Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Zur ergänzenden Auslegung eines Testaments, in dem der kinderlose Erblasser unter Übergehung seiner Geschwister seine Lebensgefährtin zur Alleinerbin einsetzt, diese vor ihm verstirbt und einen Abkömmling hinterläßt.
2. Zum Ausschluß der gesetzlichen Erbfolge bei gewillkürter Erbfolge.
Normenkette
BGB §§ 133, 1938, 2069, 2096
Verfahrensgang
LG Regensburg (Zwischenurteil vom 04.11.1999; Aktenzeichen 6 T 465/99) |
AG Regensburg (Zwischenurteil vom 22.06.1999; Aktenzeichen VI 150/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 8 gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 4. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 8 hat die den Beteiligten zu 1 bis 7 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf DM 2 Mio. festgesetzt.
Gründe
I.
Der im Alter von 70 Jahren 1998 verstorbene Erblasser war ledig und hatte keine Kinder. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind seine Geschwister, die Beteiligten zu 3 bis 7 sind die Kinder zweier vorverstorbener Brüder.
Der Beteiligte zu 8 ist der 1940 geborene Sohn der K., der Lebensgefährtin des Erblassers, die ihren Ehemann, den Vater des Beteiligten zu 8, im Krieg verloren hatte. Sie betrieb mehrere Metzgereigeschäfte, in denen der Erblasser als Geselle angestellt war. Im Jahr 1948 zog der Erblasser mit der Mutter des Beteiligten zu 8 zusammen und unterhielt mit ihr bis zu deren Tod am 5.5.1992 einen gemeinsamen Haushalt. In diesem lebte der Beteiligte zu 8 bis ca. 1956/1957, danach absolvierte er auswärts eine Lehre und gründete später eine eigene Familie.
Der Erblasser verfaßte am 8.8.1977 ein eigenhändig ge- und unterschriebenes Testament, das wie folgt lautet:
Nach meinen Ableben ist Frau K. Allein-Erbe!
Warum ich so entschieden habe, brauche ich meinen Geschwistern nicht weiter erklären.
Bitte versteht meinen Entschluß.
Das Nachlaßgericht erteilte auf Antrag der Beteiligten zu 1 den Beteiligten zu 1 bis 7 am 4.3.1998 einen gemeinschaftlichen Erbschein zu unterschiedlichen Anteilen aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Der Beteiligte zu 8 beantragte die Einziehung des Erbscheins, den er für unrichtig hielt, weil die Beteiligten zu 1 bis 7 durch das Testament vom 8.8.1977 von der Erbfolge ausgeschlossen worden seien. Er ist der Auffassung, die ergänzende Auslegung des Testaments ergebe, daß er als Ersatzerbe seiner vorverstorbenen Mutter eingesetzt worden sei. Er beantragte, ihm einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweise. Das Nachlaßgericht vernahm neun Zeugen und hörte den Beteiligten zu 8 persönlich an. Mit Beschluß vom 22.6.1999 zog es den Erbschein vom 4.3.1998 als unrichtig ein und kündigte zugleich an, dem Beteiligten zu 8 einen Erbschein als Alleinerben erteilen zu wollen.
Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten zu 1 bis 7 Beschwerde ein, auf die das Landgericht mit Beschluß vom 4.11.1999 den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 22.6.1999 aufhob. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 8 mit der weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 1 bis 7 entgegengetreten sind. Der Erbschein vom 4.3.1998 befindet sich noch in den Händen der Beteiligten zu 1 bis 7.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Einziehung des Erbscheins vom 4.3.1998 sei nicht gerechtfertigt, weil die Beteiligten zu 1 bis 7 gesetzliche Erben des Erblassers geworden seien. Das Testament vom 8.8.1977 sei gegenstandslos geworden, nachdem die darin als Alleinerbin eingesetzte Mutter des Beteiligten zu 8 am 5.5.1992 vorverstorben sei. Ein Ersatzerbe sei ausdrücklich nicht eingesetzt worden. Die Auslegungsregel des § 2069 BGB finde keine Anwendung, da der Erblasser seine Lebensgefährtin, nicht aber einen Abkömmling eingesetzt habe. Eine analoge Anwendung der Vorschrift sei nicht möglich.
Auch die ergänzende Testamentsauslegung ergebe nicht, daß der Erblasser den Beteiligten zu 8 als Ersatzerben eingesetzt habe. Zwar könne ein Indiz für einen auf Ersatzerbeneinsetzung gerichteten hypothetischen Willen des Erblassers sein, wenn zwischen ihm und der bedachten Lebensgefährtin ein persönliches Näheverhältnis bestanden habe. Ob dies der Fall gewesen sei, könne dahinstehen. Selbst wenn man das notwendige Nähe Verhältnis unterstelle, rechtfertigten die außerhalb der Testamentsurkunde liegenden Umstände nicht die Annahme des hypothetischen Willens des Erblassers, er hätte bei Bedenken des Vorversterbens seiner Lebensgefährtin den Beteiligten zu 8 als Ersatzerben eingesetzt. Der Erblasser habe ausweislich der Formulierung des Testaments das gesetzliche Erbrecht seiner Geschwister bedacht und sie um Verständnis gebeten, daß er seine Lebensgefährtin bedenke. Dagegen habe er den Beteiligten zu 8 nicht erwähnt, der im Zeitpunkt der Testamentserrichtung längst aus dem Familienverband ausgeschieden, eine eigene Familie gegründet und ein eigenes Wohnanwesen erworben ha...