Leitsatz (amtlich)
Gegen die Bestellung eines Betreuers auf Antrag des Betroffenen, der Einsicht in die Tragweite seines Handelns besitzt, steht der zuständigen Behörde auch dann kein Beschwerderecht zu, wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 1; FGG § 69g Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 03.11.1997; Aktenzeichen 13 T 6581/97) |
AG München (Aktenzeichen 701 XVII 13093/96) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 3. November 1997 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Die Betroffene beantragte über den Allgemeinen Sozialdienst der Landeshauptstadt München beim Amtsgericht die Bestellung eines Betreuers.
2. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und persönlicher Anhörung der Betroffenen bestellte das Amtsgericht unter dem 6.2.1997 für die Betroffene eine Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Zuführung zur ärztlichen Behandlung, Vermögenssorge, gesetzliche Vertretung in allen wohnungs- und sozialrechtlichen Angelegenheiten.
3. Gegen diesen Beschluß legte die Betreuungsstelle der Landeshauptstadt München Beschwerde ein. Sie vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen für eine Betreuerbestellung seien nicht ausreichend ermittelt worden.
4. Das Landgericht München I wies mit Beschluß vom 3.11.1997 die Beschwerde als unzulässig zurück und ordnete an, daß die Beteiligte der Betroffenen die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten habe.
5. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten für die weitere Beschwerde folgt daraus, daß ihre Erstbeschwerde als unzulässig verworfen worden ist.
Die weitere Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, bei Bestellung eines Betreuers auf Antrag des Betroffenen (§ 1896 Abs. 1 BGB) sei die zuständige Behörde selbst dann nicht beschwerdeberechtigt, wenn der Betroffene geschäftsunfähig sei. Die Beteiligte gehöre zwar zu dem privilegierten Kreis der in § 69 g Abs. 1 FGG genannten Beschwerdeberechtigten. Die von ihr angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts falle aber nicht unter den Katalog der in § 69g Abs. 1 FGG genannten Entscheidungen. Ein Beschwerderecht der Betreuungsstelle lasse sich auch nicht aus § 57 Nr. 9 FGG herleiten, da diese Vorschrift in Betreuungssachen nicht gelte. Für die Beteiligte sei auch eine Beschwerdebefugnis nach § 20 Abs. 1 FGG nicht gegeben. Die mit der Bestellung eines Betreuers verbundenen Folgebelastungen stellten keine Rechtsbeeinträchtigung im Sinne des § 20 FGG dar.
2. Das Landgericht hat die Beschwerdeberechtigung zu Recht verneint. Diese läßt sich weder aus § 69g Abs. 1 noch aus § 20 Abs. 1 FGG ableiten.
a) § 69g Abs. 1 FGG räumt zwar der Betreuungsbehörde für die dort im einzelnen aufgeführten Entscheidungen unbeschadet des § 20 FGG ein Beschwerderecht im eigenen Namen ein. Die von ihr angefochtene Bestellung einer Betreuerin auf Antrag der Betroffenen fällt aber nicht unter den Katalog der in § 69g Abs. 1 FGG genannten Entscheidungen, der hinsichtlich der Betreuerbestellung ausdrücklich nur die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen enthält.
Da § 69g Abs. 1 FGG eine abschließende Aufzählung der Fälle enthält, für die der Betreuungsbehörde unbeschadet des § 20 FGG eine Beschwerdeberechtigung eingeräumt wird (BGH BtPrax 97, 28; BayObLG Rpfleger 1998, 112; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 69g Rn. 8 und 10), läßt sich bei der Bestellung eines Betreuers auf Antrag des Betroffenen aus § 69g Abs. 1 FGG eine Beschwerdeberechtigung für die Betreuungsbehörde nicht herleiten (Staudinger/Bienwald BGB 12. Aufl. § 1896 Rn. 155; Bienwald Betreuungsrecht 2. Aufl. § 1896 BGB Rn. 240; Knittel Betreuungsgesetz § 1896 BGB Rn. 90).
Der Ansicht, § 69g Abs. 1 FGG sei seinem Sinn nach dahin auszulegen, daß er auch bei Bestellung eines Betreuers auf Antrag gelte, wenn der Betroffene bei der Antragstellung geschäftsunfähig ist (Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 69g FGG Rn. 6 c; Knittel BtG § 69g FGG Rn. 4), vermag der Senat nicht zu folgen. Dem steht, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, der klare Gesetzeswortlaut des § 69g Abs. 1 FGG und die Entscheidung des Gesetzgebers entgegen, der dem geschäftsunfähigen Betroffenen ausdrücklich das Recht einräumt, selbst einen Antrag auf Bestellung eines Betreuers zu stellen (§ 1896 Abs. 1 Satz 2 BGB) und der ihn in Verfahren, die die Betreuung betreffen, für verfahrensfähig erklärt (§ 66 FGG).
Schwab in MünchKomm BGB 3. Aufl. § 1896 Rn. 66 hält die gesetzliche Regelung im Hinblick darauf, daß den Betreuungsantrag auch ein Geschäftsunfähiger stellen kann, für höchst bedenklich. Sein Mißtrauen, das im Rahmen der von ihm gegen die gesetzliche Regelung geäußerten Bedenken gegen den Richter oder den Verfahrenspfleger anklingt, der „allein dadurch, daß er den Betroffenen zum Antrag überredet”, das Beschwerderecht u.a. der in § 69g Abs. 1 FGG aufge...