Verfahrensgang

LG Regensburg (Entscheidung vom 17.04.2020; Aktenzeichen 4 SR StVK 988/19)

 

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde des Sicherungsverwahrten R... werden der Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 17. April 2020 sowie der Bescheid der Justizvollzugsanstalt Straubing - Einrichtung für Sicherungsverwahrung - vom 7. November 2019 aufgehoben.
  2. Die Sache wird an die Justizvollzugsanstalt Straubing - Einrichtung für Sicherungsverwahrung - zur erneuten Bescheidung des Antrags des Beschwerdeführers auf Aushändigung der in seiner Habe befindlichen Bose-Soundanlage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
  3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer hierin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
  4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500,00 € festgesetzt
 

Gründe

I.

Die Justizvollzugsanstalt Straubing - Einrichtung für Sicherungsverwahrung - (im Folgenden auch: Antragsgegnerin) hat mit Bescheid vom 7.11.2019 den Antrag des Sicherungsverwahrten R... (im Folgenden auch: Beschwerdeführer) auf Aushändigung der bei seiner Habe befindlichen Bose-Soundanlage, bestehend aus fünf Lautsprechern, einem Subwoofer und einem weiteren elektrischen Gerät, dessen exakte Funktion von der Einrichtung für Sicherungsverwahrung nicht habe eruiert werden können, abgelehnt. Diese hatte der Sicherungsverwahrte während seiner vorherigen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt im Februar 2014 gekauft und dort auch in Besitz.

Zur Begründung ihres Bescheides hat die Antragsgegnerin ausgeführt, die Aushändigung der Bose-Soundanlage an den Antragsteller sei geeignet, die Sicherheit und auch in schwerwiegender Weise die Ordnung der Anstalt sowie das Erreichen des Vollzugsziels zu gefährden. Wie Internetrecherchen ergeben hätten, übersteige der Wert der Anlage die gemäß anstaltsinterner Verfügung festgelegte Wertgrenze von 300 €, die der Verhinderung subkultureller Aktivitäten und der Vermeidung des Entstehens von Abhängigkeitsverhältnissen diene. Gegenstände von hohem Wert stellten innerhalb von Justizvollzugsanstalten beliebte Tauschgegenstände dar, die dazu missbraucht werden können, Verbindlichkeiten in der Einrichtung gegenüber anderen Sicherungsverwahrten einzugehen. Derartige Abhängigkeitsverhältnisse führten erfahrungsgemäß in einer geschlossenen Institution zur Entstehung von Subkulturen. Sowohl im Rahmen subkultureller Aktivitäten als auch durch vermeintlich entstandene Ansprüche aus Abhängigkeitsverhältnissen resultiere eine erhöhte Gefahr von Gewaltanwendungen unter den Sicherungsverwahrten und folglich von Verletzungen für diese und die Bediensteten. Durch die Aushändigung der Bose-Soundanlage würde folglich die innere Sicherheit der Anstalt maßgeblich gefährdet.

Weiterhin werde in schwerwiegender Weise die Ordnung der Einrichtung gefährdet, weil durch eine zunehmende Bereitschaft für die Anwendung von Gewalt gegen Mitverwahrte und Bedienstete das zivilisierte und geordnete Zusammenleben maßgeblich gestört werde.

Schließlich werde auch das Erreichen der Vollzugsziele gemäß Art. 2 BaySvVollzG maßgeblich gefährdet. Wenden Sicherungsverwahrte im Rahmen von Abhängigkeitsverhältnissen oder subkultureller Aktivität innerhalb der Anstalt Gewalt an, könne nicht von einer Minderung deren Gefährlichkeit für die Allgemeinheit ausgegangen werden. Auch werde bei Sicherungsverwahrten, zu deren Gunsten ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, die Fähigkeit, künftig in sozialer Verantwortung ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit zu führen, erschwert, da diese durch das Unter-Druck-Setzen ihrer Mitverwahrten kaum über die gewünschte soziale Verantwortung verfügen können. Auch bei den aus dem Abhängigkeitsverhältnis benachteiligten Sicherungsverwahrten könne dieses Ziel nicht erreicht werden, da subkulturelle Kulturen zumeist über den abgeschlossenen Bereich einer Institution hinausgehen. Ein selbstbestimmtes Leben dürfte für diese Sicherungsverwahrten auch außerhalb der Einrichtung nicht verwirklichbar sein, da sie dort mit hoher Wahrscheinlichkeit von den Angehörigen der subkulturellen Struktur weiterhin unter Druck gesetzt werden. Das Vollzugsziel des Schutzes der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten erscheine ebenfalls vor dem Hintergrund der Entstehung von Abhängigkeitsverhältnissen nicht erreichbar.

Außerdem werde durch die Größe der Sound-Anlage die Sicherheit der Einrichtung gefährdet, da Elektrogeräte und Lautsprecherboxen im Allgemeinen sehr gute Versteckmöglichkeiten bieten würden und ohne eine Zerstörung der Sachsubstanz kaum ausreichend kontrolliert werden könnten. Demgemäß sei bereits die Aushändigung eines weiteren Gegenstandes (Elektrogerätes) geeignet, den Zeitaufwand für die Zimmerkontrolle auf ein unzumutbares Maß zu erhöhen, und könne daher - auch unter Berücksichtigung des Abstandsgebotes - nicht genehmigt werden, zumal das Verwahrtenzimme...

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