Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatzerbenbestimmung
Leitsatz (amtlich)
Zur Annahme einer stillschweigenden Ersatzerbeneinsetzung von Verwandten 2. und 3. Grades der als Alleinerbin eingesetzten, vorverstorbenen Lebensgefährtin des Erblassers.
Normenkette
BGB §§ 133, 2069, 2084
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Zwischenurteil vom 29.12.1998; Aktenzeichen 1 T 9/98) |
AG Obernburg a.M. (Zwischenurteil vom 19.02.1998; Aktenzeichen VI 220/97) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 6 werden der Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 29. Dezember 1998 und der Beschluß des Amtsgerichts Obernburg vom 19. Februar 1998 aufgehoben.
II. Die Sache wird an das Amtsgericht Obernburg zurückgegeben.
Gründe
I.
Der 1997 im Alter von 68 Jahren verstorbene Erblasser war ledig und hatte keine Abkömmlinge. Die Beteiligten zu 1 bis 15 sind Verwandte des Erblassers 4. und 5. Grades.
Das Nachlaßgericht hat drei von ihm handschriftlich geschriebene und unterzeichnete Testamente eröffnet:
MeinTestament
Hier übergebe ich an G. das ganze Haus … das vordere haus genannt, mit Garden, und hof das Rükgebeute ist Notariat schon bestätigt über Grundbuchamt, als Erben hat hier keiner was zu suchen, oder zu schnüffenl an meinem Eigentum. nur G. am Bauplatz …. hat keiner was zu suchen nur G.
Mein Testament
Nach meinem Tod soll alles haben G., das Haus mit Rückgebäude Hof und Garden und alles was da zugehört, dann diesen Bauplatz … am Schwimmbat mit 780 qm, alle Erben sind ausgeschlossen, aus meiner Verwandtschaft, diese haben nichts zu Schnüffeln oder zu suchen daran.
Übergabe: nach meinem tod.
Dasganze bekomt G. nach meinem tot, nicht nur daß Rückgebäute alles, an meinemanwesen, hat keiner was zu schnüffeln als Erbe, alles bekomt G., und die liegenschaften der Bauplatz, und das erwartungsland und alles was dazu gehert, nach Grundbuchamt. keine W., kein S. als erbe, wollen sie sich bemerkbar machen diese faulenzer. wolten nur erben, und gewinnen. das ganze gehört G. nach meinem tot, nach eintragung im Grundbuchamt.
Die Witwe G., die langjährige Lebensgefährtin des Erblassers, war 1996 vorverstorben. Auch sie hinterließ keine Abkömmlinge.
Der Beteiligte zu 4 hat einen Teilerbschein beantragt, wonach der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge durch ihn zu 1/12-Anteil beerbt werde.
Die Beteiligten zu 16 bis 20, Verwandte 2. und 3. Grades der in den Testamenten des Erblassers bedachten G., haben einen Erbschein beantragt, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 16 bis 18, den noch lebenden Brüdern der vorverstorbenen G., zu je 1/4-Anteil, von den Beteiligten zu 19 und 20, den Kindern eines vor verstorbenen Bruders, zu je 1/8-Anteil beerbt worden sei. Sie stützen ihr Erbrecht auf die Testamente des Erblassers, denen sie im Wege der ergänzenden Auslegung entnehmen, daß sie stillschweigend als Ersatzerben eingesetzt worden seien.
Das Nachlaßgericht hat nach Vernehmung der Ehefrau des Beteiligten zu 17 als Zeugin mit Vorbescheid vom 19.2.1998 angekündigt, einen Erbschein gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 16 bis 20 zu erteilen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 4, 5, 6 und 11 hat das Landgericht nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung von Zeugen mit Beschluß vom 29.12.1998 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 6 durch ihren Verfahrensbevollmächtigten weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG) und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG). Die Beteiligte zu 6 ist auch beschwerdeberechtigt, weil ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen wurde (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 27 FGG Rn. 7).
Die Beschwerde ist begründet; die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in jeder Hinsicht stand.
1. Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 6 hat das Landgericht zu Recht bejaht. Die Beteiligte zu 6 war nach § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigt; denn das von ihr geltend gemachte gesetzliche Erbrecht wäre durch einen Erbschein des angekündigten Inhalts beeinträchtigt.
2. Das Landgericht hat den drei formgültig errichteten (§ 2247 BGB) Testamenten einen gleichen Inhalt entnommen, nämlich daß der Erblasser seine Lebensgefährtin zur alleinigen Erbin einsetzen und seine Verwandten enterben wollte. Es hat dann geprüft, ob die Enterbung der Verwandtschaft nach dem Willen des Erblassers auch im Fall des Vorversterbens der Alleinerbin Bestand haben sollte, und diese Frage bejaht. Danach hat es untersucht, ob der Erbeinsetzung im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung eine Ersatzerbeneinsetzung der Verwandten der vor verstorbenen Lebensgefährtin des Erblassers entnommen werden könne. Es hat aufgrund von Zeugenaussagen angenommen, daß der Erblasser, wenn er den Fall des Vorversterbens seiner Lebensgefährtin bedacht hätte, deren Verwandte als Erben eingesetzt hätte.
3. Die Reihenfolge der Prüfungsschritte begegnet Bedenken.
Das Landgericht hat mit der Auslegung de...