Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschein
Leitsatz (redaktionell)
Bei angeordneter Nacherbfolge kann nur dem Vorerben ein Erbschein erteilt werden; gemäß § 2363 BGB in den Erbschein aufzunehmende Nacherbenvermerk bescheinigt nicht das Nacherbrecht, sondern dient nur dazu, die Beschränkungen der Rechtsstellung des Vorerben auszuweisen.
Normenkette
BGB §§ 2100, 2363
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 03.02.1971; Aktenzeichen 13 T 143/70) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen VI 3331/69) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 3. Februar 1971 wird als unzulässig verworfen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat dem Beteiligten zu 2 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 5.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der im Alter von 70 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal verheiratet. Aus der ersten Ehe entstammt der Beteiligte zu 1. Seine zweite Ehefrau war bereits zweimal verheiratet. Aus ihrer ersten Ehe entstammt der Beteiligte zu 2. Weitere Kinder hatten die Eheleute nicht. Die Beteiligte zu 3 ist die Tochter des Beteiligten zu 2.
Der Erblasser hinterließ folgendes privatschriftliche Testament:
Mein letzter Wille.
Für den Fall meines Todes bestimme ich folgendes:
Solange meine Ehefrau …, lebt, soll die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen sein.
Meine Alleinerbin ist in diesem Falle meine Ehefrau I. Sie ist befugt, über meine Hinterlassenschaft zu bestimmen. Soweit es sich um den an meinen Sohn (Beteiligter zu 1), …. zu gehenden Pflichtteil handelt, soll sie die Stellung eines befreiten Vorerben haben.
Mein Vermögen besteht zur Zeit im wesentlichen aus meinem Hälfteanteil an dem Haus …, Wertpapieren, Möbeln u. dergl., Barmitteln, persönlichem Eigentum wie Anzügen usw. Der Mercedes-PKW gehört meiner Ehefrau.
N. …, am 3. April 1966
Unterschrift
Am 17.1.1969 verfaßte der Erblasser ein privatschriftliches Zusatztestament, in dem er für den Fall des Vorversterbens seiner Ehefrau letztwillige Verfügungen traf.
Nach seinem Tod am 10.10.1969 hat die Witwe beim Nachlaßgericht beantragt, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin ohne Nacherbenvermerk ausweise. Mit Beschluß vom 24.4.1970 hat das Nachlaßgericht diesen Antrag abgelehnt; es hat die Auffassung vertreten, daß der Erblasser Nacherbfolge angeordnet habe. Gegen diese Entscheidung hat die Witwe Beschwerde eingelegt. Der anwaltschaftlich vertretene Beteiligte zu 1 hat die Auffassung des Nachlaßgerichts geteilt und ist der Beschwerde entgegengetreten. Mit Beschluß vom 3.2.1971 hat das Landgericht den Beschluß des Nachlaßgerichtes aufgehoben und es angewiesen, der Witwe einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, daß sie aufgrund des Testaments des Erblassers vom 3.4.1966 dessen unbeschränkte Alleinerbin geworden ist. Am 26.3.1971 hat das Nachlaßgericht den entsprechenden Erbschein erteilt. Am 14.2.1998 verstarb die Witwe. Als ihre testamentarischen Erben kommen die Beteiligten zu 1 bis 3 in Betracht. Der Beteiligte zu 4 ist der aufgrund ihrer Anordnung eingesetzte Testamentsvollstrecker.
Mit am 26.5.1999 eingegangenem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Beteiligte zu 1 gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 3.2.1971 weitere Beschwerde eingelegt, mit der er die Wiederherstellung der nachlaßgerichtlichen Entscheidung, die Einziehung des Erbscheins vom 26.3.1971 und die Erteilung eines Erbscheins an ihn als Nacherben des Erblassers anstrebt. Den entsprechenden Erbscheinsantrag hat er am 10.6.1999 beim Nachlaßgericht gestellt. Der Beteiligte zu 2 ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die nicht fristgebundene weitere Beschwerde ist zwar statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO), sie erweist sich aber als unzulässig. Sie entbehrt des Rechtsschutzbedürfnisses, soweit der Beteiligte zu 1 die Einziehung des Erbscheins vom 21.3.1971 anstrebt, weil dieser ohne Nacherbenvermerk unrichtig erteilt worden sei.
Als Sachentscheidungsvoraussetzung ist das Rechtsschutzbedürfnis auch vom Rechtsbeschwerdegericht zu prüfen (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 25 Rn. 1). Es ist zu verneinen, wenn kein gerechtfertigtes Interesse an der beantragten Entscheidung besteht, insbesondere wenn der Rechtsmittelführer sein Ziel ohne die begehrte Entscheidung einfacher erreichen kann (vgl. Keidel/Kahl § 12 Rn. 28).
Der Beteiligte zu 1 greift die Entscheidung des Landgerichts an, weil es die Erteilung eines seiner Meinung nach ohne Nacherbenvermerk unrichtigen Erbscheins angeordnet habe. Mit seinem Rechtsmittel will er die Einziehung des aufgrund der landgerichtlichen Entscheidung erteilten Erbscheins erreichen. Soweit er damit die Voraussetzungen für die Neuerteilung eines Erbscheins mit Nacherbenvermerk schaffen will (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2361 Rn. 12), besteht kein Bedürfnis an der beantragten Entscheidung, weil er nach dem Tod der vermeintlichen Vorerbin nicht mehr beschwert ist. Bei ...