Entscheidungsstichwort (Thema)
Reparaturkosten, Gerichtsstand, Schadensersatzanspruch, Antragsgegner, Gerichtsstandsbestimmung, Klage, Bestimmung, Anspruch, Verweisung, Schaden, Verfahren, Beseitigung, Beweisverfahren, Klageerhebung, besonderer Gerichtsstand, Verweisung des Rechtsstreits, beabsichtigte Rechtsverfolgung
Leitsatz (amtlich)
Erhebt ein anwaltlich beratener Kläger gegen einen Beklagten an dessen allgemeinen Gerichtsstand Klage, obwohl er bereits ankündigt, noch einen weiteren Schuldner gerichtlich in Anspruch nehmen zu wollen, und ist für beide potentielle Beklagte ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand (hier: Ort der unerlaubten Handlung) unschwer feststellbar, kommt eine nachträgliche Gerichtsstandsbestimmung nicht mehr in Betracht; mit der Klage übt der Kläger bindend sein Wahlrecht aus, auch wenn er den Namen und die Anschrift des weiteren Schuldners noch nicht kennt.
Tenor
Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die im Bezirk des Landgerichts Karlsruhe wohnhafte Antragstellerin fordert mit ihrer zum Landgericht München I erhobenen Klage vom 24. Juni 2020 vom dem in München ansässigen Antragsgegner zu 1) Ersatz des Schadens, der ihr wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs durch den Antragsgegner zu 2), einen Pannenhelfer des Antragsgegners zu 1), entstanden sein soll.
Streitgegenständlich ist ein Schaden an einem Mercedes-Cabrio. Die Antragstellerin trägt vor, sie sei am 19. März 2019 in Niederkrüchten (Landgerichtsbezirk Mönchengladbach) bei Bekannten zu Besuch gewesen, als das Dach ihres Cabrios beim Versuch der Öffnung nicht mehr funktioniert habe. Sie habe den Pannendienst des Antragsgegners zu 1) zu Hilfe gerufen. Dessen Mechaniker, der Antragsgegner zu 2), habe das halb geöffnete Dach durch grob fehlerhaftes Vorgehen beschädigt, indem er versucht habe, dieses gewaltsam ohne Abschaltung der Hydraulik zu schließen. Dadurch sei es zu Bruchschäden gekommen, für deren Beseitigung die Antragstellerin Reparaturkosten in Höhe von 10.944,48 EUR aufwenden müsse. Zudem verlangt sie eine Nutzungsentschädigung und einen pauschalen Ausgleich für entstandene Kosten.
Dem Hauptsacheverfahren vorangegangen war ein selbständiges Beweisverfahren, das das von der Antragstellerin angerufene Landgericht Karlsruhe auf Rüge der örtlichen Zuständigkeit mit Beschluss vom 30. August 2019 an das Landgericht München I verwiesen hat. Bereits im selbständigen Beweisverfahren hat die Antragstellerin angekündigt, den Pannenhelfer, dessen Anschrift der Antragsgegner zu 1) aus "datenschutzrechtlichen Gründen" nicht nenne, ebenfalls als Deliktsschuldner zu verklagen, sofern dieser von der Gegenseite als Zeuge benannt werde.
Nachdem der Antragsgegner zu 1) in der Klageerwiderung ein unsachgemäßes Vorgehen des Pannenhelfers bestritten und diesen als Zeugen benannt hatte, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. August 2020 die Klage auf den in Korschenbroich im Landgerichtsbezirk Düsseldorf wohnhaften Antragsgegner zu 2) erweitert. Wie vorab angekündigt, hat der Prozessbevollmächtigte, der mittlerweile beide Antragsgegner vertritt, in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2020 für den Antragsgegner zu 2) die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I gerügt.
Hierauf hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2020 beantragt, dass das Bayerische Oberste Landesgericht das Landgericht München gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, es sei zweckmäßig, prozesswirtschaftlich und auch prozessökonomisch, dass das bereits befasste Landgericht für beide Beklagte als zuständiges Gericht bestimmt werde, zumal beide Streitgenossen von einer Anwaltskanzlei vertreten würden. Es sei der Antragstellerin nicht zumutbar, dass die Klage in zwei Verfahren aufgesplittert werde.
Hilfsweise werde beantragt, den gesamten Rechtsstreit an das Landgericht Mönchengladbach zu verweisen, das für beide Beklagte nach § 32 ZPO zuständig sei.
Der Antragsgegner zu 2) meint, es sei ihm nicht zumutbar, in den laufenden Prozess einbezogen zu werden. Im Hinblick auf das im selbständigen Beweisverfahren erholte Sachverständigengutachten sei der Rechtsstreit schon zu weit fortgeschritten für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 ZPO. Der Antragsgegner zu 1) widersetzt sich einer Verweisung des gesamten Rechtsstreits an ein anderes Gericht. Einen gemeinsamen Gerichtsstand nach § 32 ZPO hätte die Klägerin bereits bei Klageerhebung berücksichtigen können.
Mit Verfügung vom 29. März 2021 hat das Landgericht die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung über den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorgelegt.
II. Der Antrag auf Gerichtsstandsbestimmung ist zurückzuweisen, da es einen gemeinsamen besonderen Gerichtsstand gibt, den die Klägerin bei Klageerhebung hätte wählen können.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für das Bestimmungsverfahren zuständig. Die Antragsgegner haben ihren jeweiligen allgemeinen Ger...