Leitsatz (amtlich)
1. Die Landesversicherungsanstalt für Ober- und Mittelfranken ist öffentliche Auftraggeberin i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB.
2. Verlangt der Auftraggeber das Angebot eines Listenpreises, entspricht ein Angebot mit einem für den Einzelfall kalkuliertem Preis nicht diesen Anforderungen; es ist zwingend auszuschließen.
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 21.07.2004; Aktenzeichen 320 VgK-3194-22/04) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 21.7.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB trägt die Antragstellerin.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 71.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin und Vergabestelle schrieb einen Rahmenvertrag über Lieferung und Instandhaltung von 2.043 Personalcomputern (Los 1) und 993 Monitoren (Los 2) im Offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A Europaweit aus. Die Geräte sollen nicht nur von der Antragsgegnerin, sondern auch von fünf weiteren Landesversicherungsanstalten (Niederbayern-Oberpfalz, Oberbayern, Rheinland-Pfalz, Schwaben und Unterfranken) über einen Zeitraum von rund zwei Jahren abgenommen werden. Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten; Kriterien für die Auftragserteilung sind in dieser Reihenfolge: Kosten (Systempreise zzgl. der im voraussichtlichen Nutzungszeitraum anfallenden laufenden Kosten), Technik, Service (Instandhaltung) und ergonomische Gestaltung. Ziff. 12c des Anhangs zum Anschreiben an die Bieter bestimmt u.a.:
"Während der Laufzeit des Rahmenvertrages ist der gültige Listenpreis auf Anforderung ggü. der Vergabestelle oder dem jeweiligen Abrufauftraggeber nachzuweisen. Auf Basis der zum Zeitpunkt des Zuschlags gültigen Listenpreise wird für alle zu liefernden Komplettsysteme folgende Preisregelung festgelegt: Preissenkungen bei den Listenpreisen bis zum Zeitpunkt der Lieferung werden im gleichen Verhältnis auf die Angebotspreise angewandt."
Das Anschreiben samt Anhang ist von der Antragsgegnerin zum Bestandteil der Verdingungsunterlagen bestimmt worden.
Die Antragstellerin gab zu Los 1 ein Angebot über 1.430 100 Euro und die Beigeladene über 1.649.487,38 Euro ab. Sie gab für das Basisgerät einen Listenpreis, einzeln, von 700 Euro bei einem Rabatt von 0 % an. Für den 36 Monate dauernden Vor-Ort-Service gab sie keinen Einzelpreis an, da dieser in dem Listenpreis enthalten sei. Die Beigeladene nannte als Listenpreis einen Preis von 1542 Euro bei einem Rabatt von 52,4 %. Mit Schreiben vom 5.2.2004 teilte die Antragsgegnerin der Antragsstellerin mit, ihr Angebot werde nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A wegen der Inklusivpreise und damit wegen unvollständiger Preisangaben und fehlender Angaben zu den optionalen Leistungen ausgeschlossen, es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wurde die Antragsgegnerin durch bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 10.3.2004 dazu verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin wieder in die Wertung einzubeziehen und die Wertung unter Berücksichtigung der Auffassung der Vergabekammer neu vorzunehmen.
Die Antragsgegnerin bezog daraufhin das Angebot der Antragstellerin in die Wertung ein. Bei der Wertung rein nach Preis erreichte die Antragstellerin eine Punktzahl von 39.332, die Beigeladene von 17.394. Bei der nicht monetären Rangfolge nach Technik/Funktionalität und Ergonomie erreichte die Beigeladene 16.650 Punkte, während die Antragstellerin mit 0 Punkten mit dem Zusatz "Ausschluss § 25/2/1" bewertet wurde. Die der Rangfolge zugrunde liegende Bewertungstabelle für Technik/Funktionalität und Ergonomie weist der Antragstellerin 15.510 Punkte zu. Auf Anfrage der Antragsgegnerin vom 23.3.2004 teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 13.4.2004 mit, sie besitze keine Listenpreise. Als Hersteller und gleichzeitiger Vertreiber der eigenen PC's produziere sie ausschließlich auftragsbezogen. Der Einkauf der dazu benötigten Komponenten erfolge zeitnah zu marktüblichen Konditionen und werde entsprechend dem zu erwartenden Aufwand und Volumen kalkuliert. So sei auch der genannte Angebotspreis speziell für diesen Auftrag kalkuliert worden.
Nach der erneuten Wertung unter Einschluss des Angebotes der Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin dieser mit Schreiben vom 1.6.2004 (im Original ohne Datum) mit, ihr Unternehmen sei für die ausgeschriebene Leistung weder hinreichend geeignet noch sei ihr Angebot das wirtschaftlichste. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Die Monitore könnten nicht maschinell abgeschaltet werden, da die Stromversorgung für den Monitor nicht durchgeschleift sei, die Securityfunktion zeige eine unbefugte Geräteöffnung im stromlosen Zustand nicht an, im Wartungsfall sei die Öffnung des Gehäuses sehr aufwendig (Serviceability), die Be- und Entlüftung sei eingeschränkt, das Einlese...