Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses. Richterablehnung
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts … vom 20. Mai 1988 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Antragstellerin und Antragsgegner sind die Mitglieder einer Wohnungs- und Teileigentumsgemeinschaft.
Die Antragstellerin hat beantragt, einen Eigentümerbeschluß vom 1.3.1988 für ungültig zu erklären, in dem der Eigentümerin bzw. den Betreibern der Gewerbeeinheit Nr. 10 das Recht eingeräumt wurde, den bisherigen Cafébetrieb mit Imbiß (Bistro) im bisherigen Umfang weiter zu betreiben.
Die Richterin am Amtsgericht hat am 21.3.1988 zusammen mit der Terminsladung auf 19.4.1988 folgende Verfügung erlassen:
Das Gericht erwägt, durch einstweilige Anordnung gemäß § 44 Abs. 3 WEG die aufschiebende Wirkung der Beschlußanfechtung herzustellen, wodurch der Beschluß zunächst wirkungslos würde. Hierzu kann bis 28.3.1988 Stellung genommen werden.
Die Antragsgegner haben zu der der Verwalterin als Zustellungsvertreterin am 23.3.1988 zugestellten Verfügung und zu dem Vorbringen der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 24./28.3.1988 Stellung genommen. Am 18.4.1988 haben sie die Richterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und dies wie folgt begründet:
Für die erwogene einstweilige Anordnung habe kein Bedürfnis bestanden. Die Frist zur Stellungnahme sei unangemessen kurz gewesen. Trotz des Schriftsatzes vom 24.3.1988 habe die Richterin weiterhin eine einstweilige Anordnung als möglich bezeichnet.
Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich auch daraus, daß die Richterin in derselben Angelegenheit mit Beschluß vom 27.2.1986 schön einmal zugunsten der Antragstellerin entschieden habe, ohne daß sie sich mit den einschlägigen Fragen auseinandergesetzt habe.
Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluß vom 20.5.1988 zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben gegen den Beschluß sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist als sofortige Erstbeschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs zulässig, aber nicht begründet.
Die Ablehnung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit findet auch im Wohnungseigentumsverfahren als einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; die §§ 42 ff. ZPO sind entsprechend anwendbar (BayObLGZ 1974, 446/447 m.w.Nachw.; BayObLG ZMR 1987, 67).
a) Entsprechend anwendbar ist auch § 43 ZPO (BayObLGZ 1974, 131/134; BayObLG Beschluß vom 20.9.1985 BReg. 3 Z 124/85; OLG Köln OLGZ 1974, 421/422 ff.; Jansen FGG 2. Aufl. § 6 Rn. 17). Danach kann ein Beteiligter einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn er sich bei ihm, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.
Jedenfalls soweit die Ablehnung auf die Verfügung vom 19.4.1988 gestützt wird, haben die Antragsgegner ihr Ablehnungsrecht gemäß § 43 ZPO verloren. Sie haben in dem Schriftsatz vom 24./28.3.1988 in Kenntnis der von ihnen später geltend gemachten Ablehnungsgründe Ausführungen zur Sache gemacht und Anträge gestellt. Der Verlust des Ablehnungsrechts ist mit der Einreichung des Schriftsatzes eingetreten; dieser Zeitpunkt tritt in einem Verfahren ohne obligatorische mündliche Verhandlung an die Stelle der Einlassung und der Antragstellung in der Verhandlung selbst (§ 44 Abs. 1 WEG; vgl. auch Jansen a.a.O.). Die Kenntnis des Vertreters vom Ablehnungsgrund steht der Kenntnis des Beteiligten gleich (Jansen a.a.O.).
Auch die Person des Richters war den Antragsgegnern oder deren Verfahrensbevollmächtigten durch die Verfügung vom 21.3.1988 bekannt. Sie wußten schon bei Einreichung des Schriftsatzes, daß die Richterin …, in deren Verhalten sie den Ablehnungsgrund sahen, für die Behandlung und Entscheidung der Sache zuständig sein würde. Darauf, ob die Richterin den Antragsgegnern oder deren Verfahrensbevollmächtigten persönlich bekannt war, kommt es nicht an.
b) Die weiteren von den Antragsgegnern angeführten Gründe können die Ablehnung der Richterin … gleichfalls nicht rechtfertigen. Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei muß es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Gesuchstellers scheiden daher aus (BayObLGZ 1974, 446/447 m.w.Nachw.; BayObLG ZMR 1987, 67). Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen eines Richters sind grundsätzlich kein Ablehnungsgrund...