Leitsatz (amtlich)
Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Einheitspreise auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm geforderten Preise i.S.v. § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A. Deshalb sind Angebote, bei denen der Bieter die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in "Mischkalkulationen" auf andere Leistungspositionen umlegt, grundsätzlich von der Wertung auszuschließen (wie BGH, Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04). Daran ändert auch nichts, dass der Bieter seine "Mischkalkulation" im Rahmen von Nachverhandlungen offen legt.
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 23.08.2004; Aktenzeichen 120.3-3194.1-48-07/04) |
Tenor
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 23.8.2004 zu verlängern, wird abgelehnt.
Gründe
I. Im Rahmen eines auf 25 Mio. Euro geschätzten Projekts zur Verbesserung des Hochwasserschutzes schrieb das Wasserwirtschaftsamt (Vergabestelle) für den Antragsgegner ein Durchlassbauwerk (Los 1) und einen Hochwasserrückhaltedamm (Los 2) im Offenen Verfahren nach VOB/A Europaweit aus. Als Zuschlagskriterien wurden genannt: Preis, Qualität, Wirtschaftlichkeit und technische Beratung. Angebote konnten für beide Lose, aber auch für Einzellose abgegeben werden. Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben jeweils ein Angebot für Los 2 (Hochwasserdamm) ab, die Beigeladene dazu ferner zwei Nebenangebote, von denen eines in die Wertung kam. Bei Angebotseröffnung lag die Antragstellerin im Verhältnis zur Beigeladenen preislich an zweiter, beim nachgerechneten Ergebnis unter Berücksichtigung eines Nachlasses mit 2.109 783,75 Euro an erster Stelle, während das Angebot der Beigeladenen mit einer Gesamtsumme von 2.138.381,19 Euro schließt. Sofern das Nebenangebot der Beigeladenen gewertet wird, läge deren Angebot mit 2.102.543,76 Euro an erster Stelle.
Unter dem 25.6.2004 wurde der Antragstellerin gem. § 13 VgV mitgeteilt, dass der Zuschlag am 10.7.2004 auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Das Angebot der Antragstellerin sei nicht das wirtschaftlichste; i.V.m. einem Nebenangebot sei ein anderes Hauptangebot wirtschaftlicher. Es liege ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vor.
Nach einem Gespräch am 5.7.2004 mit den Mitarbeitern der Vergabestelle, bei dem ihre Einwände nicht ausgeräumt wurden, erhob die Antragstellerin am 6.7.2004 zunächst ergebnislos Rüge, mit der sie insb. die Gleichwertigkeit des Nebenangebots in Zweifel zog.
Die Antragstellerin, die ihr Angebot als zuschlagsfähig ansieht und als das wirtschaftlichste erachtet, hat anschließend noch am 6.7.2004 Nachprüfungsantrag gestellt und zuletzt beantragt, die Vergabestelle zu verpflichten, ihr den Zuschlag zu erteilen, hilfsweise der Vergabestelle aufzugeben, das Vergabeverfahren ordnungsgemäß und unter Berücksichtigung ihres Angebots zu beenden. Die Vergabestelle ist dem entgegengetreten. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer, in der Bedenken gegen die Wertbarkeit des Nebenangebots der Beigeladenen geäußert wurden, hat die Vergabestelle eine ergänzende Wertung ohne dessen Berücksichtigung vorgenommen und erklärt, sie betrachte das Hauptangebot der Beigeladenen als das wirtschaftlichere; sie beabsichtige nun den Zuschlag auch ohne die Wertung des Nebenangebots an die Beigeladene zu vergeben.
Mit Beschluss vom 23.8.2004 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag abgewiesen. Sie hat den Antrag als zulässig angesehen. Dieser sei aber unbegründet. Zwar könne der Sondervorschlag der Beigeladenen nicht als Nebenangebot gewertet werden, weil weder die Bekanntmachung noch die Verdingungsunterlagen Mindestanforderungen an als solche zugelassene Nebenangebote enthielten. Im Verhältnis zum geringfügig preisgünstigeren Angebot der Antragstellerin sei das Hauptangebot der Beigeladenen aber das wirtschaftlichere. Denn das Angebot der Antragstellerin enthalte Spekulationspotential und ein Kostenrisiko bei der Wasserhaltung. Im Übrigen habe die Vergabestelle bei der Prüfung und Wertung der Angebote einen Ermessensspielraum, in den die Vergabekammer nicht eingreifen könne. Ein offenkundiger Fehler der Vergabestelle sei nicht feststellbar; eine Beweisaufnahme dazu, ob die Tatsachenbewertung durch die Vergabestelle zutreffend sei, komme nicht in Betracht.
Gegen den am 25.8.2004 zugestellten Beschluss der Vergabekammer richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 7.9.2004, mit der sie ihr Anliegen, ihrem Angebot den Zuschlag zu erteilen, weiterverfolgt und hilfsweise eine neue Wertung der Angebote zu ihren Gunsten erstrebt. Zugleich begehrt sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer zu verlängern.
Der Antragsgegner hält an seiner Absicht fest, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben, und widersetzt sich auch dem Verlangen der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Bes...