Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält daran fest, dass bei der Berechnung des Streitwerts für das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bzw. vor dem Vergabesenat jeweils die Bruttoauftragssumme, hilfsweise die Bruttoangebotssumme, zu Grunde zu legen ist.
Tenor
Die Gegenvorstellung der Antragstellerin gegen die Streitwertfestsetzung des Senats wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die Festsetzung des Streitwertes des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens erfolgt nach § 12a Abs. 2 GKG und beträgt danach 5 % der Auftragssumme, hilfsweise der Angebotssumme.
Die Begriffe der „Auftragssumme” bzw. der „Angebotssumme” ist gesetzlich nicht definiert. Der Senat geht bei der Streitwertfestsetzung nach § 12a Abs. 2 GKG in ständiger Rspr. vom (geprüften) Gesamtbetrag desjenigen Angebotes aus, auf das der Auftraggeber den Zuschlag zu erteilen beabsichtigt bzw. für welches der Bieter den Zuschlag erhalten möchte; das ist regelmäßig der Bruttobetrag des Angebotspreises (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 11.10.1999 – 10 Verg 1/99, OLGReport Naumburg 2000, 108 [111]; Beschl. v. 13.6.2001 – 1 Verg 7/01).
Dieses Begriffsverständnis ist, worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, in der Vergaberechts-Rspr. umstritten. Während die Vergabesenate der OLG Saarbrücken (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.5.2002 – 5 Verg 1/01; OLGReport Saarbrücken 2002, 372), Dresden (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 5.4.2001 – Wverg 0008/00, ZVgR 2001, 27) und Koblenz (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 11.9.2000 – 1 Verg 1/99, ZVgR 2001, 34) sowie des BayObLG (BayObLG, Beschl. v. 19.2.2003 – Verg 32/02) ebenfalls den Bruttobetrag zugrunde legen, stellen Vergabesenate anderer OLG auf den vom Auftraggeber bei Einleitung des Vergabeverfahrens geschätzten Auftragswert (Schwellenwert) ab (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.12.2002 – Verg 42/01; OLG Celle, Beschl. v. 8.11.2001 – 13 Verg 11/01, OLGReport Celle 2002, 56; OLG Rostock, Beschl. v. 16.5.2001 – 17 W 1/01) und wieder andere auf den Nettoangebotspreis (vgl. KG, Beschl. v. 18.7.2002 – 2 KartVerg 4/02). Für alle vertretenen Auffassungen lassen sich nachvollziehbare Argumente finden. Der Senat sieht jedoch keine Veranlassung, seine Auffassung zu ändern.
Selbst die Vertreter der entgegen stehenden Rechtsansichten räumen ein, dass das Begriffspaar „Auftragssumme” und „Angebotssumme” nach dem Wortlaut eher als Bruttobetrag aufzufassen ist, weil ein Auftrag zu Bruttopreisen vergeben wird. Der Bieter muss die Mehrwertsteuer in sein Angebot aufnehmen, damit sie Vertragsinhalt wird und er durch die Einnahme dieses Betrages wiederum die durch seine Leistung entstehende Mehrwertsteuerpflicht ggü. dem Fiskus ausgleichen kann (vgl. BayObLG, Beschl. v. 19.2.2003 – Verg 32/02).
Der Ansatz des Bruttoangebotspreises zur Ermittlung des Kostenstreitwertes ist auch mit dem Zweck der speziellen Kostenvorschrift vereinbar. Ohne die spezielle Regelung des § 12a Abs. 2 GKG wäre der Streitwert des vergaberechtlichen Beschwerdeverfahrens nach § 12 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach der Gewinnerwartung, mithin nach einem Nettobetrag, zu bestimmen. Hiervon wollte der Gesetzgeber bewusst abweichen. Die Pauschalierung in der Vorschrift des § 12a Abs. 2 GKG soll erklärtermaßen (vgl. Begründung des RegE, BT-Drucks. 13/9340, 23) der Vereinfachung dienen und die Gerichte bei der Streitwertfestsetzung von aufwändigen Ermittlungen entlasten und insb. von einer Abhängigkeit von den Angaben der Bieter zu internen Gewinnkalkulationen. Der regelmäßig einfachste Weg zur Streitwertbestimmung ist jedoch die Zugrundelegung des (geprüften) Bruttopreises des Auftrages bzw. des betreffenden Angebots.
Entgegen der von der Antragstellerin vertretenen Ansicht, die auf gleichartige Stimmen in der Lit. und z.B. des Vergabesenates des Kammergerichts (KG, Beschl. v. 18.7.2002 – 2 KartVerg 4/02) zurück geht, ist auch aus systematischer Sicht eine Anlehnung an die Bestimmung des Schwellenwertes (unzweifelhaft stets ein Nettobetrag) nicht geboten. Gegen eine Gleichstellung spricht bereits der unterschiedliche Wortlaut; die begriffliche Abstellung auf den „Auftragswert” in § 100 Abs. 1 GWB spricht per sé – anders als der Begriff der „Auftragssumme” bzw. der „Angebotssumme” in § 12a Abs. 2 GKG – für einen Betrag, der nicht durch die Höhe der Mehrwertsteuer beeinflusst ist. Entscheidend ist, dass die Regelung der Schwellenwerte auf eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe zurück geht, die naturgemäß die national unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze außer Betracht lassen muss, während die hier auszulegende Kostenvorschrift allein nationale Bedeutung hat. Aus systematischen Gründen läge daher ein Vergleich mit anderen bundesdeutschen Kostenvorschriften näher als eine Orientierung an § 100 Abs. 1 GWB (ebenso auch BayObLG, Beschl. v. 19.2.2003 – Verg 32/02).
Gewendet auf den vorliegenden Fall ergibt sich bei einem Brutto-Angebotspreis der Antragstellerin i.H.v. 5.219.701,07 Euro ein berechneter Streitwert i.H...