Leitsatz (amtlich)
›1. Die Bestellung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB muß unabhängig von der Beauftragung mit der fraglichen Tätigkeit durch einen, wenn auch formlosen, Bestellungsakt öffentlich-rechtlicher Natur begründet werden.
2. Die Verjährungsfrist bei Angestelltenbestechlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG beginnt mit der letzten Annahme von Vorteilen.
3. Die Übernahme der Verpflichtung, die Ausschreibung von Aufträgen vorzubereiten und an ihr mitzuwirken, begründet eine Treuepflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB.
4. Durch die Bekanntgabe des zur Verfügung stehenden Budgets des Auftraggebers und der zur Angebotsabgabe aufzufordernden anderen Firmen an einen Bewerber wird diese Treuepflicht verletzt und ein Vermögensnachteil verursacht.
5. Zwischen Untreue, Bestechlichkeit und Beihilfe zur unbefugten Verwertung verratener Geschäftsgeheimnisse kann Tateinheit bestehen.‹
Tatbestand
Der Angeklagte betrieb das Ingenieurbüro "E-P" in M.
Im Tatkomplex I kam es zwischen ihm und dem Geschäftsführer und den Prokuristen der Firma L. zu folgendem strafbaren Zusammenwirken:
1. Am 15.11.1985 wurde zwischen dem Angeklagten und dem Freistaat Bayern, vertreten durch das Bauamt der bayer. Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, ein Ingenieurvertrag betreffend die Elektrotechnik im Neubau des Südtraktes des Schlosses N. geschlossen. Der Angeklagte wurde darin von der Behörde mit der Erarbeitung der Beträge zur Haushaltsunterlage, der Genehmigungs- und Ausführungsplanung, der Vorbereitung der Vergabe und der Objektüberwachung betraut. Etwa im Mai 1987 trat der Prokurist der Firma L., F., an den Angeklagten heran und vereinbarte mit diesem die Bezahlung von 5 % aus der Nettoauftragssumme zuzüglich etwaiger Auftragserhöhungen für die Bekanntgabe des Budgets und die Mitteilung über die zur Angebotsabgabe aufzufordernden Firmen. Die Firma L. Elektroanlagen gehörte zu einem in München seit Jahren bestehenden Kreis von Firmen, die Aufträge der öffentlichen Hand und von Großfirmen durch strafbare Handlungen unter sich aufteilen. Die Firmenverantwortlichen beschafften sich vor der Submission gegen Zahlung eines Bestechungs- oder Schmiergeldes die Namen der mitbietenden Firmen und Informationen über die Höhe der zur Verfügung stehenden Gelder. Aufgrund dessen konnten sie entsprechend kalkulieren und Absprachen mit den "Konkurrenzfirmen" durchführen. Die schutzgebenden Firmen gaben dabei Nullgebote oder höhere Gebote als die zu schützende Firma ab, die über die Informationen verfügte und deshalb entsprechend der langjährigen Übungen Anrecht auf Erteilung des Auftrages hatte. In der Regel erstellte die geschützte Firma auch die Kalkulationen für die schutzgebenden Firmen, um diesen die Arbeit abzunehmen.
Der Angeklagte teilte etwa im Juni 1987 die Namen der Firmen mit, welche ein Leistungsverzeichnis zugesandt bekommen hatten und zur Angebotsabgabe aufgefordert worden waren. Die Prokuristen der Firma L. führten daraufhin die üblichen Absprachen durch, so daß bei der Submission am 22.7.1987 die Firma L. mit einer Angebotssumme von 692 076, 96 DM brutto billigste Bieterin war. Am 10.8.1987 wurde daher ein entsprechender Vertrag zwischen dem Bauamt und der Firma L. geschlossen. Die Bruttoauftragssumme erhöhte sich um folgende Beträge.
- 1. Nachtrag 23.11.1987, DM 4.000,-- brutto;
- 2. Nachtrag 18.03.1988, DM 38.399,81 brutto;
- 3. Nachtrag 23.01.1989, DM 1.395,20 netto;
- 4. Nachtrag 17.10.1988, DM 7.004,16 brutto;
- 5. Nachtrag 06.04.1989, DM 45.882,77 brutto;
- 6. Nachtrag 09.11.1988, DM 65.167,75 brutto;
- 7. Nachtrag 10.05.1989, DM 9.754,69 brutto.
Dem Angeklagten war bewußt, daß er im Auftrag einer Behörde Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Er wußte auch, daß die Annahme von Bargeld für die unzulässige Weitergabe der Namen von "Mitkonkurrenten" und die Bekanntgabe der zur Verfügung stehenden öffentlichen Gelder eine Verletzung der Vergabevorschriften darstellt.
Der Angeklagte erhielt für seine dienstpflichtwidrigen Handlungen die vereinbarten 5 % aus der Nettoauftragssumme nebst Ergänzungsaufträgen. Als Schadenswiedergutmachung bezahlte er an das Bauamt inzwischen 24 182 DM.
2. Mit Ingenieurvertrag vom 27.2.1986 beauftragte die Gemeinde P. den Angeklagten mit der Vor-, Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung, der Vorbereitung der Vergabe, der Mitwirkung bei der Vergabe und der Objektüberwachung hinsichtlich der Elektroinstallation im Neubau des Altenwohnheimes mit Pflegeheim der Gemeinde P.. Das Altenwohnheim ist unterteilt in die Abschnitte Altenheim und Pflegeheim. Das Altenheim wird von der Gemeinde betrieben. Im Spätherbst 1987 vereinbarte der Angeklagte mit dem Prokuristen der Firma L., G., wiederum die Namen der mitbietenden Firmen und die Höhe des Budgets mitzuteilen, wofür er 5 % aus der Nettoauftragssumme erhalten sollte. Am 25.9.1987 stellte der Angeklagte die Firmenvorschlagsliste auf und nannte etwa im Oktober G. die Namen der zur Angebotsabgabe aufzufordernden Firmen. Die Proku...