Tenor

I. Der Antrag der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2021, das Verfahren über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des von dem London Court of International Arbitration zwischen den Parteien und einer weiteren Schiedsbeklagten am 2. März 2021 in London ergangenen Schiedsspruchs, LCIA Schiedsverfahren Nr. XXX, auszusetzen, wird zurückgewiesen.

II. Der in dem Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin als Schiedsbeklagter zu 1), der XXX als Schiedsbeklagter zu 2) und der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin vor dem London Court of International Arbitration unter der Schiedsverfahrensnummer XXX durch das Schiedsgericht, bestehend aus dem Vorsitzenden Schiedsrichter XXX und den Schiedsrichtern XXX sowie XXX, am 2. März 2021 in London (England, Vereinigtes Königreich) erlassene Schiedsspruch, mit dem die Antragsgegnerin zur Zahlung von EUR 9.441.445,07 und GBP 366.160,23 an die Antragstellerin als Gesamtgläubigerin neben der Schiedsbeklagten zu 2) verurteilt worden ist, wird für vollstreckbar erklärt.

III. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zu tragen.

IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der Streitwert wird auf 9.870.301,99 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, mit dem die von der Antragsgegnerin als Schiedsklägerin vor dem London Court of International Arbitration erhobene Schiedsklage gegen die in Großbritannien ansässige Antragstellerin als Schiedsbeklagte zu 1) und eine Gesellschaft mit Sitz in Deutschland als Schiedsbeklagte zu 2) abgewiesen und die Schiedsklägerin zur Kostentragung verurteilt worden ist.

1. Gegenstand des Schiedsverfahrens waren strittige Schadensersatzansprüche der Schiedsklägerin, einer Gesellschaft mit Sitz in Deutschland, gegen die Schiedsbeklagten als Gesamtschuldnerinnen. Die Schiedsklägerin machte geltend, die Schiedsbeklagten hätten Pflichten, die ihnen aufgrund der zwischen den Parteien am 20. Oktober 2011 geschlossenen Verträge oblegen hätten, verletzt und dadurch der Schiedsklägerin einen erheblichen Schaden zugefügt.

Die als Private Labeller and Distribution Agreement (Kennzeichnungs- und Vertriebsvertrag; im Folgenden: PLDA) und Distribution Agreement (Vertriebsvertrag; im Folgenden: DA) bezeichneten Verträge enthalten unter Ziffer 22 (PLDA) bzw. Ziffer 7 (DA) eine Schiedsklausel folgenden Inhalts (übersetzt ins Deutsche):

... sämtliche Streitigkeiten, die sich aus dem vorliegenden Vertrag oder im Zusammenhang mit diesem ergeben, sind an den Londoner Gerichtshof für internationale Schiedsgerichtsbarkeit zu verweisen und durch ein Schiedsverfahren nach dessen Schiedsordnung, die als durch Bezugnahme in die vorliegende Ziffer mit aufgenommen gilt, endgültig beizulegen, wobei die Entscheidung des Schiedsrichters für die Parteien endgültig und verbindlich ist. Sitz des Schiedsverfahrens ist London. Das Schiedsverfahren wird in englischer Sprache geführt.

Im Streit stand (unter anderem) die Frage nach Inhalt und Umfang der vertraglichen Verpflichtungen der Schiedsbeklagten und in diesem Zusammenhang nach der Auslegung der Bestimmung in Ziffer 7.4 des PLDA. Diese lautet (übersetzt ins Deutsche):

Zum Datum des vorliegenden Vertrages ist es die Absicht der ... (Schiedsbeklagten zu 2]), den Verkauf der Produkte phasenweise anzugehen, d. h., zunächst in Verbindung mit dem Verkauf von neuen XXX-Linacs und der Installed Base an XXX-Linacs und dann in Verbindung mit dem Verkauf an die Installed Base von YYY- und ZZZ-Kunden. Der Übergang zur nächsten Phase würde von mehreren Faktoren abhängen, wie unter anderem von der Kundennachfrage, der Kundenzufriedenheit mit dem Produkt, der Fähigkeit von ... (der Schiedsklägerin), das Produkt in den erforderlichen Stückzahlen und innerhalb des erforderlichen zeitlichen Rahmens zu fertigen, sowie von den kombinierten Kapazitäten der ... (Schiedsbeklagten zu 1]) und der ... (Schiedsklägerin), Service und Nachbetreuung zu leisten.

Die Schiedsklägerin vertrat die Auffassung, die Schiedsbeklagten hätten das von ihr zu liefernde Produkt - ein Sicherheitssystem zur Patientenidentifikation und Verifizierung des Zubehörs in der Strahlentherapie, genannt "I." - nicht ihren Pflichten aus dem PLDA entsprechend beworben, vermarktet und verkauft. Sie seien nach dem gemeinsamen Verständnis der Vertragsparteien verpflichtet gewesen, das I.-System zusammen mit den Linearbeschleunigern ("Linacs") der Schiedsbeklagten zu 1) (XXX im Paket gebündelt zu bewerben, zu vermarkten und zu verkaufen (bezeichnet als "bundling"). Indem sie das bundling nicht wie geschuldet vorgenommen hätten, hätten sie die Schiedsklägerin erheblich geschädigt.

Nach Beweisaufnahme wies das Schiedsgericht die Klage mit dem am Schiedsort London erlassenen Schiedsspruch (Final Award) vom 2. März 2021 ab (Ziffer 1). Die Schiedsbeklagten hätten keine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten verletzt. Das PLDA unterliege vereinbarungsgemäß materiellem deutschem Recht, das DA materiellem englische...

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