Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsverwahrung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Besteht zwischen dem Amtsgericht, das ein gemeinschaftliches Testament verwahrt, und dem Nachlassgericht, das für den eingetretenen ersten Erbfall zuständig geworden ist, Streit darüber, welches Amtsgericht das gemeinschaftliche Testament in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen hat, so liegt ein Streit über die örtliche Zuständigkeit vor.

2. Auf Grund des § 2258 a Abs. 3 BGB kann derjenige, der das Testament in Verwahrung gegeben hat, jederzeit verlangen, dass das Testament nunmehr von einem anderen Gericht verwahrt werden solle. Über diesen Antrag hat dann das für die Verwahrung zuständige Amtsgericht zu entscheiden.

 

Normenkette

BGB §§ 2258a, 2258b, 2261, 2273 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Celle (Aktenzeichen 10 IV 491/88)

AG Cham (Aktenzeichen VI 115/88)

 

Tenor

Für die weitere Verwahrung des gemeinschaftlichen Testaments ist das Amtsgericht Cham zuständig.

 

Tatbestand

I.

Das Ehepaar … Sch. errichtete vor dem Notar in Bremerhaven am 9.3.1970 ein gemeinschaftliches Testament. Der Notar übersandte das Testament zur Verwahrung an das Amtsgericht Cham, in dessen Bezirk das Ehepaar damals wohnte. Die Ehefrau ist am 3.5.1988 in Celle verstorben. Den letzten gemeinsamen Wohnsitz mit ihrem Ehemann hatte sie im Bezirk des Amtsgerichts Celle. Das Testament wurde vom Amtsgericht. Cham aus der besonderen amtlichen Verwahrung genommen und der für den ersten Todesfall gültige Teil eröffnet. Eine Verkündung ist unterblieben. Der Rechtspfleger nahm vom Inhalt, des Testaments Kenntnis und brachte es in die besondere amtliche Verwahrung des Amtsgerichts Cham zurück, weil es auch Verfügungen des überlebenden Ehegatten enthielt. Weiter hat der Rechtspfleger dem Amtsgericht Celle beglaubigte Abschriften des Testaments und dem Ehemann der Erblasserin einen neuen Hinterlegungsschein übersandt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Celle verlangte daraufhin die Übersendung der Urschrift, um sie dort weiter zu verwahren. Dies hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Cham abgelehnt. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Celle beharrt auf seinem Standpunkt. Das Amtsgericht Cham hat daraufhin den Vorgang zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits vorgelegt. Der überlebende Ehegatte hat nach Vorlage an das Bayerische Oberste Landesgericht den Wunsch geäußert, das Testament solle vom Amtsgericht Celle weiterverwahrt werden.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung zuständig, weil der Bundesgerichtshof für die beteiligten Amtsgerichte das gemeinschaftliche obere Gericht ist und das in Bayern gelegene Amtsgericht Cham zuerst mit der Sache befaßt war (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 199 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 FGG; Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG). Dieses Gericht hat das gemeinschaftliche Testament von Anfang an und damit zuerst verwahrt (§ 2258 b BGB, § 16 Abs. 1 RPflG).

2. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 FGG sind gegeben.

a) Besteht zwischen dem Amtsgericht, das ein gemeinschaftliches Testament verwahrt, und dem Nachlaßgericht, das für den eingetretenen ersten Erbfall zuständig geworden ist, Streit darüber, welches Amtsgericht das gemeinschaftliche Testament in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen hat, so liegt ein Streit über die örtliche Zuständigkeit vor (BayObLGZ 1974, 7/8; OLG Hamm Rpfleger 1971, 398, KG Rpfleger 1972, 405).

b) Ein Zuständigkeitsstreit im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG liegt auch vor, wenn sich Rechtspfleger der beteiligten Gerichte über die örtliche Zuständigkeit nicht einigen können (vgl. BayObLGZ 1983, 223/224 für § 5 FGG und 1968 302/303 f. für § 46 FGG; Keidel/Reichert FGG 12. Aufl. § 5 Rn. 8 m.w.Nachw.). Dem Rechtspfleger ist das Geschäft übertragen (§ 16 Abs. 1 RPflG). In diesem Rahmen hat er alle Maßnahmen zu treffen, die zur Erledigung erforderlich sind (§ 4 Abs. 1 RPflG). Die Voraussetzungen einer Vorlage an den Richter gemäß § 5 Abs. 1 RPflG sind nicht gegeben.

c) Die Voraussetzungen eines Zuständigkeitsstreits (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FGG) sind nicht dadurch entfallen, daß nach Vorlage der überlebende Ehegatte an das Bayerische Oberste Landesgericht den Wunsch gerichtet hat, das Testament solle vom Amtsgericht Celle weiterverwahrt werden, weil er dort seinen Wohnsitz habe und beibehalten wolle. Auf Grund des § 2258 a Abs. 3 BGB kann derjenige, der das Testament in Verwahrung gegeben hat, jederzeit verlangen, daß das Testament nunmehr von einem anderen Gericht verwahrt werden solle. Über diesen Antrag hat dann das für die Verwahrung zuständige Amtsgericht zu entscheiden. Im Rahmen der Entscheidung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG ist darüber nicht zu befinden, weil nur die Zuständigkeit zur Weiterverwahrung seit der Testamentseröffnung festzustellen ist. Ob dem Antrag gemäß § 2258 a Abs. 3 BGB entsprochen werden muß, hat das bislang zur Verwahrung zuständige Amtsgericht zu entscheiden. Einer verbreiteten Meinung zufolge (z. B. OLG Hamm Rpfleger 1971, 398, OLG München BayJMBl 19...

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