Leitsatz (amtlich)
1. An der Notwendigkeit eines Unrichtigkeitsnachweises in der Form des § 29 GBO ist auch dann festzuhalten, wenn die Möglichkeit, einen formgerechten Nachweis zu führen, im Einzelfall erschwert ist.
2. Die Bestellung einer Dienstbarkeit oder einer Reallast zugunsten eines an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten ist unwirksam, weil § 328 BGB auf dingliche Rechte nicht anwendbar ist.
Normenkette
GBO § 22; BGB § 328
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 16.05.2002; Aktenzeichen 6 T 2362/97) |
AG Dachau |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 16. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit notariellem Überlassungsvertrag vom 16.1.1986 zwischen der Beteiligten und ihren Eltern wurde der Beteiligten ein Grundstück überlassen. In dem Vertrag räumte die Beteiligte unter Nr. XVII als Gegenleistung ihrer geistig und körperlich behinderten Schwester ein Wohnrecht ein. Außerdem verpflichtete sie sich, ihrer Schwester Wart und Pflege zu gewähren. Für das Wohnrecht bestellte die Beteiligte ihrer Schwester unter Nr. XX des Vertrags eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, für die übrigen wiederkehrenden Leistungen eine Reallast. Der Eigentumsübergang und das Altenteil wurden am 31.1.1986 im Grundbuch eingetragen.
Mit notarieller Nachtragsurkunde vom 21.7.1987 vereinbarten die Beteiligte und ihre Eltern, daß unter anderem Nr. XVII und XX des Vertrags vom 16.1.1986 aufgehoben werden und die Beteiligte den Vertragsgrundbesitz unentgeltlich erhält.
Den Antrag der Beteiligten, das zugunsten ihrer Schwester eingetragene Altenteil zu löschen, hat das Grundbuchamt mit Beschluß vom 12.11.1996 abgewiesen. Das Landgericht hat am 16.5.2002 die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Antrag auf Löschung des Altenteils nach § 22 GBO sei unbegründet, weil der Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 Abs. 1 GBO nicht geführt sei.
Es sei nicht nachgewiesen, daß die dingliche Einigung für die eingetragenen Rechte fehle. Weder aus der Betreuungsakte noch aus den vorgelegten Urkunden ergebe sich in der Form des § 29 GBO, daß die Berechtigte geschäftsunfähig gewesen sei.
Außerdem sei nicht nachgewiesen, daß die Berechtigte zu keiner Zeit die nicht formgebundene Einigungserklärung abgegeben habe. Verschiedene Gestaltungen seien denkbar, unter denen eine rechtswirksame Einigung zustande gekommen sein könne. Es bestehe kein Erfahrungssatz, daß Vereinbarungen der vorliegenden Art. unter völliger Übergehung des Berechtigten abgeschlossen würden. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, daß den Urkundsnotar die Pflicht treffe, auf die Rechtsunwirksamkeit dinglicher Verträge zugunsten Dritter hinzuweisen und auf eine rechtlich wirksame Ausgestaltung hinzuwirken. Außerdem ergebe sich aus der Nachtragsurkunde, daß die Vertragsparteien von der wirksamen Bestellung der dinglichen Rechte ausgegangen seien; sie hätten nämlich ihrer Auffassung Ausdruck gegeben, das Grundbuch sei nachträglich unrichtig geworden.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Berichtigung des Grundbuchs setzt die Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) oder den Nachweis der Unrichtigkeit voraus (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An beidem fehlt es.
a) Unrichtig ist das Grundbuch dann, wenn die zur Entstehung der einzelnen dinglichen Rechte, die unter dem Sammelbegriff „Altenteil” eingetragen sind (vgl. § 49 GBO; OLG Zweibrücken MittBayNot 1996, 211 f.), nach § 873 BGB erforderliche Einigung fehlt (Demharter GBO 24. Aufl. § 22 Rn. 7). Den Nachweis dafür hat die Beteiligte nicht erbracht.
b) Bei der Beurkundung des notariellen Vertrages vom 16.1.1986 war die Berechtigte nicht anwesend. Ob die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer Reallast zugunsten eines an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Dritten unwirksam ist, weil § 328 BGB auf dingliche Rechte nicht angewendet werden kann, ist umstritten (vgl. Staudinger/Gursky BGB Neubearb. 2000 § 873 Rn. 108 m.w.N.). Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an (NJW 1993, 2617), der von der Unwirksamkeit ausgeht.
c) Entscheidend kommt es hierauf aber nicht an, weil an den Unrichtigkeitsnachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (Demharter § 22 Rn. 37) und die Beteiligte nicht alle Möglichkeiten ausgeräumt hat, die für eine wirksame Einigung sprechen.
Ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit spricht schon dagegen, daß Vereinbarungen der vorliegenden Art. ohne Kenntnis und Billigung des Berechtigten abgeschlossen werden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Urkundsnotar zur Aufklärung über die Rechtsproblematik im Zusammenhang mit einer entsprechenden Anwendung des § 328 BGB auf dingliche Rechte und zu einer rechtlich wirksamen Ausgestaltung des Rechtsgeschäfts verpflichtet war (BGH NJW 1993, 2617 f.).
Ein Nachweis...