Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des Streitwertes für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer ist die Bruttoauftragssumme zu Grunde zu legen.
Normenkette
GKG § 12a Abs. 2
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Aktenzeichen 320.VK-3194-26/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Bescheid der Vergabekammer Nordbayern vom 27.11.2002 dahingehend abgeändert, dass die der Antragstellerin von dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten auf 2.424,90 Euro festgesetzt werden.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 159,50 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Das Universitätsbauamt (Vergabestelle und Antragsgegner) schrieb Landschaftsbauarbeiten für den Neubau der Sportanlage der Universität im Offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 VOB/A Europaweit aus. Die Vergabekammer gab einem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin statt und legte in einem Beschluss vom 25.9.2002 dem Antragsgegner die Kosten des Nachprüfungsverfahrens auf einschl. der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin.
In einem Bescheid vom 27.11.2002 hat die Vergabekammer die der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 2.270,90 Euro festgesetzt und den darüber hinausgehenden Antrag, der auf 2.430,40 Euro gerichtet war, abgelehnt. In den Gründen ist aufgeführt, dass der Betrag aus einem Gegenstandswert von 49.643,04 Euro errechnet worden sei; dieser stelle 5 % der Netto-Auftragssumme von 992.860,86 Euro dar.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde will die Antragstellerin die Erstattung auch des weiteren Betrages von 159,50 Euro erreichen. Sie steht auf dem Standpunkt, dass von dem Brutto-Auftragswert i.H.v. 1.151.718,50 Euro auszugehen sei.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Kostenfestsetzungsbescheid der Vergabekammer ist ein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, gegen den die sofortige Beschwerde nach §§ 116 ff. GWB zum BayObLG statthaft ist (BayObLG BauR 2001, 238; VergabeR 2002, 204; Beschl. v. 12.3.2002 – Verg 3/02).
2. Die sofortige Beschwerde ist bis auf einen geringen Teil auch begründet.
a) Die Vergabekammer setzt keinen Gegenstandswert fest, weil in ihrem Verfahren gem. § 128 Abs. 1 und Abs. 2 GWB keine streitwertbezogene Gebühr erhoben wird. Der Streitwert spielt nur für die Anwaltsgebühren eine Rolle, die sich nach § 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO richten. Beantragt der Rechtsanwalt Festsetzung der seinem Mandanten entstandenen Kosten, überprüft die Vergabekammer inzidenter den Wertansatz, welchen der Anwalt seinem Kostenfestsetzungsantrag nach eigener Berechnung zu Grunde gelegt hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 12.3.2002 – Verg 3/02; OLG Jena VergabeR 2002, 202 [203]).
b) Der Streitwert beträgt nach § 12a Abs. 2 GKG 5 % der Auftragssumme. Die Vorschrift regelt zwar ausdrücklich nur den Streitwert für das gerichtliche Beschwerdeverfahren. Schon weil der Streitgegenstand im Regelfall identisch ist, können für das vorangehende Verfahren vor der Vergabekammer keine anderen Bemessungsgrundlagen gelten (vgl. BayObLG, Beschl. v. 12.3.2002 – Verg 3/02; OLG Düsseldorf WuW/E Verg 699; Beck'scher VOB-Kommentar/Gröning, § 128 GWB Rz. 22). Zudem verweist § 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO für Tätigkeiten des Rechtsanwalts außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, ebenfalls auf die Wertvorschriften des Gerichtskostengesetzes (vgl. BayObLG VergabeR 2002, 204 [205]; Beschl. v. 12.3.2002 – Verg 3/02; Beck'scher VOB-Kommentar/Gröning, § 128 GWB Rz. 22; Bär, NZBau 2002, 63 [65]; Kaiser, NZBau 2002, 315 [316]).
c) Der Senat geht bei der Streitwertfestsetzung nach § 12a Abs. 2 GKG in st. Rspr. vom Wert der Auftragssumme, hilfsweise der Angebotssumme, aus, also von demjenigen Betrag, für den der Bieter den Zuschlag erhalten hat oder erhalten will. Das ist i.d.R. der Betrag einschl. Mehrwertsteuer. Gleichfalls den Bruttobetrag legen das OLG Dresden (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 5.4.2001 – WVerg 8/00) und das OLG Naumburg (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 7.8.2001 – 1 Verg 1/01) zu Grunde. Demgegenüber stellen andere OLG (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.2002 – Verg 42/01; OLG Celle, Beschl. v. 8.11.2001 – 13 Verg 11/01; OLG Rostock, Beschl. v. 16.5.2001 – 17 W 1/01; OLG Koblenz, Beschl. v. 8.2.2001 – Verg 5/00) sowie Stimmen in der Literatur auf den Schwellenwert (vgl. Boesen, Vergaberecht, § 123 Rz. 96; Noelle in Byok/Jaeger, Vergaberecht, Anh. zu §§ 128, 129 Rz. 1048) oder auf den Nettoangebotspreis (vgl. Kaiser, NZBau 2002, 315 [317) ab.
d) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass bei der Berechnung des Gegenstandswertes für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer von der Bruttoauftragssumme auszugehen ist.
aa) Nach § 12a Abs. 2 GKG beträgt der Streitwert fünf vom Hundert der „Auftragssumme”. Der Begriff „Auftragssumme” ist gesetzlich nicht definiert. Doch ist unter Auftrags...