Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung einer Formulierung in der Niederschrift über eine Eigentümerversammlung, dass die Anwesenden einer baulichen Veränderung zustimmen, als Beschluss.

2. Mit dem bloßen Hinweis auf eine überdurchschnittliche Arbeitsbelastung kann ein fehlendes Verschulden i.S.d. § 22 Abs. 2 FGG nicht hinreichend dargelegt werden.

 

Normenkette

BGB § 133; WEG § 23 Abs. 4; FGG § 22 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 26.03.2003; Aktenzeichen 1 T 4709/02)

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 74/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 26.3.2003 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die bis zum 31.12.2001 von der weiteren Beteiligten verwaltet wurde.

Die weitere Beteiligte lud mit Schreiben vom 23.10.2000 zu einer Eigentümerversammlung ein. Als Tagesordnungspunkt (TOP) 9 war angekündigt: „Beschlussfassung über den Antrag der Familie W. bezüglich Einbaus einer Tür an der rückwärtigen Hausfront des Vordergebäudes nach dem beiliegenden Plan”. Das Einladungsschreiben enthielt hierzu die Anmerkung der Verwalterin, da es sich um eine bauliche Veränderung handele, sei die Zustimmung aller Wohnungseigentümer notwendig. Die Eigentümerversammlung fand nach Terminsverlegung am 14.11.2000 statt. An dieser Versammlung haben die Antragsgegner, nicht jedoch der Antragsteller teilgenommen.

Zu TOP 9 enthält das Protokoll folgende Feststellungen:

„9. Beschlussfassung über den Antrag der Familie W. zum Einbau einer Türe an der rückwärtigen Hausfront des Vordergebäudes

Die Anwesenden stimmen dem Einbau einer Türe unter folgenden Voraussetzungen zu:

Die erforderlichen Genehmigungen sind seitens der Familie W. einzuholen, der Einbau erfolgt nach den Regeln der Baukunst unter Beachtung der Statik, der WEG-Gemeinschaft entstehen hierdurch keine Kosten. Der Unterhalt und Pflege sind durch den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 1 zu tragen.”

Das Protokoll wurde dem Antragsteller am 5.12.2000 übersandt. Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 27.12.2000 teilte der Antragsteller der Hausverwaltung mit, dass er dem Einbau der Türe nicht zustimme. Die Verwalterin erwiderte mit Schreiben vom 11.1.2001, dass sie den am 14.11.2000 gefassten Beschluss als gültig betrachte, sofern der Antragsteller diesen Beschluss nicht innerhalb der Monatsfrist angefochten habe.

Daraufhin hat der Antragsteller mit einem beim AG am 26.1.2001 eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten beantragt, ihm wegen der Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und den in der Eigentümerversammlung vom 14.11.2000 zu TOP 9 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären. Mit Schriftsatz vom 29.11.2001 hat der Antragsteller hilfsweise beantragt, festzustellen, dass in der Eigentümerversammlung vom 14.11.2000 zu TOP 9 kein Beschluss gefasst worden sei. Im Laufe des Verfahrens vor dem AG hat der Antragsteller seine Anträge dahin umgestellt, dass er den bisherigen Hauptantrag (Beschlussanfechtung) nunmehr als Hilfsantrag und den bisherigen Hilfsantrag (Feststellungsantrag) als Hauptantrag stellt.

Das AG hat mit Beschluss vom 27.2.2002 festgestellt, dass in der Eigentümerversammlung vom 14.11.2000 zu TOP 9 kein Eigentümerbeschluss zustande gekommen sei. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1) und 2 hat das LG am 26.3.2003 den amtsgerichtlichen Beschluss in der Hauptsache und in der Kostenentscheidung aufgehoben und den Haupt- und Hilfsantrag des Antragstellers abgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Leiter der Wohnungseigentümerversammlung komme grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Die Feststellung des Beschlussergebnisses könne auch konkludent erfolgen. Dem Protokoll über die Eigentümerversammlung vom 14.11.2000 sei eine Beschlussfeststellung jedenfalls konkludent zu entnehmen. Das ergebe sich daraus, dass in der Überschrift das Wort „Beschlussfassung” ausdrücklich genannt sei. Den folgenden Feststellungen lasse sich entnehmen, dass eine gemeinschaftsinterne Willensbildung stattgefunden habe und dass diese zu dem Ergebnis geführt habe, dass sämtliche anwesenden Eigentümer unter den näher bezeichneten Voraussetzungen ihre Zustimmung zu der geplanten baulichen Maßnahme erteilt hätten. Aus der sprachlichen Fassung des Protokolls seien die Überschrift zu TOP 9 und der weitere Text als aufeinander bezogene Einheit anzusehen. Für den unbefangenen Beobachter stelle sich das Protokoll so d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?