Leitsatz (amtlich)

Nach Vollzugsreife der Urkunde über einen Grundstückskaufvertrag darf der Notar von der Einreichung der Urkunde beim Grundbuchamt grundsätzlich nicht auf Weisung nur eines Beteiligten absehen.

 

Normenkette

BNotO § 15; BeurkG § 53

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 13.09.2004; Aktenzeichen 4 T 1295/04)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG Memmingen v. 13.9.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie haben mit notariellem Vertrag v. 12.2.2004 ein Grundstück mit dem darauf befindlichen Wasserkraftwerk an die Beteiligte zu 3) veräußert. Der Vertrag enthält die Klausel:

"1. Die Vertragsteile erklären, über den Eigentumsübergang des Vertragsbesitzes auf den Erwerber einig zu sein. Die Erklärung der zum Eigentumsübergang erforderlichen Bewilligung der Auflassung wird ausgesetzt bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises auf das Anderkonto ohne Zinsen.

2. Der Notar wird von den Vertragsteilen unwiderruflich und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB bevollmächtigt, die Eintragungsbewilligung zur Auflassung zu erklären. Der Notar wird jedoch angewiesen, die Auflassung erst dann zu bewilligen sowie die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt erst dann zu beantragen, wenn die Zahlung des Kaufpreises - ungeachtet etwaiger Zinsen - bestätigt oder nachgewiesen wurde."

Für das verkaufte Grundstück war seit 25.10.1999 ein Zwangsvollstreckungsvermerk eingetragen; Versteigerungstermin war anberaumt auf den 16.2.2004. In dem Vertrag v. 12.2.2004 wurde vereinbart, dass ein Teilbetrag i.H.v. 2.100.000 Euro auf ein Notaranderkonto gezahlt werden sollte; der Restkaufpreis i.H.v. 400.000 Euro sollte je zur Hälfte an die beiden Veräußerer in monatlichen Raten à 1.111,11 Euro bezahlt werden und von der Erwerberin dinglich abgesichert werden.

Mit Nachtragsurkunde v. 13.2.2004 wurde der sofort zu entrichtende Kaufpreisteil auf 2.090.000 Euro herabgesetzt und vereinbart, dass dieser Betrag nicht auf ein Notaranderkonto, sondern auf ein Treuhandkonto bezahlt werden sollte. Ferner wurde vereinbart, dass die Sicherungshypothek für den Restkaufpreis nicht am Vertragsobjekt, sondern an einem anderen Grundbesitz der Erwerberin nach deren Wahl an erster Rangstelle zur Absicherung gelangen solle. In Ziff. III dieser Urkunde behielt sich die Erwerberin ein Rücktrittsrecht für den Fall vor, dass ihr nicht bis 16.2.2004 eine Finanzierungsbestätigung vorliege.

In der Folge teilte der Beteiligte zu 1) der Urkundsnotarin wiederholt, erstmals mit Schreiben v. 16./17.2.2004, mit, der Kaufvertrag v. 12./13.2.2004 sei fehlerhaft, unvollständig und nicht vollziehbar und erklärte den Rücktritt vom Vertrag. Ferner untersagte er ihr die Weiterleitung der Verträge an das Grundbuchamt.

Die kontoführende Bank hat mit Schreiben an die Urkundsnotarin v. 16.6.2004 bestätigt, dass der Betrag von 2.090.000 Euro auf das Treuhandkonto einbezahlt worden sei. Die Beteiligte zu 3) hat mit notariellen Urkunden v. 17.5.2004 ggü. den Beteiligten zu 1) und 2) jeweils ein Schuldanerkenntnis über 200.000 Euro abgegeben und die Eintragung entsprechender Sicherungshypotheken an dem im Einzelnen bezeichneten Grundbesitz bewilligt.

Mit Schreiben v. 18.6.2004 hat die Urkundsnotarin angekündigt, den Eigentumsübergang auf die Erwerberin im Grundbuch zu beantragen. Der Beteiligte zu 1) hat dagegen Beschwerde eingelegt, die durch Beschluss des LG v. 13.9.2004 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1).

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§ 15 Abs. 2 BNotO, §§ 27, 29 FGG), jedoch nicht begründet.

1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die von der Notarin im Vorbescheid angekündigte Handlungsweise sei nicht pflichtwidrig. Bei Vollzugsreife dürfe der Notar die Einreichung der in der Kaufvertragsurkunde enthaltenen Auflassungserklärungen nicht schon dann unterlassen, wenn nur einer der Beteiligten den Vollzugsantrag widerrufe oder sonst Weisung zur Nichteinreichung gebe. Nur in Ausnahmefällen und unter ganz besonderen Umständen könne der Notar berechtigt sein, auf einseitige Weisung nur eines von mehreren Beteiligten die Vollzugstätigkeit aufzuschieben. Die Voraussetzungen hierfür seien jedoch nicht gegeben. Bei dem vorliegenden Sachverhalt seien nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der notarielle Vertrag unwirksam sei oder durch seinen Vollzug das Grundbuch mit hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig werde. Insbesondere sei das vom Beschwerdeführer behauptete Rücktrittsrecht nicht offenkundig. In der notariellen Urkunde sei ein Rücktrittsrecht für den Beschwerdeführer nicht enthalten. Seine Behauptung, es sei für ihn ein Rücktrittsrecht vereinbart, jedoch n...

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