Leitsatz (amtlich)
Zu dem Erfordernis der Streitgenossenschaft bei der Gerichtsstandsbestimmung entspr. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für ein selbstständiges Beweisverfahren.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, §§ 60, 485 ff.
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Aktenzeichen 3 H 28/02) |
Tenor
Als für das selbstständige Beweisverfahren gemeinsam zuständiges Gericht wird das LG Nürnberg-Fürth bestimmt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat am 21.9.2001 einen Oldtimer für 17.762 DM gekauft. „Grundlage für den Kaufpreis” waren nach seiner Darstellung ihm vom Verkäufer vorgelegte Unterlagen, nämlich eine „Fahrzeugwertermittlung” der Antragsgegner zu 1) und 2), wonach der Oldtimer 15.000 DM wert sei, und die Begutachtung des Antragsgegners zu 3) (TÜV) gem. § 21 StVZO.
Mit Schriftsatz vom 16.5.2002 hat er beim AG Hersbruck, bei dem die Antragsgegner zu 1) und 2) ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, einen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens durch schriftliches Gutachten eines Kraftfahrzeugsachverständigen gestellt, mit dem er beweisen will, dass der Oldtimer in den Gutachten der Antragsgegner nicht berücksichtigte schwere Mängel hatte, weswegen der tatsächliche Wert des Fahrzeugs nur ca. 2.000 DM betrage. Der Antragsteller meint, gegen alle drei Antragsgegner Ansprüche „auf Schadensersatz aus § 328 BGB analog aus dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte” i.H.v. 13.000 DM (6.646,79 Euro) zu haben.
Mit an das BayObLG gerichteten Schriftsätzen vom 24.6. und 25.7.2002 hat er beantragt, für das selbstständige Beweisverfahren das LG Nürnberg-Fürth als auch für den Antragsgegner zu 3) – der seinen allgemeinen Gerichtsstand beim LG Stuttgart hat – zuständiges Gericht zu bestimmen.
Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegengetreten; sie bestreiten vor allem, dass der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach bestehe.
II. 1. Für die Entscheidung über den Bestimmungsantrag ist nach § 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO das BayObLG zuständig, da der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners zu 3) außerhalb Bayerns liegt und ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befasst war.
2. Auch für ein selbstständiges Beweisverfahren kann, wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist (vgl. § 486 Abs. 2 ZPO), das zuständige Gericht entspr. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt werden (vgl. BayObLG BayObLGZ 1991, 343 [344 f.]; v. 20.10.1998 – 1Z AR 75/98, NJW-RR 1999, 1010). Ob ein gemeinsamer besonderer oder allgemeiner Gerichtsstand gegeben ist, ergibt sich in diesem Fall im Hinblick auf § 486 Abs. 2 ZPO, also danach, ob ein solcher für den entsprechenden Rechtsstreit gegeben wäre.
Der Gerichtsstandsbestimmung steht nicht entgegen, dass das selbstständige Beweisverfahren bereits anhängig ist (vgl. BayObLG v. 20.4.1993 – 1 Z AR 5/93, BayObLGZ 1993, 170 [171]; Beschl. v. 25.6.1998 – 1Z AR 37/98 unter II. 2.b).
3. Ebenso wie bei Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für das Klageverfahren die Schlüssigkeit der Klage nicht zu prüfen ist (BayObLG v. 28.10.1997 – 1Z AR 74/97, MDR 1998, 180 [181]), ist bei Bestimmung des zuständigen Gerichts für ein selbstständiges Beweisverfahren die Zulässigkeit des Antrags nach § 485 ZPO nicht zu prüfen, da darüber erst das zuständige Gericht entscheiden kann (BayObLG BayObLGReport 2002, 425 NJW-RR 1999, 1010).
4. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO setzt voraus, dass die mehreren Personen als Streitgenossen verklagt werden sollen. Die Voraussetzungen eines Tatbestands der Streitgenossenschaft müssen schlüssig vorgetragen sein, auch wenn die Schlüssigkeit der Klage darüber hinaus nicht geprüft wird (BayObLG v. 28.10.1997 – 1Z AR 74/97, MDR 1998, 180 [181]; Beschl. v. 26.4.2002 – 1Z AR 30/02 BayObLGReport 2002, 425, unter II. 3.). Auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift auf das selbstständige Beweisverfahren muss dieses Erfordernis grundsätzlich gegeben sein. Im Hinblick auf die Eigenart des selbstständigen Beweisverfahrens genügt es bei der entsprechenden Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf dieses aber, dass eine Klage gegen die mehreren Antragsgegner des selbstständigen Beweisverfahrens als Streitgenossen – unter Umständen je nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens – in Betracht kommt (vgl. BayObLG v. 20.10.1998 – 1Z AR 75/98, NJW-RR 1999, 1010). Insoweit muss, da die Schlüssigkeit der Klage, von den Tatbestandsvoraussetzungen der Streitgenossenschaft abgesehen, nicht geprüft wird, vom Rechtsstandpunkt des Antragstellers ausgegangen werden. Dieser meint, dass die beiden Gutachten jeweils aufgrund von (zivilrechtlichen) Verträgen des Verkäufers des Oldtimers mit den Antragsgegnern zu 1) und 2) bzw. dem Antragsgegner zu 3) erstellt worden seien, in deren Schutzbereich er als jemand, dem ggü. diese Gutachten verwendet werden sollten, einbezogen gewesen sei, so dass er von den Antragsgegnern Schadensersatz wegen Verletzung der von diesen vertraglich übernommenen Pflicht, die Gutachten sorgfältig zu erstatten, verlangen könne. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung bil...