Leitsatz (amtlich)

1. Werden einem Rechtsanwalt Verfahrenskosten auferlegt, weil er als vollmachtloser Vertreter aufgetreten sein soll, kann er sich dagegen ohne Beschränkung durch § 20a Abs. 1 FGG mit dem Rechtsmittel der Beschwerde wehren.

2. In der Regel hat der unterlegene Wohngeldschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahrenskosten zu tragen. Hat er ausnahmsweise keinen Anlass dafür gegeben, dass ein Rechtsanwalt für ihn im Verfahren auftritt und die Abweisung des Antrags beantragt, sind die Kosten dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen. Steht ein solcher Ausnahmefall nicht fest, hat es hinsichtlich der Kostenentscheidung beim Regelfall zu verbleiben.

 

Normenkette

WEG § 47; ZPO § 88; FGG § 20a

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 24.04.2003; Aktenzeichen 1 T 7224/02)

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 175/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss des LG München I vom 24.4.2003 in Nr. 2 dahingehend abgeändert, dass die Antragsgegnerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem AG zu tragen hat.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin machte in Verfahrensstandschaft für die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage gegen die Antragsgegnerin rückständiges Wohngeld geltend. Das AG hat mit Beschluss vom 28.3.2002 dem Antrag stattgegeben und der Antragsgegnerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten auferlegt. Das LG hat am 24.4.2003 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin die Kostenentscheidung des AG dahingehend abgeändert, dass der weitere Beteiligte, der für die Antragsgegnerin im Verfahren vor dem AG als Rechtsanwalt aufgetreten ist, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz zu tragen hat. Im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen und ihr die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Gegen diesen Beschluss hat der weitere Beteiligte Beschwerde insoweit eingelegt, als ihm die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten erster Instanz auferlegt worden sind.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Werden wie hier Verfahrenskosten einem Rechtsanwalt auferlegt, weil er als vollmachtloser Vertreter aufgetreten sein soll, kann er sich dagegen ohne Beschränkung durch § 20a Abs. 1 FGG, also unabhängig davon, ob die Wertgrenze von 100 Euro überstiegen wird, mit dem Rechtsmittel der Beschwerde wehren (BayObLGZ 1972, 1 [3]; OLG Oldenburg JR 1965, 427; Stein-Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 88 Rz. 15). Offen bleiben kann, ob die Beschwerde befristet ist, da der weitere Beteiligte gegen den ihm am 6.5.2003 zugestellten Beschluss am 8.5.2003 Rechtsmittel eingelegt hat.

2. Die Beschwerde ist begründet.

a) Kostenregelungen wie § 47 WEG oder § 91 ZPO legen die Vermutung zugrunde, dass der unterlegene Beteiligte den Rechtsstreit verursacht hat. Hat aber ein Beteiligter – ausnahmsweise – keinen Anlass für das Verfahren gegeben, so sind die genannten Vorschriften entspr. dahin anzuwenden, dass die Kosten demjenigen aufzuerlegen sind, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat (BGH v. 4.3.1993 – V ZB 5/93, MDR 1993, 1249 = NJW 1993, 1865; BayObLG v. 6.5.1999 – 2 Z BR 26/99, NJW-RR 1999, 1686 f.; Stein-Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 88 Rz. 14).

b) Hier steht nicht fest, dass ein solcher Ausnahmefall vorliegt; es hat deshalb bei dem Regelfall zu verbleiben, dass dem unterlegenen Wohngeldschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem AG aufzuerlegen sind.

Der Behauptung der Antragsgegnerin, der weitere Beteiligte sei für sie im Verfahren vor dem AG ohne Vollmacht aufgetreten, steht die Einlassung des weiteren Beteiligten entgegen, die Antragsgegnerin habe sein Tätigwerden veranlasst. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, welcher Erklärung der Vorzug zu geben ist. Jedenfalls ist aber festzuhalten, dass die Antragsgegnerin durch die Nichtzahlung des Wohngelds das Verfahren vor dem AG veranlasst hat und dass ihre Beschwerde gegen die sie zur Zahlung verpflichtende Entscheidung des AG kaum folgerichtig erscheint. Wenn der weitere Beteiligte ohne Vollmacht gehandelt hat, hätte es nahe gelegen, nicht sofortige Beschwerde einzulegen, sondern wegen der Verfahrenskosten bei ihm Regress zu nehmen. Das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des AG hatte überdies die zwangsläufige Folge, dass die Antragsgegnerin als im Beschwerdeverfahren Unterlegene die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten dieses Verfahrens zu tragen hat. Es erscheint somit durchaus möglich, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdeeinlegung Ziele verfolgte, die über den Angriff gegen die Kostenentscheidung erster Instanz hinausgehen. Dann ist das Verhalten aber als Genehmigung des Auftretens des weiteren Beteiligten in erster Instanz auszulegen.

c) Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 1 S. 2 KostO frei von Gerichtsgebühren. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht.

Dr. Reichold Dr. Delius Lorbacher

 

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