Leitsatz (amtlich)
1. § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB erfasst als zulässige Form der formellen Subventionserheblichkeit auch die Bezeichnung der subventionserheblichen Tatsache durch den Subventionsgeber aufgrund von § 2 SubvG in einer - zugangsbedürftigen - Erklärung gegenüber dem Subventionsnehmer.
2. Benennt der Subventionsgeber im Antrag eindeutig eine konkrete Voraussetzung, ohne deren Vorliegen die Subvention nicht erteilt wird, ist dem Erfordernis von § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB hinreichend Genüge getan.
Normenkette
StGB § 264
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 24.02.2022; Aktenzeichen 22 Ns 513 Js 1366/20) |
Tenor
I.
Die Revision der Angeklagten W... gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. Februar 2022 wird als unbegründet verworfen.
II.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Gründe
1. Entgegen dem Vorbringen der Revision ist die Beweiswürdigung der Strafkammer nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die finanzielle Lage der Angeklagten vor dem Ausbruch der Corona-Krise nachvollziehbar dargelegt. Grundlage für die Definition eines "Unternehmens in Schwierigkeiten" im Antrag vom 21. März 2020 sind die Leitlinien für staatliche Beihilfen für Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (veröffentlicht im Amtsblatt der EU 2014/C 249/01 vom 31. Juli 2014, dort Punkt 20). Danach befindet sich ein Unternehmen unter anderem dann in Schwierigkeiten, wenn das Unternehmen die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag seiner Gläubiger erfüllt. Eine entsprechende Formulierung gilt über die Verweisung auf Art. 2 Abs. 18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014) für den Antrag vom 1. April 2020. Allgemeiner Eröffnungsgrund ist nach §§ 16, 17 Abs. 1 InsO die Zahlungsunfähigkeit; anders als beim Eröffnungsgrund der Überschuldung (vgl. § 19 Abs. 2 S. 1 InsO) ist dafür keine negative Fortführungsprognose erforderlich (§ 17 Abs. 2 InsO). Auf die subjektive Erwartung höherer Umsätze für das Jahr 2020 und auf die Mitursächlichkeit der Corona-Pandemie-Situation für weitere Umsatzeinbußen im Jahr 2020 kommt es insoweit nicht an.
2. Zutreffend ist die Strafkammer zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei den beantragten Soforthilfen jeweils um Subventionen gemäß § 264 Abs. 8 StGB handelt (BGH, Beschluss vom 4. Mai 2021 - 6 StR 137/21-, juris Rn. 5). Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte hätte in ihren Anträgen in zwei selbständigen Fällen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 StGB gegenüber dem Subventionsgeber für sie vorteilhafte unrichtige Angaben über vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnete Tatsachen (§ 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB) gemacht, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat insoweit im Ergebnis zutreffend das Vorliegen von durch den Subventionsgeber "auf Grund eines Gesetzes" als subventionserheblich bezeichneten Tatsachen bejaht. Entgegen der Rechtsauffassung der Generalstaatsanwaltschaft und der Beschwerdeführerin bedurfte die Bezeichnung des Ausschlusstatbestands eines bereits vor dem 11. März 2020 in - im Antragsformular ausreichend definierte - wirtschaftliche Schwierigkeiten gelangten Unternehmens im Zusammenhang mit der Antragstellung am 21. März 2020 nicht des wörtlichen Zusatzes "subventionserheblich". Vielmehr war die wirtschaftliche Gesundheit des Unternehmens vor dem Stichtag vom Subventionsgeber im Antragsformular ausdrücklich und hinreichend eindeutig als subventionserhebliche Fördervoraussetzung aufgeführt und von der Angeklagten in ihrem Antrag anerkannt worden.
Im einzelnen:
a) Nach § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB sind subventionserheblich die Tatsachen, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind. Auch die Vorschrift von § 2 SubvG stellt eine gesetzliche Grundlage für die Bestimmung subventionserheblicher Tatsachen durch den jeweiligen Subventionsgeber dar (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16 -, juris Rn. 115 zu § 264 StGB a.F.). Die Vorschrift bildet für Subventionen des Bundes eine Ermächtigung an die Verwaltung, subventionserhebliche Tatsachen zu bezeichnen (BT-Drucks. 7/5291, S. 13; Burgert/Wagner StraFo 2020, 280 ff., S. 287). Gemäß Art. 1 des Bayerischen Strafrechtsausführungsgesetzes (BayStrAG) vom 13. Dezember 2016 gilt das Subventionsgesetz auch für Leistungen nach Landesrecht, die Subventionen im Sinne des § 264 StGB darstellen. Entsprechende Zuwendungsbescheide werden dann durch § 2 SubvG i.V.m. Art. 1 BayStrAG legitimiert und ergehen "auf Grund eines Gesetzes" im Sinne von § 264 Abs. 9 Nr. 1 Alt. 2 StGB (vgl. BGH a.a.O. Rn. 116 zu § 1 des Gesetzes gegen missbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juli 1995). Der Bezeichnung durch ...