Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Übertragung von Wohnungseigentum bei Nießbrauchsvorbehalt der Mutter an einen Minderjährigen
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 4216/97) |
AG München |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 15. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter des am 16.11.1980 geborenen Beteiligten zu 2; sie ist im Grundbuch als Eigentümerin einer Wohnung und eines Tiefgaragenstellplatzes eingetragen. Mit von den Beteiligten geschlossenem notariellen Vertrag vom 6.12.1996 überließ sie beides dem Beteiligten zu 2; die Auflassung ist erklärt. Als „Gegenleistung” behielt sich die Beteiligte zu 1 den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch an Wohnung und Stellplatz vor; die Beteiligten vereinbarten in Abschnitt IV a als Inhalt des dinglichen Rechts, daß der Nießbraucher sämtliche darauf ruhenden privaten und öffentlichen Lasten sowie alle Aufwendungen auch für außergewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen habe. Außerdem behielt sich die Beteiligte zu 1 das Recht vor, unter bestimmten Voraussetzungen wie Vorversterben des Beteiligten zu 2 oder Eröffnung des Konkursverfahrens über sein Vermögen die Rückübertragung von Wohnung und Stellplatz zu verlangen; der Beteiligte zu 2 bestellte zur Sicherung des Anspruchs Auflassungsvormerkungen.
§ 11 der in dieser Gemeinschaft geltenden Gemeinschaftsordnung, die als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen ist, bestimmt:
Verpflichtung zum Wiederaufbau
1. Nach einer völligen oder teilweisen Zerstörung sind die Gebäude wiederherzustellen, wie sie vor Eintritt des Schadens bestanden haben. Sind die Kosten der Wiederherstellung nicht durch eine Versicherung oder in sonstiger Weise gedeckt, so ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, den nicht gedeckten Teil der Kosten in Höhe eines seinem Miteigentum entsprechenden Bruchteils zu tragen.
2. Decken die Zahlungen des Versicherers oder der Schadensersatzpflichtigen die Kosten der Wiederherstellung nicht voll, können die Wohnungseigentümer beschließen, von dem Wiederaufbau Abstand zu nehmen und die Gemeinschaft aufzuheben. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit von 2/3 der vorhandenen Stimmen.
…
Die Eintragung der Auflassung, des Nießbrauchs und der Rückauflassungsvormerkungen ist bewilligt. Das Grundbuchamt hat die Eintragungsanträge mit Zwischenverfügung vom 20.1.1997 beanstandet. Zur Eintragung der Auflassung sei die Bestellung eines Ergänzungspflegers für den Beteiligten zu 2 erforderlich. Dieser hätte nur dann selbständig handeln können, wenn die beurkundeten Rechtsgeschäfte für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft gewesen wären. Dies sei nicht der Fall. Der Eintritt des Beteiligten zu 2 in die sich aus § 11 der Gemeinschaftsordnung ergebende, gegenüber der gesetzlichen Regelung erweiterte Verpflichtung zum Wiederaufbau des Gebäudes im Falle von dessen Zerstörung sei für ihn rechtlich nachteilig. Das gleiche gelte für die gesetzliche Haftung des Beteiligten zu 2 für Wohngeldrückstände. Ob sich ein rechtlicher Nachteil auch aus dem Eintritt des Beteiligten zu 2 in den Verwaltervertrag ergebe, könne offen bleiben.
Da die Beteiligte zu 1 ebenso wie ihr Ehemann von der Vertretung des Beteiligten zu 2 ausgeschlossen sei, müsse in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO die Genehmigung der Auflassungserklärung des Beteiligten zu 2 durch einen vom Vormundschaftsgericht zu bestellenden Ergänzungspfleger, dessen Vertretungsmacht durch Vorlage der Bestallungsurkunde sowie der Zugang der Genehmigungserklärung an die Beteiligte zu 1 bzw. infolge der in der notariellen Urkunde erteilten Vollmacht an den Notar nachgewiesen werden.
Das Rechtsmittel der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung, dem Grundbuchrechtspfleger und -richter nicht abgeholfen haben, hat das Landgericht mit Beschluß vom 15.5.1997 zurückgewiesen. Die Beteiligten haben weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Grundbuchamt habe die Zwischenverfügung zu Recht erlassen. Bei der Schenkung von Wohnungseigentum an einen über sieben Jahre alten Minderjährigen sei die Frage, ob die Schenkung diesem lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe, aus einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrags heraus zu beurteilen. Die Frage sei zu verneinen, wenn in der Gemeinschaftsordnung die den einzelnen Wohnungseigentümer kraft Gesetzes treffenden Pflichten nicht unerheblich verschärft worden seien. Das gelte insbesondere hinsichtlich über § 22 Abs. 2 WEG hinausgehender Wiederaufbaupflichten, für die der minderjährige Erwerber persönlich hafte.
Hier sei die Wiederaufbaupflicht in § 11 der Gemeinschaftsordnung gegenüber dem Gesetz nicht unerheblich verschärft. Das gelte auch unter Berücksichtigung des „Bruttonießbrauchs”, der in Abschnitt IV a des Vertrags vereinbart sei. Die hier getroffene Vereinbarung könne zum Inhalt des Nießbrauchs gemacht und im Grundbuch...