Leitsatz (amtlich)
Die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB gilt auch, wenn der Verfahrenspfleger ausnahmsweise Ersatz seiner Aufwendungen nach den Vergütungsvorschriften der BRAGO verlangen kann.
Normenkette
BGB § 1835; FGG § 67 Abs. 3
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 31.03.2003; Aktenzeichen 13 T 5865/03) |
AG München (Aktenzeichen 706 XVII 09712/97) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 31.3.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für die Betroffene besteht wegen einer paranoid-halluzinatorischen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis eine Betreuung, die unter anderem den Aufgabenkreis Vermögenssorge umfasst.
Am 28.1.1999 bestellte das AG der Betroffenen einen Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung ihrer Interessen bei der vergleichsweisen Beendigung zweier Rechtsstreite in Österreich, durch die ein hälftiger Miteigentumsanteil der Betroffenen an einem in Österreich gelegenen Grundstück auf ihre frühere Schwiegermutter, der die andere Hälfte gehörte, zur Abgeltung von gegen die Betroffene geltend gemachten Zahlungsansprüchen übertragen werden sollte.
Der Vergleich wurde am 6.10.1999 geschlossen und vom AG am 19.1.2000 im Einvernehmen mit dem Verfahrenspfleger vormundschaftsgerichtlich genehmigt.
Am 20.8.2002 beantragte der Verfahrenspfleger die Festsetzung des Gegenstandswerts für seine Gebührenrechnung. Am 29.8.2002 hob das AG die Verfahrenspflegschaft auf. Am 14.11.2002 setzte es den Gegenstandswert für die Verfahrenspflegschaft auf 51.000 Euro fest.
Mit Honorarnote vom 15.12.2002, eingegangen bei Gericht am 18.12.2002, beantragte der Verfahrenspfleger Aufwendungsersatz i.H.v. 2.205,62 Euro. Dieser Betrag setzt sich aus einer 7,5/10-Geschäftsgebühr und einer 10/10-Vergleichgebühr zzgl. Mehrwertsteuer nach den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), fußend auf dem festgesetzten Gegenstandswert, zurückgerechnet in DM, zusammen.
Das AG wies den Vergütungsantrag am 26.2.2003 als verfristet zurück. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Verfahrenspflegers hat das LG am 31.3.2003 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Verfahrenspflegers.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Sie wurde insb. vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen (§ 56 g Abs. 5 S. 2, § 67 Abs. 3 S. 3 FGG).
In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
1. Das LG hat ausgeführt, die Ersatzansprüche des Verfahrenspflegers für seine Aufwendungen seien erloschen, weil sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung gerichtlich geltend gemacht worden seien. Die Ansprüche seien im Zeitpunkt des Tätigwerdens für die Betroffene entstanden, jedenfalls nicht nach dem 19.1.2000, dem Zeitpunkt der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung des in Österreich geschlossenen Vergleichs. Die Geltendmachung der Ansprüche ggü. dem AG sei erst am 18.12.2002 erfolgt. Die Ausschlussfrist von 15 Monaten gelte auch, wenn der Verfahrenspfleger ausnahmsweise nach den Vorschriften der BRAGO abrechnen dürfe.
2. Trotz des Ausschlusses des § 1835 Abs. 3 BGB in § 67 Abs. 3 S. 2 FGG können Rechtsanwälte die Wahrnehmung bestimmter Einzelaufgaben im Rahmen einer Tätigkeit als Verfahrenspfleger ausnahmsweise über § 1835 Abs. 3 BGB nach den Vorschriften der BRAGO abrechnen (vgl. BT-Drucks. 13/158, 41; BVerfG v. 15.12.1999 – 1 BvR 1904/95, FamRZ 2000, 345 [347]; BtPrax 2000, 120 [122]; BGH v. 17.9.1998 – IX ZR 237/97, BGHZ 139, 309 [311 f.] = AG 1999, 80 = GmbHR 1998, 1133 = MDR 1998, 1435; BayObLG FamRZ 2002, 1201). Ist eine solche Abrechnung auf der Grundlage der BRAGO zulässig (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. BayObLG, Beschl. v. 6.3.2003 – 3Z BR 230/02 – bisher unveröffentlicht), gilt gleichwohl die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB. Diese Vorschrift findet auch auf den Aufwendungsersatzanspruch des Verfahrenspflegers Anwendung (§ 67 Abs. 3 S. 2 FGG, § 1908 i Abs. 1 S. 1 BGB; OLG Koblenz v. 2.4.2002 – 9 WF 604/01, FamRZ 2002, 1355, und v. 17.5.2002 – 13 WF 224/02, FamRZ 2003, 168). § 1835 Abs. 3 BGB bezieht die berufsspezifischen Dienste eines Vormunds in den Kreis der Aufwendungen ein, deren Ersatz in § 1835 Abs. 1 BGB näher geregelt ist. Dies gilt, wendet man § 1835 Abs. 3 BGB ausnahmsweise entgegen dem Wortlaut des § 67 Abs. 3 S. 2 FGG auf die Tätigkeit des Verfahrenspflegers an, auch für dessen Ersatzansprüche nach dieser Vorschrift.
Es besteht auch kein Bedürfnis, die Abrechnung nach BRAGO in Ansehung der Ausschlussfrist ggü. der Abrechnung nach den Stundensätzen des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern zu privilegieren. Die Abrechnung nach BRAGO ist im Regelfall einfacher und damit schneller zu erstellen, da sie wertabhängig ist und daher die häufig aufwändige Erfassung und Zusammenstellung der aufgewendeten Zeit wegfällt. Durch die Anwendung der Ausschlu...