dieser vereinbarten Abnahmeform eine Inbesitznahme durch den Antragsgegner in Form der Erlangung tatsächlicher Gewalt nicht begründen.

  2. Nach neuer Rechtsprechung des BGH bedarf nun derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells besorgt, der Genehmigung nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG. Verfügt er darüber nicht, ist ein solcher Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 134 BGBnichtig (BGH v. 28.9.2000, IX ZR 279/99, NJW 2001, 70). Die Nichtigkeit erstreckt sich auch auf die dem Treuhänder erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht (BGH v. 14.5.2002, XI ZR 155/01, NJW 2002, 2325; BGH, ZfIR 2003, 556), sei es, dass das Grundgeschäft und die Vollmacht ein einheitliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 139 BGB bilden, sei es, dass die Zweckrichtung des Rechtsberatungsgesetzes, Rechtssuchende vor unsachgemäßer Erledigung ihrer Rechtsangelegenheiten zu schützen, die Erstreckung ohnehin gebietet (vgl. auch BGH, NJW 2002, 60). Geschäftspartnern gegenüber kann allerdings eine nicht wirksam erteilte Vollmacht über die in den §§ 171, 172 BGB geregelten Fälle hinaus aus allgemeinen Rechtsscheinsgesichtspunkten als wirksam zu behandeln sein, sofern das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint. Während die Frage der Schutzwürdigkeit von Vertragspartnern hauptsächlich mit Blick auf die vom Treuhänder zur Finanzierung eingeschalteten Kreditinstitute diskutiert wird (vgl. Derleder, ZfIR 2003, 177 und Nittel, NJW 2003, 2599), ist es im Wesentlichen unbestritten, dass sich jedenfalls ein Bauträger, der auf die Absatzorganisation einschließlich des unwirksamen Geschäftsbesorgungsvertrags wesentlichen Einfluss genommen oder die maßgebliche Konzeption gar selbst entwickelt hat, wegen § 173 BGB nicht auf den Schutz der §§ 171, 172 BGB berufen kann. In diesem Fall ist die enge Zusammenarbeit des Dritten (Bauträger) mit dem Rechtsbesorger (hier: Treuhänder) als Beteiligung an der unzulässigen Rechtsbesorgung zu werten (vgl. BGH, NJW 1998, 955), sodass auch die Berufung auf einen Rechtsschein ausscheidet.

    Vorliegend musste der Treuhänder nach Vertrag erheblichen Beratungsbedarf erbringen sowie konkrete fremde Rechte verwirklichen und Rechtsverhältnisse gestalten, was erhebliche Rechtskenntnisse für die Erbringung solcher Dienstleistungen voraussetzt. Er unterlag deshalb dem Rechtsberatungsgesetz. Auch der Bauträger als Grundstückseigentümer war von Anfang an maßgeblich in die Errichtungs- und Vertriebskonzeption eingebunden. Somit ist auch von einer Unwirksamkeit des abgeschlossenen Bauträgervertrags auszugehen.

  3. Auf die vertraglich vorgesehene Form der Abnahme käme es hingegen nicht an, sofern der Antragsgegner die Wohnung tatsächlich in Besitz genommen hätte, etwa durch eigenen Bezug oder durch willentliche Nutzungsüberlassung an dritte Personen, wie z. B. eine Hotelbetriebsgesellschaft. Ob hier im Gegenzug monatliche Mieten vom Erwerber vereinnahmt wurden und ob er Nutznießer dieser Erträge wurde, muss von der Vorinstanz noch abgeklärt werden (insoweit Zurückverweisung).
  4. Sollte sich eine Besitznahme feststellen lassen, ist auch von entsprechender Wohn- bzw. Hausgeldschuld auszugehen und zwar im Sinne der Haftung d...

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