Leitsatz (amtlich)
Legt ein bayerisches Beschwerdegericht eine von ihm nicht zugelassene Rechtsbeschwerde in Zwangsvollstreckungssachen dem OLG vor, kann dieses sie in eigener Zuständigkeit verwerfen. Ob der Inhalt der angegriffenen Entscheidung Bundes- oder Landesrecht betrifft, ist nicht erheblich.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 29.09.2003; Aktenzeichen 1 T 17071/03) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 804/94) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss des LG München I vom 29.9.2003 wird verworfen.
II. Der Vollstreckungsschuldner hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Vollstreckungsschuldner ist Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage. Die Vollstreckungsgläubigerin ist Verwalterin der Wohnanlage und betreibt in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer gegen den Vollstreckungsschuldner die Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Beschluss des Wohnungseigentumsgerichts, der dem Vollstreckungsschuldner untersagt, ohne Abschluss eines Mietvertrags mit der Eigentümergemeinschaft einen oberirdischen Pkw-Abstellplatz zu benutzen.
Die Vollstreckungsgläubigerin hat beantragt, gegen den Vollstreckungsschuldner ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen, weil der Vollstreckungsschuldner nach wie vor ohne Mietvertrag den Pkw-Abstellplatz benutze. Das AG hat mit Beschluss vom 21.8.2003 die Verhängung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft angedroht. Das LG hat die sofortige Beschwerde des Vollstreckungsschuldners am 29.9.2003 zurückgewiesen. Einen Ausspruch über die Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde enthält die Entscheidung nicht. Der Vollstreckungsschuldner hat gegen diesen Beschluss am 28.10.2003 zu Protokoll des Rechtspflegers des LG "sofortige weitere Beschwerde bzw. Rechtsbeschwerde" eingelegt. Das LG hat das Rechtsmittel dem BayObLG vorgelegt.
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig.
1. Weil im Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO, in dem die Wohnungseigentumsgerichte als Vollstreckungsgerichte zuständig sind, die Vorschriften der ZPO unmittelbar gelten (§ 45 Abs. 3 WEG), findet gegen die Entscheidung des LG über die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO ausschließlich die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 ZPO statt (Demharter, NZM 2002, 233 [234]). Im Gesetz ist die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht ausdrücklich bestimmt (§ 793 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Deshalb setzt die Rechtsbeschwerde voraus, dass das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Ein Schweigen der Beschwerdeentscheidung zur Zulassung bedeutet Nichtzulassung; eine nachträgliche Zulassung kommt nicht in Betracht (BayObLGZ 2002, 274 [277]; BayObLGZ 1999, 121 f.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 574 Rz. 7).
Gegen den landgerichtlichen Beschluss, der eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht ausspricht, konnte der Vollstreckungsschuldner von vornherein keine statthafte Rechtsbeschwerde, zudem nicht beim LG und in der gewählten Form (vgl. § 575 Abs. 1 ZPO), einlegen.
2. Der Senat ist befugt, die unzulässige Beschwerde in eigener Kompetenz zu verwerfen.
§ 133 GVG weist die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde dem BGH zu. Ist jedoch in einem Land ein oberstes Landesgericht eingerichtet, entscheidet gem. § 7 Abs. 1 EGZPO das Gericht, das die Rechtsbeschwerde zulässt, gleichzeitig über die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel. Die Entscheidung ist für das OLG und den BGH bindend. In Bayern ist gem. § 8 Abs. 1 EGGVG, Art. 11 Abs. 1 AGGVG die Entscheidung über die zur Zuständigkeit des BGH gehörenden Rechtsbeschwerden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten dem BayObLG zugewiesen. Bei der gebotenen abstrakten Betrachtung besteht zwischen beiden Gerichten in diesem Bereich kein Rangverhältnis. Legt ein bayerisches Gericht eine von ihm nicht zugelassene Rechtsbeschwerde in Zwangsvollstreckungssachen dem BayObLG vor, kann dieses sie in eigener Zuständigkeit verwerfen. Dass es sich nach dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung um Bundesrecht handelt (vgl. § 8 Abs. 2 EGGVG), ist an dieser Stelle nicht zu prüfen.
Bereits nach früherem Recht sah sich das OLG ohne Zuständigkeitsentscheidung nach § 7 EGZPO als berufen an, nicht statthafte Rechtsmittel zu verwerfen (BayObLG v. 10.3.1993 - 1Z BR 18/93, BayObLGZ 1993, 111 [114], m.w.N.).
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 97 ZPO, die Geschäftswertfestsetzung auf § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1134304 |
OLGR-MBN 2004, 281 |