Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Das Fällen von einzelnen Bäumen in einer Wohnanlage mit rund 60 Bäumen bedarf nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die Maßnahme kann vielmehr mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.
2. Innerhalb des Rahmens ordnungsmäßiger Verwaltung steht den Wohnungseigentümern bei der Gartenpflege ein gewisser Ermessensspielraum zu. Dies gilt umso mehr, als bei Gartenanlagen das zu erwartende Absterben oder Wachstum von Gewächsen nicht stets mit Sicherheit voraussehbar ist.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Augsburg (Aktenzeichen 7 T 1478/00) |
AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 259/98) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 30. November 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus mehreren Häusern bestehenden Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Auf dem Gelände stehen rund 60 Bäume.
Die Wohnungseigentümer beschlossen, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung, am 12.11.1998, daß eine jeweils näher bezeichnete Erle und Birke sowie ein bestimmter Ahornbaum entfernt werden sollen.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 14.3.2000 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 30.11.2000 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Entfernung der Bäume habe als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können.
Der Eigentümerbeschluß über das Fällen des Ahorns sei nicht zu beanstanden, da sich der Baum, wie der Sachverständige ausgeführt habe, in einem „desolaten Zustand” befinde. Der Baum drohe über kurz oder lang zusammenzubrechen; von ihm gingen somit Gefahren für das gemeinschaftliche Eigentum und für Personen aus.
Auch der Eigentümerbeschluß über das Entfernen einer näher bezeichneten Erle und einer Birke sei nicht für ungültig zu erklären. Beide Bäume befänden sich jeweils in einer Gruppe von Bäumen. Diese Bäume stünden zu nah beieinander; die Entfernung jeweils eines Baumes gebe den verbleibenden Bäumen bessere Wachstumschancen. Der Wuchs kräftigerer und schönerer Bäume liege im Gemeinschaftsinteresse.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) In der Wohnanlage stehen rund 60 Bäume. Das Fällen von drei dieser Bäume bedarf nicht der Zustimmung aller Wohnungseigentümer gemäß § 22 Abs. 1 WEG. Die von den Wohnungseigentümern beschlossene Maßnahme dient vielmehr der Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und kann als solche mit Stimmenmehrheit gemäß § 21 Abs. 3 WEG getroffen werden (BayObLGZ 1985, 164/167; BayObLG WuM 1996, 493 f.).
b) Der Eigentümerbeschluß entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.
Das Landgericht hat festgestellt, der Ahorn befinde sich in einem „desolaten Zustand” und drohe über kurz oder lang zusammenzubrechen. Hinsichtlich der Erle und der Birke ist das Landgericht zum Ergebnis gekommen, daß deren Entfernung für die bessere Wachstumsentwicklung der jeweils benachbarten Bäume zweckdienlich sei. An die Tatsachenfeststellungen des Tatrichters ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden. Die Beweiswürdigung kann es nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO); solche liegen nicht vor. Das Amtsgericht hat ein schriftliches Sachverständigengutachten erholt; der Sachverständige wurde in der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht angehört. Weitere Ermittlungen waren nicht geboten.
Innerhalb des Rahmens ordnungsmäßiger Verwaltung steht den Wohnungseigentümern ein gewisser Ermessens Spielraum bei der Gartenpflege zu (BayObLGZ 1985, 164/167). Dieser Spielraum ist mit dem Beschluß, daß die drei Bäume gefällt werden sollen, nicht überschritten worden. Dies gilt umso mehr, als bei Gartenanlagen das zu erwartende Absterben oder Wachstum von Gewächsen nicht stets mit Sicherheit voraussehbar ist (vgl. OLG Hamm ZMR 1996, 218/221).
c) Mit ihrem Vorbringen, die von den Vorinstanzen für die Entfernung der Bäume angegebenen Gründe seien nicht Gegenstand der Beratung der Eigentümerversammlung vom 12.11.1998 gewesen, kann die Antragstellerin keinen Erfolg haben. Tatsächliche Grundlage der Ermessensentscheidung des Gerichts ist der gesamte vorgetragene Streitstoff sowie die von Amts wegen ermittelten Tatsachen (Staudinger/Wenzel WEG § 43 Rn. 47). Dies hat das Landgericht beachtet. Zu Recht hat es den Gründen keine Bedeutung beigemessen, die in der Eigentümerversammlung vom 12....