Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
Die Aufwendungen des Nachlaßpflegers sind bei der Bemessung der Vergütung nicht zu berücksichtigen; das Gesetz unterscheidet zwischen der gemäß § 1836 BGB vom Nachlaßgericht zu bewilligenden Vergütung einerseits und dem Ersatz von Aufwendungen gemäß § 1835 Abs. 1 Satz 1, § 1915 Abs. 1 BGB andererseits. Letztere sind als Nachlaßverbindlichkeiten gegen die Erben und im Streitfall vor dem Prozeßgericht geltend zu machen.
Normenkette
BGB § 1836
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 29.11.1993; Aktenzeichen 13 T 7692/93) |
AG Schwabach (Aktenzeichen VI 534/92) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. November 1993 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Der Erblasser war am 17.9.1992 in seiner Wohnung tot aufgefunden worden, nachdem seine Ehefrau (Erblasserin) am 12.9.1992 tot aufgefunden worden war. Die Beteiligte zu 2 ist die gemeinsame Tochter der Verstorbenen; die Beteiligte zu 1 ist die Tochter des Erblassers aus erster Ehe. Die Erblasser waren Miteigentümer je zu 1/2 eines Reihenmittelhauses; außerdem waren verschiedene Konten, Bargeld, Münzen, Patente und Werkstatteinrichtungen vorhanden.
Die Erblasser hatten sich im Jahr 1989 durch ein handschriftliches gemeinschaftliches Testament gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Nach dem Tod seiner Ehefrau hat der Erblasser durch notarielles Testament vom 15.9.1992 „den Verein Anonyme Alkoholiker …” zu seinem Alleinerben bestimmt sowie durch handschriftliche Verfügung vom selben Tage mehrere Vermächtnisse für verschiedene Personen und Zwecke angeordnet.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 9.10.1992 für die unbekannten Erben der Erblasser jeweils Nachlaßpflegschaft angeordnet mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung der Nachlässe sowie Ermittlung der unbekannten Erben. Als Nachlaßpfleger für beide Nachlässe wurde Rechtsanwalt H. (Beteiligter zu 3) bestellt. Nachdem das Nachlaßgericht am 22. und 23.6.1993 jeweils einen Erbschein erteilt hatte, demzufolge die vorverstorbene Ehefrau des Erblassers von ihm allein und letzterer von den Beteiligten zu 1 und 2 je zur Hälfte beerbt worden sind, hat es mit Beschluß vom 24.6.1993 die Nachlaßpflegschaft aufgehoben. Der Nachlaßpfleger hat seinen Tätigkeitsbericht vorgelegt und mit Schreiben vom 23.6.1993 für beide Nachlässe eine Gesamtvergütung von 14 000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer beantragt sowie Aufwendungen in Höhe von 171,10 DM geltend gemacht. Mit Beschluß vom 16.8.1993 hat das Nachlaßgericht die Vergütung antragsgemäß auf insgesamt 16.386,10 DM festgesetzt. Der gegen diesen Beschluß gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat es nicht abgeholfen. Das Landgericht hat am 29.11.1993 den Beschluß des Nachlaßgerichts aufgehoben und die Vergütung des Nachlaßpflegers für den Nachlaß der Erblasserin auf 940 DM, für den des Erblassers auf 4 100 DM, jeweils zuzüglich 15 % Mehrwertsteuer festgesetzt sowie den Ersatz von Aufwendungen in Höhe von 201 DM bewilligt. Gegen diesen Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Nachlaßpflegers. Er beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und ihm eine Vergütung in Höhe von 16.386,10 DM zu bewilligen. Die Beteiligten zu 1 und 2, denen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel des gemäß § 29 Abs. 4, § 20 Abs. 1 FGG als Nachlaßpfleger beschwerdeberechtigten Beteiligten zu 3 (vgl. BayObLG FamRZ 1991, 861) führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Für den Nachlaß der vorverstorbenen Erblasserin sei eine selbständige Vergütung anzusetzen. Es sei zu klären gewesen, ob eigenes Vermögen vorhanden gewesen sei. Hierbei seien keine großen Schwierigkeiten entstanden, da deren Vermögen schon bei Beginn der Nachlaßpflegschaft auf den Erblasser übergegangen gewesen sei. Nach der Berechnung des Nachlaßgerichts habe der Wert 165 000 DM betragen. Wenn auch bei kleinen Nachlässen dieser Art eine Vergütung von 3 % bis 5 % angemessen erscheine, komme hier nur eine wesentlich geringere Vergütung in Frage, nämlich 0,5 % des Aktivnachlasses, somit 940 DM zuzüglich Mehrwertsteuer.
Hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers sei der vom Nachlaßgericht auf 408.721,74 DM geschätzte Aktivnachlaß ohne Abzug der Schulden maßgebend. Bei einem Nachlaß dieser Größenordnung erscheine in der Regel eine Vergütung von 1 % bis 3 % des aktiven Nachlasses bezogen auf die gesamte Tätigkeit des Nachlaßpflegers von seiner Bestellung bis zu ihrem Abschluß angemessen. Das setze jedoch einen entsprechenden Umfang der Tätigkeit voraus und sei kein starrer Rahmen. Ein anderes Modell der Berechnung bewerte die einzelnen Jahre, wobei der besondere Aufwand der anfänglichen Einarbeitung in die am Anfang meist umfang...