Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Testaments
Normenkette
BGB § 2087 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 11.11.1991; Aktenzeichen 2 T 128/91) |
AG Passau (Aktenzeichen 3 VI 279/90) |
Tenor
- Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Passau vom 11. November 1991 wird zurückgewiesen.
- Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
- Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 500 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die 1990 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet; ihre Ehe war kinderlos geblieben. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter eines vorverstorbenen Bruders der Erblasserin. Der Beteiligte zu 2 war mit der Erblasserin entfernt verschwägert und seit Jahren bekannt. Er hat einen Erbschein dahin beantragt, daß er kraft Testaments zum Alleinerben berufen sei.
Die Erblasserin hat das folgende eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament hinterlassen:
“Mein letzter Wille!
Ich, die unterzeichnete Justizoberinspektors-Witwe R… D.…, geb. S.… zu V…, … wohnend, setze ich die als meine Erben ein die mir gutes tun mich Pflegen und sich um mein Grab kümmern.
Der Nachlaß umfaßt den Bungalo wo ich jetzt noch wohne mit dem Inventar Dieses Testament habe ich eigenhändig geschrieben, datiert und unterschrieben
V… den 1. Februar 1987”
Die Erblasserin hinterließ neben dem im Testament genannten Anwesen, dessen Wert das Landgericht mit 221 000 DM festgestellt hat, bei verschiedenen Geldinstituten im wesentlichen auf Sparkonten angelegtes Geldvermögen von rund 500 000 DM. Der Beteiligte zu 2 trägt zur Begründung seines Antrags auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe vor: Die Erblasserin, die sich bis Mitte 1989 selbst versorgt habe, sei ab diesem Zeitpunkt kränklich geworden und habe im Februar/März 1990 einen Schlaganfall erlitten. Ab diesem Zeitpunkt habe er sich intensiv um sie gekümmert; er habe sie täglich mehrmals in ihrem Haus besucht, die Medikamenteneinnahme überwacht und sie drei- bis viermal wöchentlich zum Arzt begleitet.
Die Beteiligte zu 1, die ein Erbrecht als gesetzliche Erbin in Anspruch nimmt, gesteht dem Beteiligten zu 2 einen Anspruch auf das im Testament bezeichnete Anwesen zu, nicht aber die Alleinerbschaft des auch das Geldvermögen umfassenden Nachlasses.
Das Nachlaßgericht hat nach Anhörung der Beteiligten und Vernehmung von Zeugen den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 2 mit der Begründung zurückgewiesen, daß gesetzliche Erbfolge eingreife. Die im Testament vom 1.2.1987 getroffene Verfügung sei als auf das dort bezeichnete Grundvermögen beschränkte Vermächtnisanordnung auszulegen. Die hiergegen vom Beteiligten zu 2 erhobene Beschwerde hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung mit Beschluß vom 11.11.1991 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde, mit der der Beteiligte zu 2 seinen vom Nachlaßgericht zurückgewiesenen Erbscheinsantrag weiterverfolgt, ist nicht begründet.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Testament der Erblasserin sei auslegungsbedürftig, da es einerseits die als “Erben” bezeichneten Bedachten nicht namentlich benenne und da es andererseits den durch die Verfügung betroffenen “Nachlaß” zwar konkret, aber unter Weglassung der erheblichen Bankguthaben bezeichne. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Nachlaßgerichts ergebe die Auslegung, daß das Testament keine Erbeinsetzung, sondern allenfalls eine Vermächtnisanordnung enthalte, so daß gesetzliche Erbfolge eingetreten sei.
Die Erblasserin habe im Zeitpunkt der Testamentserrichtung, zu dem sie nicht der Pflege bedurfte, keine konkrete Vorstellung über die bedachten Personen gehabt. Ob deshalb der Wirksamkeit ihrer Verfügung § 2065 Abs. 2 BGB entgegenstehe, bedürfe aber keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls habe die Erblasserin im Testament nur über das in dessen zweitem Absatz bezeichnetes Grundvermögen verfügt. Über ihr Geldvermögen, das damals schon ca. 460 000 DM betragen habe, habe sie keine ausdrückliche Regelung getroffen. Auch im Wege der Auslegung könne nicht festgestellt werden, daß sie über das Grundstück hinaus eine Zuwendung habe treffen wollen. Weder die Wertverhältnisse noch die sonstigen Umstände sprächen dafür, daß die Erblasserin eine umfassende Regelung habe treffen wollen. Da somit nur über einen einzelnen Gegenstand verfügt sei, sei nach der nicht widerlegten Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB von einem Vermächtnis auszugehen.
Die Entscheidung des Landgerichts läßt einen Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht erkennen.
Die Auffassung des Landgerichts, daß nach der Erblasserin gesetzliche Erbfolge eingetreten sei, beruht auf der Auslegung des zweiten Absatzes des Testaments vom 1.2.1987 dahin, daß die Erblasserin nur über das dort bezeichnete Grundstück und nicht über ihr Vermögen als Ganzes verfügt habe, sowie auf der...