Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentum: Errichtung eines überdachten Sitzplatzes auf einer Gartenfläche. Beseitigung

 

Orientierungssatz

(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Ein Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche beinhaltet nicht das Recht zur Errichtung eines überdachten und durch Glaswände seitlich abgeschlossenen Sitzplatzes, durch den der optische Gesamteindruck der Wohnanlage beeinträchtigt wird.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 09.03.1992; Aktenzeichen 3 T 136/91)

AG Forchheim (Beschluss vom 19.08.1991; Aktenzeichen UR II 65/90)

 

Tenor

  • Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 9. März 1992 wird zurückgewiesen.
  • Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
  • Der Geschäftswert für das amtsgerichtliche Verfahren wird auf 22.514 DM, der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren und für das Beschwerdeverfahren auf 15.000 DM festgesetzt. Insoweit werden der Beschluß des Landgerichts und der Beschluß des Amtsgerichts vom 19. August 1991 abgeändert.
 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer eines Zweifamilienhauses. Dem Antragsteller gehört die im Erdgeschoß liegende, den Antragsgegnern die darüber liegende Wohnung.

In § 2 der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung ist u.a. bestimmt:

Das alleinige und ausschließliche Nutzungsrecht an den nicht von den Bauwerken belegenen Flächen mit Ausnahme der Zufahrtswege und Zugangsfläche steht dem jeweiligen Eigentümer der Eigentumswohnung Nr. 1 (= Erdgeschoßwohnung) alleine zu.

Der Antragsteller errichtete im Jahre 1986 einen an die Hauswand anschließenden überdachten und durch Glaswände seitlich abgeschlossenen Sitzplatz. Im Jahr 1990 stellte er den Bauantrag, das Dach dieses Sitzplatzes verlängern zu dürfen.

Auf die im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr interessierenden Anträge des Antragstellers hin haben die Antragsgegner beantragt, den Antragsteller zu verpflichten, den auf dem Gemeinschaftseigentum von ihm errichteten Sitzplatzanbau zu entfernen und es zu unterlassen, dessen Dach zu verlängern. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 19.8.1991 diesem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Beschluß vom 9.3.1992 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine sofortige weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

  • Das Landgericht hat ausgeführt:

    Der Anbau müsse beseitigt, das Dach dürfe nicht verlängert werden. Beide Maßnahmen stellten bauliche Veränderungen dar. Das durch die Teilungserklärung eingeräumte Recht zur ausschließlichen Nutzung der unbebauten Grundstücksfläche schließe nicht das Recht ein, bauliche Veränderungen vorzunehmen. Dem Beseitigungsverlangen stehe auch nicht der Grundsatz der Verwirkung entgegen. Bereits im Bauantragsverfahren hätten sich die Antragsgegner mit Schreiben vom 6.8.1986 gegen den Anbau ausgesprochen. Auch danach hätten sie sich mehrfach gegen den Anbau gewandt. Der Antragsteller habe deshalb nicht davon ausgehen können, daß die Antragsgegner mit der Errichtung des Sitzplatzes einverstanden seien. Abgesehen davon fehle es auch an dem für eine Verwirkung erforderlichen Zeitablauf. Das Beseitigungsverlangen sei auch nicht rechtsmißbräuchlich. Der Abriß des Anbaus sei nicht unbillig; durch ihn werde nämlich das optische Gesamtbild des Anwesens beeinträchtigt.

  • Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Beseitigungs- und Unterlassungsantrag ist nach § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, § 14 Nr. 1 WEG begründet.

    • Der Anbau und die beabsichtigte Verlängerung seines Daches stellen bauliche Veränderungen im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar. Die Rechte der Antragsgegner werden durch sie über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch in einer nachteiligen Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks der Wohnanlage bestehen. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß dies hier der Fall ist. Für die Errichtung des Anbaus wäre somit die Zustimmung der Antragsgegner nach § 22 Abs. 1 WEG erforderlich gewesen; sie ist auch notwendig für die Verlängerung des Dachs.
    • Das dem Antragsteller eingeräumte Sondernutzungsrecht gibt ihm nur die Befugnis zu solchen Maßnahmen, die für die Antragsgegner keine Nachteile bedeuten, die ihnen nicht schon durch die Begründung des Rechts entstanden sind; es beinhaltet somit nicht das Recht zu den bereits durchgeführten oder geplanten baulichen Veränderungen (BayObLGZ 1985, 164/169 f.; BayObLG MittBayNot 1985, 205 f.; NJW-RR 1988, 591).
    • Der Beseitigungsanspruch ist entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich n...

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