Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, einzelne unselbständige Elemente der Jahresabrechnung zum selbständigen Gegenstand eines Eigentümerbeschlusses zu erheben.
2. Es kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, bei unterbliebener Messung des Brennstoffendbestands zum Jahresende durch Mehrheitsbeschluß die aus dem Durchschnitt der für die vergangenen Abrechnungsperioden zum Stichtag ermittelten Brennstoffendbestände errechnete Menge für die Jahresabrechnung zugrunde zu legen.
3. Auch eine langjährige, vom Kostenverteilungsschlüssel in der Gemeinschaftsordnung (GO) abweichende Abrechnungspraxis führt grundsätzlich nicht zur Änderung der GO.
4. Wird der Jahresabrechnung ein nicht der GO entsprechender Kostenverteilungsschlüssel zugrunde gelegt, entspricht die dennoch ausgesprochene Entlastung des Verwalters nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.
5. Beim Kostenansatz im Wirtschaftsplan steht den Wohnungseigentümern regelmäßig ein weiter Ermessensspielraum zu.
6. Zum wichtigen Grund, der gegen die Wiederwahl des Verwalters spricht.
a) Die verspätete Fertigstellung der Niederschrift über die Eigentümerversammlung stellt eine Pflichtverletzung des Verwalters dar, die jedoch für sich betrachtet der Wiederwahl nicht entgegensteht.
b) Ob die Anwendung eines unrichtigen Verteilungsschlüssels in der Jahresabrechnung einen wichtigen Grund gegen die Wiederbestellung darstellt (OLG Köln NZM 1999, 128), kann im allgemeinen nur nach Prüfung der Einzelumstände, insbesondere auch der subjektiven Vorwerfbarkeit, beantwortet werden.
7. Die Zweckbestimmung eines Raumes als Speicher steht der Nutzung als Wohnraum entgegen.
8. Ficht ein Wohnungseigentümer vorsorglich sämtliche in der Wohnungseigentümerversammlung gefaßten Beschlüsse an, weil deren Niederschrift nicht rechtzeitig vorliegt, so rechtfertigt dies nach späterer Teilrücknahme im allgemeinen, dem für die verspätete Fertigstellung verantwortlichen Verwalter einen Teil der Gerichtskosten aufzuerlegen (wie BayObLG WE 1991, 204, 229).
Normenkette
WEG § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 2-3, § 21 Abs. 3-4, § 26 Abs. 1-2, §§ 28, 47; HeizkostenV § 9a Abs. 1
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 2 T 2664/00) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen UR II 53/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 11. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Anschlußbeschwerde der Antragsgegner wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 8. Juni 1999 hinsichtlich der Festsetzung des Brennstoffendbestandes zum 31. Dezember 1998 auf 12.100 l abgewiesen wird.
III. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 7. April 2000 wird dahin abgeändert, daß von den erstinstanzlichen Gerichtskosten der weitere Beteiligte 1/5, der Antragsteller und die Antragsgegner als Gesamtschuldner je 2/5 zu tragen haben.
IV. Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 1/4 und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 3/4 zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.
V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 21.368,30 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus vier Wohnungen bestehenden Anlage, deren Verwalter der weitere Beteiligte ist. Dem Antragsteller gehören 241,35/1000 Eigentumsanteile, während die Anteile der Antragsgegner jeweils knapp über 250/1000 betragen.
In der Gemeinschaftsordnung vom 9.7.1965 (GO) ist zur Verteilung von Nutzungen, Lasten und Kosten in § 12 u. a. festgelegt:
1. In Ergänzung und teilweiser Abänderung des § 16 WEG wird folgendes bestimmt:
a) Die Wohnungseigentümer müssen alle Betriebskosten, wie Wassergeld, Grundsteuer, öffentliche Abgaben, Versicherungskosten usw. – soweit nicht eine gesonderte Veranlagung erfolgt – gemeinsam tragen. Die Kosten einschließlich der der Verwaltung werden im Verhältnis der Miteigentumsanteile umgelegt und sind an den Verwalter zu zahlen.
b) …
2. Die Kosten für den Betrieb der Zentralheizung und der Warmwasserversorgung werden nach einem vom Verwalter aufzustellenden angemessenen Verteilungsschlüssel umgelegt, der für alle Wohnungseigentümer verbindlich ist.
3. Alle durch vorstehende Regelung nicht erfaßten Kosten und Lasten sind von den Wohnungseigentümern entsprechend den Miteigentumsanteilen zu tragen.
…
7. Der Verwalter hat nach Ablauf jedes Kalenderjahres eine Abrechnung zu erteilen. Die Abrechnung gilt als anerkannt, wenn nicht innerhalb vier Wochen nach Absendung dieser schriftlich widersprochen wird. Die Abrechnung der Heizungskosten gemäß Ziff. 2 erfolgt jährlich gesondert nach Abschluß der Heizperiode.
…
10. Eine Änderung des Verteilungsschlüssels kann von der Wohnungseigentümerversammlung nur einstimmig beschlossen werden.
In der Wohnungseigentümerversamm...