Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohngeld. Richterablehnung
Leitsatz (amtlich)
Beauftragt die Eigentümerversammlung zur Klärung einer Rechtsfrage den Verwalter, den zuständigen Wohnungseigentumsrichter telefonisch zu befragen, und teilt dieser seine vorläufige Rechtsmeinung unter ausdrücklichem Vorbehalt der Kenntnis aller genauen Umstände und Argumente mit, kann in einem später anhängig werdenden Verfahren darauf eine Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mit Erfolg gestützt werden.
Normenkette
WEG § 43; ZPO § 42
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 22.09.1999; Aktenzeichen 13 AR 15677/99) |
AG München (Aktenzeichen 483 UR II 406/99) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 22. September 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerde Verfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 41.248 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
In der Niederschrift über die Eigentümerversammlung vom 21.9.1998 ist ausgeführt:
Bevor Punkt 1 der Tagesordnung (Fassadensanierung) behandelt werden kann, wird von seiten einer Eigentümerin darauf hingewiesen, daß zunächst die Frage geklärt werden sollte, ab welchem Zeitpunkt die Verpflichtung zur Hausgeldzahlung für den Eigentümer des Sondernutzungsrechtes am Dachgeschoß eintritt. …
Der Verwalter hat im Vorfeld zur Versammlung von einem Rechtsanwalt die Auskunft erhalten, daß die Zahlungsverpflichtung erst mit der sogenannten Bezugsfertigkeit der Räume beginnt.
Da die Frage nicht eindeutig geklärt werden konnte, da es unterschiedliche Rechtsauffassungen gibt, wurde der Verwalter gebeten, beim WEG-Gericht, z. B. bei Herrn Richter … nachzufragen, um die Angelegenheit zu klären.
Der Verwalter fertigte am 16.11.1998 eine Notiz über ein Gespräch mit dem zuständigen Richter des Wohnungseigentumsgerichts, die folgenden Wortlaut hat:
Herr … vertrat die Ansicht, daß man sich am Wortlaut der in der Teilungserklärung getroffenen Vereinbarung zu orientieren habe.
… Er räumte jedoch ein, daß man auch unterschiedlicher Auffassung sein könnte, da …
Die Angelegenheit sollte der Wohnungseigentümerversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden. Um ein Rechtsverfahren zu vermeiden, könnte der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung ein Kompromiß hinsichtlich des Zeitpunkts für den Beginn der Wohngeldzahlungen gefunden werden. Herr … ließ jedoch durchblicken, daß er im Falle eines Rechtsstreites vorbehaltlich der Kenntnis und Vorlage aller Unterlagen und Argumente wohl derzeit gemäß dem Wortlaut in der Teilungserklärung entscheiden würde.
Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 41.248,70 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Die Antragsgegnerin hat den Richter am Amtsgericht im Hinblick auf das mit dem Verwalter geführte Telefongespräch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 22.9.1999 das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Telefongespräch des Richters mit dem Verwalter habe sich nicht auf ein anhängiges Verfahren bezogen; es habe im Auftrag der Eigentümerversammlung zur Vermeidung eines Rechtsstreits gedient; die von dem Richter geäußerte Rechtsansicht habe erkennbar nur eine vorläufige sein können; es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß sich der abgelehnte Richter festgelegt habe und nicht habe erwartet werden können, daß er sich mit den Argumenten der Antragsgegnerin auseinandersetzen würde.
Der Beschluß des Landgerichts wurde am 6.10.1999 der Antragsgegnerin zugestellt. Am 12.10.1999 hat der abgelehnte Richter Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9.12.1999 bestimmt.
Die Antragsgegnerin hat gegen den Beschluß des Landgerichts sofortige Beschwerde eingelegt, die auch darauf gestützt wird, daß der Richter vor formeller Rechtskraft des landgerichtlichen Beschlusses Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt habe.
II.
Das Rechtsmittel ist in entsprechender Anwendung der §§ 42, 46 Abs. 2, § 567 Abs. 3 ZPO zulässig; es ist aber nicht begründet.
1. Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit findet auch im Wohnungseigentumsverfahren als einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; die §§ 42 ff. ZPO sind entsprechend anwendbar (ständige Rechtsprechung, z. B. BayObLG WE 1989 110; 1998, 153).
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei muß es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Gesu...