Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Unwirksamkeit eines undurchführbaren Beschlusses über Kostenverteilung
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 29. Juni 1995 und des Landgerichts Memmingen vom 28. Dezember 1995 aufgehoben.
Der Antrag des Antragstellers wird abgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 15 000 DM festgesetzt; die Geschäftwertfestsetzung der Vorinstanzen wird entsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Dem Antragsteller, den Antragsgegnern und den weiteren Beteiligten zu 1 gehören Wohnungen im Haus Bo. –Straße 10 und 12. Dieses Haus ist Teil einer Wohnanlage, die aus drei Häusern mit insgesamt 169 Wohnungen und einer Tiefgarage besteht. Sie wird von der weiteren Beteiligten zu 2 verwaltet.
In der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) vom 3.12.1971 heißt es in Abschnitt IV § 5 Nr. 3, daß die Betriebskosten für vier Eigentümergruppen getrennt zu ermitteln sind, soweit dies möglich und sinnvoll ist, und zwar für jedes der drei Wohngebäude und für die Tiefgarage. In jedem Fall sind die Kosten des Wasserverbrauchs und die Kanal-, Müllabfuhr- und Kaminkehrergebühren getrennt zu ermitteln. § 5 Nr. 4 GO lautet:
Die Sondereigentümer haben, soweit eine getrennte Kostenermittlung erfolgt, die von der Gemeinschaft zu tragenden Unkosten im Verhältnis ihrer Beteiligung an dem zur Kostentragung verpflichteten Kreis, im übrigen im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.
Für die Kosten des Wasserverbrauchs, die Kanal- und Kaminkehrergeführen kann jedoch die Eigentümerversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen einen anderen Abrechnungsmodus beschließen.
Der Modus für die Tragung der Müllabfuhrgebühren wird in das Ermessen des Verwalters gestellt.
In der Eigentümerversammlung vom 7.12.1993 beschlossen die Eigentümer des Hauses Bo.–Straße 10 und 12 zu Tagesordnungspunkt (TOP) 4, die Kosten für Kaltwasser, und zu TOP 5, die Kosten für Müll künftig nach der Anzahl der Personen zu verteilen. Dazu heißt es:
Zum Stichtag 1.7. eines jeden Jahres sind die Personen zugrunde zu legen, die zu diesem Zeitpunkt polizeilich gemeldet sind. Mindestens ist jedoch eine Person abzurechnen.
In der Abrechnung für den Zeitraum 1.7.1993 bis 30.6.1994 teilte die Verwalterin die Kosten für Kaltwasser und Müll bezüglich der beiden Häuser nicht nach der Anzahl gemeldeter Personen auf, sondern wie in den Vorjahren nach Miteigentumsanteilen. In dem Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung vom 23.1.1995 heißt es zur Tagesordnung u. a.:
TOP 3: Jahresabrechnung 1993/94–Einzelabrechnungen – Kostenverteilung Müll und Kaltwasser
Beschlußvorschlag 1:
Aus den Gründen der praktischen Unmöglichkeiten, eine vollständige Liste der polizeilich gemeldeten Personen von der Stadt zu erhalten, beschließen die Eigentümer der … Bo. –Straße 10 + 12, die Beschlüsse zu TOP 4 und zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 7.12.1993 wieder aufzuheben und die Kostenverteilung wie bisher nach der Regelung in der Teilungserklärung, nämlich nach Miteigentumsanteilen, vorzunehmen.
In der Eigentümerversammlung vom 23.1.1995 erklärte die Verwalterin, bei Kaltwasser und Müll sei eine Abrechnung nach Personen nicht möglich gewesen, weil eine nach Wohnungen aufgegliederte Bewohnerliste vom Einwohnermeldeamt nicht habe zur Verfügung gestellt werden können. Die Wohnungseigentümer aller Häuser faßten zu TOP 3 folgenden Beschluß Nr. 3:
Die Jahresabrechnung 1993/94–wie vom Verwaltungsbeirat geprüft – wird in der vorgelegten Form, einschließlich ausgewiesener Abgrenzungen, einschließlich der verwendeten Verteilerschlüssel und einschließlich der daraus resultierenden Einzelabrechnungen hiermit ausdrücklich bestätigt… Die Verwaltung wird entlastet.
Der Antragsteller hat am 22.2.1995 bei dem Amtsgericht beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären. Er hat geltend gemacht, die Verwalterin habe bei der Abrechnung die bestandskräftigen Eigentümerbeschlüsse vom 7.12.1993 nicht beachtet. Die Abrechnung nach gemeldeten Personen sei möglich. Eine Abrechnung nach Anteilen führe zu einer ungerechten Kostenbelastung, da in einem Teil der Wohnungen bis zu elf Personen wohnten. Die weiteren Beteiligten zu 1 haben sich dem Antrag angeschlossen. Die Antragsgegner haben sich darauf berufen, eine Kostenverteilung für Kaltwasser und Müll nach der Anzahl der gemeldeten Personen sei nicht möglich. Die Meldebehörde könne nur mitteilen, welche Personen in den Häusern gemeldet seien; sie könne jedoch nicht sagen, in welchen Wohnungen die gemeldeten Personen wohnten. Dies sei auch auf andere Weise nicht feststellbar. Hinzu komme, daß die Meldebehörde aus datenschutzrechtlichen Gründen diejenigen Personen nicht nennen könne, die mit der Weitergabe der Daten nicht einverstanden seien.
Das Amtsgericht hat...