Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Verfahrensgang
AG Landshut (Aktenzeichen UR II 11/94) |
LG Landshut (Aktenzeichen 30 T 254/95) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 4. August 1995 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Eigentümerbeschluß vom 23. Juli 1994 zu Tagesordnungspunkt 11 auch hinsichtlich Nr. V 1 für ungültig erklärt wird.
II. Von den Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen haben der Antragsteller 1/4 zu tragen und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 3/4. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 3 000 DM.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus sechs Wohnungen bestehenden Wohnanlage. Der Antragsteller hat seine Wohnung an Prostituierte vermietet.
Am 23.7.1994 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 11 mit Stimmenmehrheit „als Inhalt des Sondereigentums” eine umfangreiche „Gemeinschaftsordnung”, die auszugsweise wie folgt lautet:
Nr. II 2: Zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung ist der Wohnungseigentümer nur mit Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt. Die Zustimmung kann widerruflich erteilt und von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden. Eine vollständige Umwandlung einer in der Teilungserklärung als „Wohnung” bezeichnete Einheit in Räume mit anderer Nutzungsart ist nur durch einstimmige Vereinbarung aller Miteigentümer möglich.
Die Einwilligung zur Ausübung eines Gewerbes in einer Wohnung, die im übrigen aber den Charakter einer Wohnung behält, kann nur aus einem wichtigen Grund verweigert werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder Hausbewohner befürchten läßt oder wenn sie den Charakter des Hauses beeinträchtigt. Z.B. gewerbsmäßig betriebene Unzucht (Prostitution oder ähnliches) verändert den Charakter des Hauses und ist deshalb auf keinen Fall erlaubt.
Nr. II 2 a: Der Verwalter kann die in den Fällen des Absatzes 2) erteilte Zustimmung ohne eine Fristsetzung widerrufen, wenn sich die für die Zustimmung maßgeblichen Voraussetzungen ändern oder Auflagen nicht eingehalten werden.
Nr. V 1: Zum Wiederaufbau oder zur Wiederherstellung im Falle der Zerstörung der Wohnanlage sind die Eigentümer nur verpflichtet, wenn die Finanzierung dieser Maßnahme durch Versicherungen oder sonstige Entschädigungen gesichert ist.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 11 insgesamt für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem am 30.12.1994 hinsichtlich einer einzelnen Regelung in dem Eigentümerbeschluß stattgegeben. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hin hat das Landgericht durch Beschluß vom 4.8.1995 weitere Bestimmungen des Eigentümerbeschlusses für ungültig erklärt. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde verlangt der Antragsteller, daß auch Nr. II 2 a und Nr. V 1 für ungültig erklärt werden sowie Nr. II 2 insoweit, als die Ausübung eines Gewerbes oder Berufs auch dann der Zustimmung der Wohnungseigentümer bedarf, wenn sie nicht mehr stört als eine Nutzung als Wohnung und den Charakter als Wohnung unberührt läßt.
II.
Das Rechtsmittel des Antragstellers hat teilweise Erfolg. Der Beschluß des Landgerichts wird dahin abgeändert, daß der Eigentümerbeschluß vom 23.7.1994 zu TOP 11 auch hinsichtlich Nr. V 1 für ungültig erklärt wird; im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
1. Das Landgericht hat zu den noch angefochtenen Teilen des Eigentümerbeschlusses zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
In der Teilungserklärung sei das Wohnungseigentum als „Wohnung” bezeichnet. Darin liege eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Eine Benützung für berufliche oder gewerbliche Zwecke könne nicht allgemein ausgeschlossen werden. Nr. II 2 des Eigentümerbeschlusses stelle eine Regelung des ordnungsmäßigen Gebrauchs dar, die nicht in Widerspruch zu der Teilungserklärung stehe. Die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung dürfe den Charakter als Wohnung nicht nachhaltig beeinflussen. Aus dem Zweck und der Beschaffenheit der Wohnanlage sei eine Nutzung einer Wohnung zu anderen als zu Wohnzwecken immer dann zulässig, wenn sie andere Bewohner nicht störe. Deshalb habe eine Gebrauchsregelung für störende Benutzungsarten geschaffen werden können. Daß gewerbsmäßig betriebene Unzucht in einem zu Wohnzwecken dienenden Haus über eine Nutzung zu Wohnzwecken hinausgehe, zu erheblichen Belästigungen und Beeinträchtigungen der Wohnungseigentümer und zu einer Gefährdung dort wohnender Minderjähriger sowie zu einer Beeinträchtigung des Werts anderer Wohnungen führen könne, sei entschieden.
Dem Verwalter stehe die Aufgabe und Befugnis zu, für die Einhaltung der den Wohnungseig...