Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragungen im Grundbuch. Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die schenkweise Überlassung eines auch weiterhin an Dritte verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes betrifft die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne der Privilegierung des § 19 Abs. 4 KostO nicht.

 

Normenkette

KostO § 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 05.08.1997; Aktenzeichen 4 T 5650/96)

AG Aichach (Beschluss vom 16.12.1996)

AG Aichach (Beschluss vom 22.11.1996)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 5. August 1997 und der Beschluß des Amtsgerichts Aichach vom 16. Dezember 1996 werden aufgehoben.

II. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluß des Amtsgerichts Aichach (Rechtspfleger) vom 22. November 1996 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

1. Mit notariellem Hofübergabevertrag vom 27.6.1996 übergab der Landwirt L an den Beteiligten das landwirtschaftliche Anwesen zum Alleineigentum. Unter Nr.XIII 4. (Nießbrauch) der Urkunde vereinbarten die Parteien:

„Der Erwerber … räumt hiermit dem Veräußerer …

ab 1.Juli 1996 bis einschließlich 30.Juni 1998 den dinglichen Nießbrauch an 90 % – neunzig vom Hundert – des gesamten heute übergebenen Vertragsbesitzes ein. … Der Berechtigte darf … selbst alle Nutzungen ziehen, die einem Nießbraucher gesetzlich gestattet sind, also insbesondere auch den belasteten Grundbesitz an Dritte … verpachten.”

Unter Nr.III haben die Parteien vereinbart:

„Für den dem Nießbrauch unterliegenden Anteil gilt folgendes:

Der unmittelbare Besitz und die Nutzungen gehen erst mit dem Ende des Nießbrauchs auf den Erwerber über. Der mittelbare Besitz, alle Lasten, die der Nießbraucher … nicht zu tragen hat, gehen ab 1.Juli 1996 auf den Erwerber über. …”

2. Mit berichtigter Kostenrechnung vom 30.10.1996 stellte die Kostenbeamtin des Grundbuchamts dem Beteiligten für den grundbuchmäßigen Vollzug der Hofübergabe, ausgehend von dem Verkehrswert des landwirtschaftlichen Anwesens in Höhe von 2 178 398 DM als Geschäftswert der Eigentumsumschreibung, einen Kostenbetrag von insgesamt 3 352 DM in Rechnung. Hiergegen legte der Beteiligte Erinnerungen ein mit dem Antrag, der Bewertung der Eigentumsumschreibung gemäß § 19 Abs.4 KostO den vierfachen Einheitswert zugrunde zu legen, da er den landwirtschaftlichen Betrieb fortführen wolle.

Der Rechtspfleger des Grundbuchamts hat den Erinnerungen mit Beschluß vom 22.11.1996 „in vollem Umfang abgeholfen” und damit sinngemäß die Kostenrechnung vom 30.10.1996 in den Positionen 1 (Eigentumsumschreibung) und 2 (Fortführung des Liegenschaftskatasters) aufgehoben. Die damit sinngemäß ebenfalls verfügte Neubewertung der Rechnungspositionen 1 (Geschäftswert 178 400 DM) und 2 nach § 19 Abs.4 KostO wurde durch die Kostenbeamtin mit Kostenrechnung vom 7.1.1997 vorgenommen und führte zu einem Kostenbetrag von insgesamt 1 402 DM.

Gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 22.11.1996 legte nunmehr die Staatskasse Erinnerungen ein, denen Rechtspfleger und Grundbuchrichter nicht abhalfen. Nach nochmaliger Sachprüfung hob der Grundbuchrichter mit Beschluß vom 16.12.1996 seine Nichtabhilfeentscheidung auf, wies die Erinnerungen der Staatskasse zurück und setzte den vom Kostenschuldner zu erstattenden Betrag auf 1 402 DM fest.

Gegen den amtsgerichtlichen Beschluß vom 16.12.1996 – der aus formellen Gründen aufzuheben ist – legte die Staatskasse Beschwerde ein. Sie vertrat die Auffassung, die Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO greife nicht ein, weil der Übernehmer den landwirtschaftlichen Betrieb wegen des vereinbarten Nießbrauchs im Zeitpunkt der Gebührenfälligkeit nicht fortführe.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 5.8.1997 auf die Beschwerde des Bezirksrevisors den Beschluß des Amtsgerichts vom 16.12.1996 aufgehoben und den vom Kostenschuldner zu erstattenden Betrag – der ursprünglichen Kostenrechnung vom 30.10.1996 entsprechend – auf 3 352 DM festgesetzt; die weitere Beschwerde hat es zugelassen. Zur Begründung wird ausgeführt, daß dem Rechtsgeschäft das für die Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO notwendige Erfordernis der Fortführung des Betriebs fehle, weil sich der Übergeber das Nießbrauchsrecht vorbehalten habe. Ob die Überlassung letztlich der Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs durch den Übernehmer diene, sei derzeit völlig offen.

3. Gegen die landgerichtliche Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit der weiteren Beschwerde. § 19 Abs.4 KostO sei auf ihn anzuwenden, da er den ihm überlassenen landwirtschaftlichen Betrieb unstreitig fortführen wolle.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das zulässige Rechtsmittel des Beteiligten (§ 14 Abs.3 Satz 2 KostO) hat in der Sache Erfolg. Der Hofübergabevertrag vom 27.6.1996 betrifft die Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs, so daß die Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO auf die vorliegenden Geschäfte anzuwenden ist.

a) Dem Landgericht ist zuzugeben, daß die Privilegierung des § 19 Abs.4 KostO davon abhängig ist, daß – so sämtliche in ihm aufgeführten Beispiele – die Überlassung eines land- oder fortwirts...

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