Entscheidungsstichwort (Thema)

Bußgeldverfahren. Urteil. Unterschrift. Urschrift. Ausfertigung. Akte. Rechtsbeschwerde. Sachrüge. Bußgeldbescheid. Einspruch. Einspruchsbeschränkung. Einspruchsrücknahme. anfänglich. nachträglich. Teilrücknahme. Rechtsfolgenausspruch. Verteidigung. Verteidiger. Ermächtigung. ausdrücklich. Vertretung. Vollmacht. Vollmachtsurkunde. Vertretungsvollmacht. Rechtsbehelf. Rechtsmittel. Anfechtungsumfang. Anhörung. Betroffenenanhörung. Hauptverhandlung. Bote. Erklärungsbote. Vertretungsmacht. Erklärung. Willenserklärung. eigene. fremde. Wille. Übermittlung. Auslegung. Gesetzeswortlaut. Schutzzweck. Dispositionsbefugnis. Mandatsübernahme. Geschwindigkeitsüberschreitung. Bußgeld. Fahrverbot. Regelfahrverbot. beharrlich. Regelfall. Vollstreckungsaufschub

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die nachträgliche Beschränkung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid auf den Rechtsfolgenausspruch stellt eine teilweise Rücknahme des Einspruchs dar, für deren Wirksamkeit der Verteidiger gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO einer ausdrücklichen Ermächtigung des Betroffenen bedarf.

2. Die ausdrückliche Ermächtigung des Betroffenen zur Beschränkung des Einspruchs ist auch dann erforderlich, wenn dem Verteidiger eine Vertretungsvollmacht im Sinne von § 73 Abs. 3 OWiG erteilt worden war.

3. Die ausdrückliche Ermächtigung kann sich aus der in der Vollmachtsurkunde vorgesehenen Befugnis, Rechtsmittel einzulegen und zurückzunehmen, ergeben, wenn die Vollmacht gerade für die Durchführung des Einspruchsverfahrens erteilt wurde. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Vollmacht im Ermittlungsverfahren nach Anhörung des Betroffenen und vor Erlass des Bußgeldbescheids erteilt worden war.

 

Normenkette

StPO § 275 Abs. 2 S. 1, § 302 Abs. 2, § 344 Abs. 1, § 349 Abs. 2, § 473 Abs. 1 S. 1; OWiG § 46 Abs. 1, § 67 Abs. 1 S. 2, § 73 Abs. 2-3, § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 80a; StVG § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1, 2a; StVO § 3 Abs. 3 Nr. 2c, § 49 Abs. 1 Nr. 3; BKatV § 4 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Wunsiedel (Entscheidung vom 26.06.2023)

 

Tenor

I. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Wunsiedel vom 26.06.2023 wird als unbegründet verworfen.

II. Die Betroffene hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 22.11.2022 setzte die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt gegen die Betroffene wegen einer als Führerin eines Pkws am 12.09.2022 auf einer Bundesstraße begangenen Überschreitung der außerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 27 km/h gemäß § 24 Abs. 1 StVG i.V.m. §§ 3 Abs. 3 Nr. 2c, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO eine Geldbuße von 225 Euro fest und ordnete gegen die Betroffene wegen des Regelfalls eines (benannten) beharrlichen Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV ein mit einem vorläufigen Vollstreckungsaufschub nach § 25 Abs. 2a StVG verbundenes Fahrverbot für die Dauer eines Monats an. In der Hauptverhandlung vom 26.06.2023 beschränkte der Wahlverteidiger der Betroffenen in erlaubter Abwesenheit der mit Beschluss vom 21.06.2023 nach § 73 Abs. 2 OWiG von der Erscheinenspflicht entbundenen Betroffenen den Einspruch gemäß § 67 Abs. 2 OWiG "auf die Rechtsfolgen". Mit dem angefochtenen Urteil vom 26.06.2023 setzte das Amtsgericht gegen die Betroffene "wegen der mit Bußgeldbescheid vom 22.11.2022 rechtskräftig festgestellten fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h" eine Geldbuße von 225 Euro fest und ordnete gegen die Betroffene ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG an. Mit ihrer durch ihren Verteidiger jeweils fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde rügt die Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts. Mit Zuleitungsschrift vom 26.10.2023 beantragt die Generalstaatsanwaltschaft München, die Rechtsbeschwerde durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.

II.

Mit Beschluss vom 21.12.2023 hat der nach § 80a Abs. 1 OWiG zuständige Einzelrichter die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde gemäß § 80a Abs. 1, 2. Halbsatz i.V.m. § 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

III.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaften Rechtsbeschwerde deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen auf (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Der näheren Erörterung bedarf nur das Folgende:

Die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht erklärte Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch war wirksam, was der Senat aufgrund der erhobenen Sachrüge von Amts wegen zu prüfen hat (st.Rspr., vgl. zuletzt nur BayObLG, Beschl. v. 22.11.2023 - 202 StRR 86/23; 18....

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