Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde des geschiedenen Vaters gegen die Ersetzung seiner Einwilligung zur Adoption ehelicher Kinder durch den neuen Ehepartner der Kindesmutter
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Beschwerdeberechtigung des Elternteils, dessen Einwilligung in die Adoption ersetzt worden ist, auch wenn ihm die elterliche Sorge nicht mehr zusteht.
2. Ein Rechtsmittel kann nicht darauf gestützt werden, dass an der angefochtenen Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der nach Meinung eines Verfahrensbeteiligten als befangen hätte abgelehnt werden können.
3. Zur Frage, unter welchen Umständen gleichgültiges Verhalten als anhaltende gröbliche Pflichtverletzung anzusehen ist.
4. Zur Belehrungs- und Beratungspflicht im Fall der Einwilligungsersetzung wegen Gleichgültigkeit eines Elternteils.
5. Soll die Einwilligung eines nicht sorgeberechtigten Elternteils wegen anhaltender gröblicher Pflichtverletzung ersetzt werden, so sind nur solche Pflichten erheblich, die dem Elternteil verblieben sind, nämlich die Unterhaltspflicht und die sich aus der Befugnis zum persönlichen Umgang mit dem Kind ergebende Pflicht.
6. Zur Frage, ob eine Unterhaltspflichtverletzung eine Ersetzung der Einwilligung in die Adoption rechtfertigt, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist, weil das Kind von Dritten ausreichend versorgt wird.
7. Zum unbestimmten Rechtsbegriff „unverhältnismäßiger Nachteil” und zu seiner Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren.
Normenkette
FGG § 20 Abs. 1, § 27; ZPO § 42; SGB VIII § 51 Abs. 2 S. 1; BGB §§ 1601, 1634 Abs. 1 S. 1, § 1671 Abs. 1, § 1748 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 22.07.1993; Aktenzeichen 2 T 108/93) |
AG Passau (Aktenzeichen 2 X 15/93) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 22. Juli 1993 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 2 und 3, deren Ehe durch rechtskräftiges Urteil vom 24.5.1991 geschieden wurde, sind die Eltern zweier nunmehr 14 und 12 Jahre alter Söhne. Die elterliche Sorge ist der Mutter, der Beteiligten zu 2, übertragen worden. Sie ist seit dem 15.5.1992 mit dem Beteiligten zu 4 verheiratet, der die beiden Söhne als Kinder annehmen will. Die Beteiligte zu 2 beantragte deshalb als gesetzliche Vertreterin ihrer Söhne zu Protokoll des Vormundschaftsgerichts vom 26.1.1993, die Einwilligungserklärung des Beteiligten zu 3 zu ersetzen, der vom Kreisjugendamt bereits mit Schreiben vom 23.6.1992 über die Möglichkeit der Ersetzung seiner Einwilligung schriftlich belehrt worden war. Das Vormundschaftsgericht holte eine Stellungnahme des Kreisjugendamts ein und hörte die beiden Söhne sowie deren Eltern persönlich an. Mit Beschluß vom 17.5.1993 ersetzte es die Einwilligungserklärung des Vaters. Gegen diese ihm am 26.5.1993 zugestellte Entscheidung legte der Beteiligte zu 3 am 7.6.1993 „Beschwerde” ein. Mit Beschluß vom 22.7.1993, dem Beteiligten zu 3 zugestellt am 31.7.1993, wies das Landgericht die sofortige Beschwerde zurück. Er hat hiergegen am 11.8.1993 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts und des Landgerichts aufzuheben und den Antrag der Beteiligten zu 2 zurückzuweisen. Der Beteiligten zu 2 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; sie hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die gegen die Entscheidung des Landgerichts stattfindende sofortige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2, § 60 Abs. 1 Nr. 6, § 53 Abs. 1 FGG; § 1748 BGB), über die gemäß § 28 Abs. 1, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG das Bayerische Oberste Landesgericht entscheidet, ist form- (§ 29 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4, § 21 Abs. 2 FGG) und fristgerecht (§ 29 Abs. 2 und 4, § 22 Abs. 1, § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG) eingelegt worden und somit zulässig; sie ist aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die zulässige sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3 sei nicht begründet, denn die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Vaters zur beabsichtigten Adoption der Kinder durch den Ehemann der Mutter seien gegeben. Eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung des Beteiligten zu 3 liege darin, daß er seit Jahren keine Unterhaltszahlungen für die Kinder erbringe. Daß er dazu finanziell nicht in der Lage sei, habe er nicht einmal behauptet. Um seine Vermögensverhältnisse zu verschleiern und um einen Zugriff darauf zu vereiteln, habe er sich geweigert, diese zu offenbaren. Selbst durch Vollzug der Beugehaft habe er hierzu nicht angehalten werden können. Hätte der Beteiligte zu 4 nicht wesentlich zum Unterhalt der Kinder beigetragen, hätten deren existentielle Bedürfnisse nicht befriedigt werden können. Schon dieses Verhalten des Beteiligten zu 3 zeige, daß ihm seine Söhne gleichgültig seien. Obgleich ihm ein recht großzügiges Umgangsrecht eingeräumt worden sei, habe er dieses spätestens seit Juni 1991 nicht mehr ausgeübt. Er besuche die Kinder nicht und kümmere sich...