Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
Ein bisher amtlich verwartes gemeinschaftliches Testament ist in die besondere amtliche Verwahrung desjehnigen Gerichts zurückzubringen, das für die amtliche Verwahrung gemäß § 2258a BGB vor der ersten Eröffnung zuständig war.
Normenkette
BGB § 2258a
Verfahrensgang
AG Dachau (Aktenzeichen VI 414/94) |
AG Aichach (Aktenzeichen VB 4000) |
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht Aichach.
Tatbestand
I.
Die 1994 verstorbene Erblasserin hatte am 25.8.1987 gemeinsam mit Ihrem Ehemann vor einem Notar in Aichach ein gemeinschaftliches Testament errichtet, worin sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen befreiten Vorerben eingesetzt, Bestimmungen über die Nacherbfolge sowie weitere Verfügungen für den zweiten Sterbefall getroffen hatten. Dieses Testament, das sich in der besonderen amtlichen Verwahrung des Amtsgerichts Aichach befunden hatte, war dort nach dem Tod der Erblasserin eröffnet und sodann dem als Nachlaßgericht zuständigen Amtsgericht Dachau übersandt worden. Letzteres hat nach Durchführung des Nachlaßverfahrens das gemeinschaftliche Testament an das Amtsgericht Aichach zur „Wiederverwahrung” gesandt. Es hält sich insoweit nicht für zuständig, da das gemeinschaftliche Testament Bestimmungen für den zweiten Sterbefall enthalte. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Aichach hat das Testament an das Nachlaßgericht Dachau zurückgeschickt. Er verneint seine Zuständigkeit für die weitere Verwahrung, da der Erblasser sich nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Aichach befinde. Ein Zuständigkeitswechsel sei praktikabel, verwaltungsvereinfachender und gesetzlich nicht verboten. Die Rechtspflegerin des Nachlaßgerichts Dachau hat die Akten über das Oberlandesgericht München dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung gemäß § 5 FGG vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 199 Abs. 1 und 2 Satz 2 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG; BayObLGZ 1989, 39/40). Die beteiligten Amtsgerichte haben ihren Sitz in verschiedenen bayerischen Landgerichtsbezirken (BayObLGZ 1989, 1/2).
2. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 FGG sind gegeben.
- Besteht zwischen dem Amtsgericht, das ein gemeinschaftliches Testament verwahrt hat, und dem Nachlaßgericht, das für den ersten eingetretenen Erbfall zuständig geworden ist, Streit darüber, welches Amtsgericht das gemeinschaftliche Testament in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen hat (§ 2273 Abs. 2 Satz 2 BGB), so liegt ein Streit über die örtliche Zuständigkeit vor (BayObLGZ 1989, 39/40 m.w.Nachw.).
- Ein Zuständigkeitsstreit im Sinn von § 5 Abs. 1 Satz 1 FGG liegt auch dann vor, wenn sich die Rechtspfleger der beteiligten Gerichte über die örtliche Zuständigkeit nicht einigen können (BayObLG aaO m.w.Nachw.). Dem Rechtspfleger ist die Verwahrung eines Testaments übertragen (§ 3 Nr. 2c RPflG). In diesem Rahmen hat er alle Maßnahmen zu treffen, die zur Erledigung erforderlich sind (§ 4 Abs. 1 RPflG). Die Voraussetzungen einer Vorlage an den Richter gemäß § 5 Abs. 1 RPflG sind nicht gegeben.
3. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Aichach.
- Das Amtsgericht Aichach, das für die besondere amtliche Verwahrung des notariellen gemeinschaftlichen Testaments der Erblasserin und ihres Ehemannes (§§ 2265, 2231 Nr. 1 BGB) örtlich zuständig gewesen ist (§ 2258a Abs. 2 Nr. 1 BGB), hat seine alleinige Zuständigkeit für die weitere Verwahrung nicht dadurch verloren, daß das Amtsgericht Dachau für den ersten Erbfall als Nachlaßgericht örtlich zuständig wurde (§ 73 Abs. 1 FGG).
- Die beteiligten Amtsgerichte gehen übereinstimmend davon aus, daß das gemeinschaftliche Testament nach der ersten Eröffnung in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen ist (§ 2273 Abs. 2 Satz 2 BGB), da es Verfügungen des überlebenden Ehegatten enthält, die durch den Tod der Erblasserin nicht gegenstandslos geworden sind. Anders wäre es, wenn sich die im gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Verfügungen allein auf den Erbfall des zuerst verstorbenen Erblassers bezogen hätten (§ 2273 Abs. 3 BGB); ein derartiger Fall liegt nicht vor.
- Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, welches Gericht für die Weiterverwahrung örtlich zuständig ist. Die Frage ist umstritten (vgl. BayObLGZ 1989, 39/40 m.w.Nachw.; Palandt/ Edenhofer BGB 54. Aufl. § 2273 Rn. 6; Keidel/Winkler FGG 13. Aufl. § 73 Rn. 53; Soergel/Wolf BGB 12. Aufl. § 2273 Rn. 11 und Soergel/Harder § 2261 Rn. 5). Wie der Senat (aaO) bereits entschieden hat, ist ein bisher amtlich verwahrtes gemeinschaftliches Testament in die besondere amtliche Verwahrung desjenigen Gerichts zurückzubringen, das für die amtliche Verwahrung gemäß § 2258a BGB vor der ersten Eröffnung zuständig war. An dieser Auffassung hält der Senat fest (a.M.: OLG Hamm OLGZ 1990, 276 f.= FamRZ 1990, 1161 f.; OLG Zweibrücken Rpfleger 1988, 149; OLG Celle Rpfleger 1979, 24). Für die Auffassung des Senats sprechen...