Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschiebungshaftsache

 

Leitsatz (amtlich)

Unabhängig davon, wie lange sich der Ausländer nach seiner Einreise in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, kann gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG die Abschiebungshaft auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG aufrechterhalten werden, wenn der Ausländer entgegen § 13 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG nicht unverzüglich um Asyl nachgesucht hat (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Karlsruhe NVwZ Beilage 2000, 111 und OLG Düsseldorf Report 2000, 108).

 

Normenkette

AsylVfG § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen 59 XIV 368/00 B)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 T 10972/00)

 

Tenor

I. Der Antrag, dem Betroffenen dessen Verfahrensbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Januar 2001 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I.

Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines indischen Staatsangehörigen.

Mit Beschluß vom 1.12.2000 verlängerte das Amtsgericht mit sofortiger Wirksamkeit die gegen den Betroffenen zur Sicherung seiner Abschiebung seit 5.9.2000 vollzogene Abschiebungshaft bis längstens 5.3.2001.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 24.1.2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Ferner beantragt er, ihm seinen Verfahrensbevollmächtigten als „Pflichtverteidiger” beizuordnen.

II.

Der Antrag des Betroffenen, ihm seinen Verfahrensbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.

Nach der vom Betroffenen als Rechtsgrundlage angeführten strafprozessualen Bestimmung des § 140 Abs. 2 StPO, die sich als Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips in seiner Ausgestaltung als Gebot fairer Verfahrensführung darstellt (BVerfG NJW 1986, 767/771), wird dem Beschuldigten ein Verteidiger unter anderem dann bestellt, wenn ersichtlich ist, daß er sich nicht selbst verteidigen kann.

Um dem Gebot fairer Verfahrensführung in Abschiebungshaftsachen gebührend Rechnung zu tragen, bedarf es keiner analogen Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO. Entsprechender Schutz wird bereits durch das Rechtsinstitut der Prozeßkostenhilfe gewährt (§ 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 14 FGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Dieses sieht gemäß § 121 Abs. 2 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwalts vor, wenn die Vertretung durch einen solchen erforderlich erscheint. Einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat der Betroffene jedoch nicht gestellt.

Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen dem Betroffenen eines Abschiebungshaftverfahrens ein Verfahrenspfleger zu bestellen ist, kann dahinstehen, weil der Betroffene hier in der Person seines Verfahrensbevollmächtigten bereits von einem Rechtsanwalt vertreten wird (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 FreihEntzG; § 70b Abs. 3 FGG).

III.

Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde für unbegründet. Er sieht sich an der Zurückweisung jedoch durch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf weitere Beschwerde ergangene Beschlüsse des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21.1.2000 – 26 Wx 4/00 – (Report 2000, 107 = NVwZ Beilage 2000, 47) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15.6.2000 – 11 Wx 75/00 – (NVwZ Beilage 2000, 111) gehindert. Die weitere Beschwerde wird daher gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß der Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG gegeben sei. Der Betroffene sei nach dem 17.8.2000, ohne im Besitz eines Passes oder eines Visums gewesen zu sein, aus Frankreich, wo ihm nach seinen Angaben sein Paß von einem Agenten abgenommen worden sei, in die Bundesrepublik eingereist. Sein Asylantrag, den er am 15.9.2000 aus der am 5.9.2000 angeordneten Abschiebungshaft gestellt habe, sei mit dem seit 12.10.2000 bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28.9.2000 als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden. Aufgrund seiner unerlaubten Einreise sei der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig. Der Betroffene habe auch nicht glaubhaft gemacht, daß er sich der Abschiebung nicht entziehen werde. Der Betroffene habe bis zu seiner Festnahme am 4.9.2000 sich im Bundesgebiet aufgehalten, ohne sich bei der Ausländerbehörde zu melden. Die Weitergabe des Passes durch den Betroffenen spreche dafür, daß er seinen Aufenthalt und seinen Reiseweg verschleiern wollte.

2. Nach Meinung des Senats hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 103 Abs. 2 Satz 1 AUSlG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt und ohne Rechtsfehler gewürdigt. Die den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO) tragen die vom Betroffenen beanstandete Hafta...

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