Leitsatz (amtlich)

Die Beschränkung eines Rechtsmittels setzt voraus, daß der Beschwerdeführer sie eindeutig und zweifelsfrei erklärt hat.

 

Normenkette

FGG § 21

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 05.06.2000; Aktenzeichen 13 T 7421/00)

AG München (Entscheidung vom 15.03.2000; Aktenzeichen 712 XVII 775/99)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 5. Juni 2000 hinsichtlich der Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers auf die Aufenthaltsbestimmung aufgehoben und insoweit die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 5. Juni 2000 zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht bestellte am 16.7.1999 für die Betroffene einen Berufsbetreuer für die Aufgabenkreise Zuführung zur ärztlichen Behandlung, Wohnungsangelegenheiten und Vertretung in Rechtsangelegenheiten, insbesondere im anhängigen Mietprozeß. Diese erweiterte es am 15.3.2000 auf die Aufenthaltsbestimmung und die Vermögenssorge. Die Beschwerde der Betroffenen hiergegen hat das Landgericht am 5.6.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt, soweit die Betreuung auf den Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung erweitert wurde, zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Im übrigen hat es keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß hinsichtlich der Erweiterung der Aufgabenkreise auf die Aufenthaltsbestimmung ein Rechtsschutzbegehren der Betroffenen auf Überprüfung durch die Beschwerdekammer nicht erkennbar sei.

Soweit die Erweiterung der Aufgabenkreise des Betreuers auf die Vermögenssorge angefochten sei, habe das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M. vom 17.2.2000 leide die Betroffene an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose. Die Betroffene könne ihren Willen nicht frei bestimmen. Auch die Erforderlichkeit für die Erweiterung der Betreuung auf den Bereich der Vermögenssorge sei nach dem Gutachten gegeben. Infolge der Erkrankung sei die Betroffene nicht in der Lage gewesen, die Aussichtslosigkeit ihrer auf Mietminderung gestützten Rechtsverteidigung im gegen sie anhängigen Räumungsprozeß zu erkennen. Die Betroffene habe sich durch ihren Betreuer in dem abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtet, ab April 2000 ihre Miete ungemindert zu bezahlen. Die erweiterte Betreuung gewährleiste dies nach wie vor.

2. Diese Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand, soweit die Kammer davon ausgeht, daß sie die Erweiterung der Betreuung auf die Aufenthaltsbestimmung nicht zu überprüfen habe.

Zwar trifft die Auffassung der Kammer zu, der Betroffene könne seine Beschwerde darauf beschränken, daß dem Betreuer zusätzlich zu sonstigen Aufgabenkreisen ein bestimmter weiterer Aufgabenkreis übertragen wurde (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 189). Eine derartige Beschränkung auf den Aufgabenkreis Vermögenssorge hat die Betroffene aber nicht erklärt. Die Beschränkung eines Rechtsmittels kann nur angenommen werden, wenn sie sich aus der Erklärung des Beschwerdeführers eindeutig ergibt. Da die Beschwerde nicht begründet werden muß (vgl. Jansen FGG 2. Aufl. § 21 Rn. 7; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 21 FGG Rn. 7), kann allein aus dem Umstand, daß die Beschwerdebegründung nicht alle Teile der Entscheidung einzeln rügt, noch nicht die Beschränkung des Rechtsmittels gefolgert werden. Im Zweifel ist die Entscheidung in vollem Umfang angefochten (Bassenge/Herbst § 21 FGG Rn. 9). So ist es hier.

Die Betroffene bezeichnet ihr Rechtsmittel als „Beschwerde über den Beschluß vom 15.3.2000 über Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge”. In der Begründung geht sie auf die Frage der Aufenthaltsbestimmung nicht näher ein und schreibt lediglich: „Unklar ist mir noch, was unter Aufenthaltsbestimmung zu verstehen ist?”. Daraus kann nicht gefolgert werden, daß die Betroffene diesen Aufgabenkreis nicht anfechten wollte. Die Beschwerdebefugnis der Betroffenen auch bezüglich dieses Aufgabenkreises folgt aus § 20 Abs. 1 FGG.

Die Entscheidung des Landgerichts muß daher bezüglich des Aufgabenkreises Aufenthaltsermittlung aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung an das Landgericht zurückverwiesen werden. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da noch weitere Ermittlungen notwendig sind (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1692).

3. Die angefochtene Entscheidung ist bezüglich des Aufgabenkreises Vermögenssorge rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Ist einem Volljährigen ein Betreuer bestellt ist dessen Aufgabenkreis zu erweitern, wenn dies erforderlich wird (§ 1908d Abs. 3 Satz 1 BGB). Für die Erweiterung gelten die Vorschriften über die Bestellung des Betreuers entsprechend (§ 1908d Abs. 3 Satz 2 BGB). Voraussetzung ist danach, daß ein Volljähriger aufgrund einer psychischen...

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