Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatzerbenbestimmung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es steht dem Erblasser grundsätzlich frei, ob er für alle, für einige oder nur für einen der möglichen Wegfallsgründe eine Ersatzberufung anordnet.
2. Die Auslegungsregel des § 2097 BGB greift dann nicht ein, wenn die Ersatzberufung durch vertragsmäßige Verfügung in einem Erbvertrag nach dem festgestellten Erblasserwillen auf eine bestimmte Art. des Wegfalls beschränkt ist..
Normenkette
BGB §§ 2097, 2278-2279
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 09.07.1986; Aktenzeichen 5 T 4618/86) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VI 1306/76) |
Tenor
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 9. Juli 1986 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1 bis 3 haben die den Beteiligten zu 4 und 5 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 63.155 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
1976 verstarb … die … Erblasserin im Alter von 83 Jahren. Sie hatte keine Kinder. Ihr Ehemann ist im Jahr 1939 verstorben. Er hatte aus seiner ersten Ehe zwei Söhne, Karl und Ludwig. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die Kinder des Sohnes Karl. Dieser ist nach der Erblasserin verstorben. Der Sohn Ludwig ist bereits im Jahr 1973 kinderlos verstorben.
Durch notariellen Ehe- und Erbvertrag vom 21.6.1923 setzten sich die Erblasserin und ihr Ehemann gegenseitig zu Alleinerben ein. Der Erbvertrag lautet in Nr. III C auszugsweise wie folgt:
Erben der überlebenden Ehefrau sollen die erstehelichen und allenfalls aus der gegenwärtigen Ehe hervorgehenden Kinder des Mannes unter sich zu gleichen Teilen sein. An die Stelle eines vorverstorbenen Kindes treten dessen Abkömmlinge zu unter sich gleichen Stammteilen. Die überlebende Ehefrau ist berechtigt, durch einseitige letztwillige Verfügung die Höhe der Anteile der Kinder an der Erbschaft zu ändern.
Am 10.8.1950 schloß die Erblasserin mit den beiden Söhnen ihres verstorbenen Ehemanns einen notariellen Erbverzichtsvertrag. Darin verzichteten die Söhne auf das ihnen beim Tod der Erblasserin auf Grund des Erbvertrags zustehende Erbrecht. Außerdem verzichtete der Sohn Karl im Namen der damals minderjährigen Beteiligten zu 1 und 2 auf das diesen vertraglich zustehende Erbrecht. Das Vormundschaftsgericht hat hierzu die Genehmigung verweigert.
Durch handgeschriebenes Testament vom 9.1.1962 setzte die Erblasserin eine Nichte und deren Ehemann als ihre Alleinerben je zur Hälfte ein (Nr. 1) und traf eine Regelung (Nr. 2) für den Fall, daß die Erbeinsetzung unter Nr. 1 im Hinblick auf den Ehe- und Erbvertrag unwirksam sein sollte.
Am 18.8.1970 errichtete die Erblasserin ein weiteres eigenhändiges Testament. Es lautet auszugsweise wie folgt:
Testament.
Ich … ändere hiermit mein privatschriftliches Testament vom Januar 1962 wie folgt. Ich hebe die Erbeinsetzung meiner Nichte … hiermit auf und setze an deren Stelle als meine Alleinerben je zur Hälfte ein:
- das Bayer. Rote Kreuz …
- den Caritasverband …
Ziffer 2 meines eingangs genännten privatschriftlichen Testamentes bleibt aufrecht erhalten.
Am 9.12.1976 hat das Nachlaßgericht einen gemeinschaftlichen Erbschein des Inhalts bewilligt, daß die Erblasserin von dem Bayerischen Roten Kreuz …
(Beteiligter zu 4) und dem Caritasverband …
… (Beteiligter zu 5) je zur Hälfte beerbt wird. An die Beteiligten zu 4 und 5 sind Ausfertigungen hinausgegeben worden.
Mit Schriftsatz vom 22.7.1980 haben die Beteiligten zu 1 bis 3 beantragt, den Erbschein einzuziehen und einen Erbschein zu ihren Gunsten zu erteilen. Durch Beschluß vom 30.3.1981 hat das Nachlaßgericht diese Anträge zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben die Beteiligten zu 1 bis 3 Beschwerden eingelegt. Durch Beschluß vom 9.7.1986 hat das Landgericht die Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 bis 3. Sie beantragen, die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts aufzuheben und den Erbschein einzuziehen. Die Beteiligten zu 4 und 5 beantragen, die weiteren Beschwerden zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weiteren Beschwerden sind unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Erbschein vom 9.12.1976 sei nicht als unrichtig einzuziehen. Durch das Testament vom 18.8.1970 habe die Erblasserin die Beteiligten zu 4 und 5 wirksam als ihre Erben eingesetzt. Daran sei sie durch den Ehe- und Erbvertrag vom 21.6.1923 nicht gehindert gewesen. Zwar seien die Söhne des Mannes aus erster Ehe als Schlußerben nach dem Tod der Erblasserin bestimmt gewesen. Beide hätten aber durch den Erbverzichtsvertrag vom 10.8.1950 wirksam auf ihr vertragliches Erbrecht verzichtet. Für die Beteiligten zu 1 bis 3 liege zwar kein wirksamer Verzicht vor. Dennoch seien sie nicht Ersatzerben auf Grund des Ehe- und Erbvertrags geworden. Gemäß Nr. III C sei eine Ersatzerbfolge nur für den Fall des Vorversterbens angeordnet. Der Sohn Karl sei jedoch erst nach...