Leitsatz (amtlich)

1. Nach Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes findet gegen eine vor dem 1.1.1999 ergangene Beschwerdeentscheidung über Betreuervergütung die sofortige weitere Beschwerde statt, die keiner Zulassung bedarf. Die Rechtsmittelfrist beginnt nicht ohne förmliche Bekanntmachung der angefochtenen Entscheidung.

2. Zum Einwand im Verfahren über die Vergütungsfestsetzung, der Betreuer habe seine Tätigkeit mangelhaft ausgeführt.

 

Normenkette

BGB § 1836; FGG § 56g

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 21.08.1998; Aktenzeichen 13 T 13704/98)

AG München (Aktenzeichen 702 XVII 2599/97)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 21. August 1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die durch das Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht bestellte der Betroffenen am 21.3.1997 die Beteiligte zu 1, eine Rechtsanwältin, zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge einschließlich Erbschaftsangelegenheiten, Heim- und Wohnungsangelegenheiten, Organisation ambulanter Dienste sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Am 28.5.1997 verstarb die Betroffene und wurde von der Beteiligten zu 2 beerbt.

Mit Schreiben vom 8.6.1997 beantragte die Beteiligte zu 1 eine Vergütung von DM 30.680 (127,83 Stunden zu je DM 240). Das Amtsgericht bewilligte am 10.6.1998 antragsgemäß die Vergütung und stellte fest, daß Auslagen in Höhe von DM 420,20 entstanden seien. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hiergegen wies das Landgericht mit Beschluß vom 21.8.1998 zurück. Gegen diesen Beschluß, der am 1.9.1998 formlos an die Beteiligten hinausgegeben worden ist, wendet sich die Beteiligte zu 2 mit der am 15.4.1999 eingegangenen weiteren Beschwerde. Zur Begründung wird vorgetragen, es sei äußerstenfalls eine Vergütung von DM 8.640 angemessen. Sie wende sich nicht gegen den Stundensatz. Das Beschwerdegericht habe jedoch ihren Einwand übergangen, daß die Tätigkeit der Beteiligten zu 1 weitgehend nicht notwendig, sinnvoll oder überflüssig und damit – unabhängig von Schadensersatzansprüchen – eine Vergütung insoweit nicht geschuldet gewesen sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig.

a) Gegen Beschwerdeentscheidungen über die Vergütung von Betreuern findet gemäß § 56g Abs. 5 Satz 1, § 69e Satz 1, § 29 Abs. 2 FGG in der Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes – BtÄndG – vom 25.6.1998 (BGBl I S. 1580) die sofortige weitere Beschwerde statt. Dies gilt auch, wenn wie hier die Beschwerdeentscheidung vor dem Inkrafttreten des BtÄndG wirksam geworden ist.

Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nämlich grundsätzlich das zum Zeitpunkt seiner Einlegung geltende Recht maßgeblich, sofern nicht Überleitungsvorschriften eine andere positive Regelung treffen (vgl. BVerfGE 87, 48/64 f.; RG JW 1925, 362/363; RGZ 135, 121/123; BGH MDR 1955, 157; BGHZ 114, 1/3 f.; BGH WM 1991, 1394/1395; BayObLGZ 1989, 153/154; 282/284; Jansen FGG 2. Aufl. § 26 Rn. 16; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 23). Gemäß Art. 5 Abs. 2 BtÄndG traten die genannten Vorschriften am 1.1.1999 in Kraft. Auf weitergehende Übergangsregelungen wurde verzichtet (vgl. BT-Drucks, 13/7158 S. 53, 58; BT-Drucks, 13/10874).

Aus Gründen des Vertrauensschutzes gelten diese Grundsätze nicht für bereits anhängige Rechtsmittelverfahren, weil eine nachträgliche Beschränkung regelmäßig nicht zum Fortfall der Statthaftigkeit bereits eingelegter Rechtsmittel führt (vgl. BVerfG a.a.O.). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, da das Rechtsmittel erst nach Inkrafttreten des BtÄndG eingelegt worden ist.

Eine Ausdehnung des Grundsatzes der Rechtsmittelsicherheit auch auf Beteiligte, die bis zum Inkrafttreten der Einschränkung ein unbefristetes Rechtsmittel hätten einlegen können (vgl. W. Lüke in Festschrift G. Lüke S. 391/402), erscheint nicht geboten. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als die Gesetzesänderung bei Erlaß der Beschwerdeentscheidung bereits verkündet war.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ist dennoch nicht verspätet, da die Frist der §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 4 FGG nicht in Gang gesetzt worden ist. Hierfür wäre gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1, § 22 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 4 FGG die Zustellung der Beschwerdeentscheidung an die Beteiligte zu 2 erforderlich gewesen. Dies ist nicht geschehen.

b) Entgegen § 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG ist im vorliegenden Fall eine Zulassung der Beschwerde – in Abweichung vom eben dargestellten Grundsatz – nicht erforderlich. Vielmehr ist hier ausnahmsweise maßgebend, daß bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung gegen diese das Rechtsmittel ohne dessen Zulassung gegeben war. Durch die Gesetzesänderung wurde die Anfechtbarkeit der landgerichtlichen Entscheidung auch in der Weise erschwert, daß nun die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde eine beso...

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