Entscheidungsstichwort (Thema)
Adoptionssache
Leitsatz (amtlich)
Unter Beachtung der Rechtsentwicklung seit der Entscheidung vom 7.1.1965 (BayObLGZ 1965, 2) legt der Senat § 29 Abs. 1 Satz 1 FGG einschränkend dahin aus, daß ein in Haft befindlicher Beteiligter generell auch zu Protokoll des Amtsgerichts des Haftorts weitere Beschwerde einlegen kann (Vorlage an den BGH gemäß § 28 Abs. 2 FGG im Hinblick auf BGH NJW 1965, 1182).
Normenkette
FGG § 28 Abs. 2, § 29 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Landshut (Aktenzeichen XVI 31/98) |
LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 3077/99) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 3. Mai 2000 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1 ist der Vater des 1996 geborenen Kindes (Beteiligter zu 2). Er hat seine Ehefrau, die Mutter des Kindes, 1997 getötet und wurde deswegen rechtskräftig wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die derzeit in der Justizvollzugsanstalt Straubing vollstreckt wird. Mit Beschluß vom 27.5.1998 hat das Landgericht festgestellt, daß die elterliche Sorge des Beteiligten zu 1 ruht. Das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – hat mit Beschluß vom 29.6.1998 die Beteiligte zu 3 – eine Schwester der verstorbenen Mutter des Kindes – und ihren Ehemann, den Beteiligten zu 4, zu Vormündern mit dem Aufgabenkreis Personensorge sowie einen weiteren Vormund mit dem Aufgabenkreis Vermögens sorge bestellt. Das Kind lebt seit dem Tod seiner Mutter bei den Beteiligten zu 3 und 4. Diese wollen das Kind adoptieren; sie haben die Adoption mit notarieller Urkunde vom 29.9.1998 beantragt.
Der Beteiligte zu 1 hat seine Einwilligung verweigert. Auf Antrag des durch die Beteiligten zu 3 und 4 vertretenen Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht Landshut diese mit Beschluß vom 29.1.1999 ersetzt.
Die Zustellung dieses Beschlusses an den Beteiligten zu 1 war am gleichen Tage verfügt und nach dem Erledigungsvermerk der Geschäftsstelle und der Zustellungsurkunde vom 5.2.1999 auch bewirkt worden. Der Beteiligte zu 1 bestritt jedoch, daß in dem ihm am 5.2.1999 ausgehändigten verschlossenen Umschlag – neben anderen Schriftstücken – auch eine Ausfertigung des Beschlusses vom 29.1.1999 enthalten gewesen sei; er bat mit Schreiben vom 3.3.1999, ihm diesen Beschluß, von dessen Existenz er aus einer Stellungnahme des Jugendamts in einem anderen Verfahren erfahren hatte, zuzusenden. Das Landgericht erblickte hierin die (verspätete) Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 29.1.1999, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsgesuch. Es verwarf das Wiedereinsetzungsgesuch und das Rechtsmittel mit Beschluß vom 18.5.1999. Diesen Beschluß hob der Senat am 7.10.1999 (BayObLGZ 1999, 330) zur Klarstellung seiner Unwirksamkeit auf, weil das Landgericht eine Beschwerdeentscheidung erlassen hatte, obwohl keine Beschwerde vorlag. Er wies für das weitere Verfahren darauf hin, daß die Zustellungsurkunde keinen Beweis dafür erbringe, daß der am 5.2.1999 dem Beteiligten zu 1 zugestellte verschlossene Umschlag auch eine Ausfertigung des Beschlusses vom 29.1.1999 enthalten habe.
Der Vormundschaftsrichter verfügte erneut die Zustellung des Beschlusses vom 29.1.1999 an den Beteiligten zu 1. Der Beschluß wurde dem Beteiligten zu 1 am 10.11.1999 in der Justizvollzugsanstalt Straubing zugestellt. Am 22.11.1999 ging die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 dagegen beim Amtsgericht ein. Mit Beschluß vom 3.5.2000 hat das Landgericht die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen und dem Beteiligten zu 1 „die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Beteiligten zu 2, 3 und 4 auferlegt”.
Gegen diesen ihm am 25.5.2000 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte zu 1 zur Niederschrift des Rechtspflegers des Amtsgerichts Straubing am 31.5.2000 das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde eingelegt.
II.
Gegen den Beschluß des Landgerichts ist die sofortige weitere Beschwerde statthaft (§ 1748 Abs. 1 BGB i.V.m. § 29 Abs. 2, § 53 Abs. 1, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG). Der Beschwerdeführer ist auch beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch zu Protokoll der Geschäftsstelle des für den Haftort zuständigen Amtsgerichts eingelegt worden, das nicht als Gericht erster Instanz mit der Sache befaßt war. § 29 Abs. 1 Satz 1 FGG gestattet seinem Wortlaut nach die Einlegung der weiteren Beschwerde nur zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle der für die Sache im Instanzenzug zuständigen Gerichte. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs kann davon auch dann nicht abgegangen werden, wenn sich der Beschwerdeführer wie hier in Haft befindet (BGH FamRZ 1965, 319 = NJW 1965, 1182 = Rpfleger 1965, 140; BayObLGZ 1965, 2). Nur wenn sich der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel gegen eine Freiheitsentziehung wendet, haben das Bayerische Oberste Landesgericht und der Bundesgerichtshof eine ...