Leitsatz (amtlich)
Einer Kapitalgesellschaft, die in einem Mitgliedstaat des EG-Vertrags wirksam gegründet wurde und dort als rechtsfähig anerkannt ist, kann die Rechtsfähigkeit und damit die Grundbuchfähigkeit in Deutschland auch dann nicht versagt werden, wenn der tatsächliche Verwaltungssitz in Deutschland liegt.
Normenkette
GBO § 20
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 17057/01) |
AG München |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) werden der Beschluss des LG München I vom 3.1.2002 und der Beschluss des AG -Grundbuchamt- München vom 13.8.2001 aufgehoben.
II. Das Verfahren wird an das AG – Grundbuchamt – München zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2) ist im Grundbuch als Eigentümerin eines Hausgrundstücks, einer Eigentumswohnung und eines Doppel-Duplex-Stellplatzes zu einem Miteigentumsanteil von 1/4 eingetragen. Am 26.7.2000 wurden von einem Notar in Paderborn Kaufverträge beurkundet, in denen die Beteiligte zu 2) diese drei Immobilien an die Beteiligte zu 1, eine englische „private limited company”, verkaufte. Zugleich wurde die Eintragung von Eigentumsvormerkungen für die Beteiligte zu 1) bewilligt und beantragt und die Auflassung erklärt. Für die Beteiligte zu 2) handelte aufgrund einer notariellen Vollmacht von 1991 deren damaliger Ehemann, der zugleich einzelvertretungsberechtigter Direktor der Beteiligten zu 1) und Geschäftsführer der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1), einer Rechtsanwalts-GmbH, ist. Für die Beteiligte zu 1) handelte eine Notariatsangestellte als vollmachtlose Vertreterin. Ihre Erklärungen wurden am 2.8.2000 durch einen am 20.6.2002 bestellten weiteren Direktor der Beteiligten zu 1) genehmigt. Am 3.8.2000 wurden die Eigentumsvormerkungen für die Beteiligte zu 1) in den drei Grundbüchern eingetragen.
Am 11.9.2000 widerrief die Beteiligte zu 2) die ihrem Ehemann erteilte notarielle Vollmacht; am 12.9.2000 erklärte sie die Rücknahme des Widerrufs und am 9.10.2000 widerrief sie durch Anwaltsschriftsatz alle ihrem Ehemann erteilten Vollmachten.
Am 26.3.2001 hat der Ehemann der Beteiligten zu 2), dessen Ehe inzwischen geschieden ist, die notariellen Urkunden vom 26.7.2000 bei dem Grundbuchamt eingereicht und die Eintragung der Beteiligten zu 1) als neue Eigentümerin unter Löschung der Eigentumsvormerkungen beantragt.
Mit Zwischenverfügungen vom 6.4. und 9.5.2001 hat das Grundbuchamt u.a. die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts verlangt. Ferner hat es aufgrund von Unterlagen, die die Beteiligte zu 2) vorgelegt hatte, Zweifel an der Rechtsfähigkeit der Beteiligten zu 1) geäußert und ihr mit Zwischenverfügungen vom 9.5. und 10.7.2001 aufgegeben, Nachweise vorzulegen für eine geschäftliche Tätigkeit der Beteiligten zu 1, insbesondere durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags, des Geschäftsberichts für das Jahr 2000 und der Steuernummer, ferner Nachweise über die Anmietung von Geschäftsräumen in London, Einstellung von Personal, Einrichtung eines Bankkontos sowie von Telefon- und Telefaxanschlüssen in Großbritannien.
Da die Beteiligte zu 1) die geforderten Auskünfte und Urkunden als Interna bezeichnete und nicht vorlegte, hat das AG – Grundbuchamt – mit Beschl. v. 13.8.2001 die Eintragungseinträge der Beteiligten zu 1) abgewiesen.
Der am 29.8.2001 eingelegten Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das AG – Grundbuchamt – mit Beschl. v. 25.9.2001 nicht abgeholfen; das LG hat sie mit Beschl. v. 3.1.2002 zurückgewiesen.
Mit der weiteren Beschwerde vom 14.1.2002 verfolgt die Beteiligte zu 1) ihre Eintragungsanträge weiter.
II. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 78 GBO zulässig, weil ihre Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (Demharter, GBO, 24. Aufl., § 78 Rz. 2) und für die Frage der Beschwerdeberechtigung ihre Rechtsfähigkeit zu unterstellen ist (BayObLG BayObLGZ 1998, 195).
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Die Auflassung eines Grundstücks dürfe nach § 20 GBO nur dann eingetragen werden, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt sei. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Einigungserklärung der Beteiligten zu 1) sei es, dass die Beteiligte zu 1) ordnungsgemäß vertreten gewesen sei und als juristische Person ausländischen Rechts in Deutschland als rechtsfähig anerkannt werde. Bei der Prüfung der Rechtsfähigkeit der Beteiligten zu 1) handele es sich um eine andere Eintragungsvoraussetzung im Sinn von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, die, soweit nicht offenkundig, grundsätzlich des Nachweises durch öffentliche Urkunden bedürfe. Die Rechtsfähigkeit der Beteiligten zu 1) beurteile sich nach ihrem Personalstatut. Die Rechtsprechung nehme die kollisionsrechtliche Anknüpfung nach der Sitztheorie vor. Demgemäß richteten sich die Rechtsverhältnisse der betreffenden Gesellschaft nach dem Recht des Staates, in dem der effektive Verwaltungssitz liege. Dabei sei im grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren von einem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass eine ausländische K...