Leitsatz (amtlich)
Der Gerichtsstand aus unerlaubter Handlung im Sinne des § 32 ZPO umfasst nicht eine Klage des Gebäudeversicherers gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters/Pächters des versicherten Gebäudes, mit der wegen stillschweigend erklärten Regressverzichts des Gebäudeversicherers zugunsten des Mieters/Pächters der direkte Rückgriffsanspruch des Gebäudeversicherers gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG analog gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters/Pächters geltend gemacht wird.
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 27 O 8096/23) |
Tenor
Als für den Rechtsstreit (örtlich) zuständiges Gericht wird das Landgericht Bayreuth bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Feuerversicherer der B. AG (im Folgenden: Eigentümerin) für den in deren Eigentum stehenden Gebäudekomplex der Tanzgaststätte "XXX" in Bayreuth. Die R. AG war Pächterin der vorgenannten Immobilie und bei der in München ansässigen Antragsgegnerin zu 1) haftpflichtversichert. Im Mai 2017 kam es in der Immobilie zu einem Brand. Die Antragstellerin verlangt in ihrer Eigenschaft als Gebäudeversicherer von der Antragsgegnerin zu 1) als Haftpflichtversicherer der ehemaligen Pächterin des versicherten Objekts gemäß § 78 Abs. 2 VVG analog hälftigen Ausgleich für Leistungen, die sie an ihre Versicherungsnehmerin, die in Bayreuth ansässige Eigentümerin, infolge des Brandschadens an dem versicherten Gebäude erbracht hat. Der Antragsgegner zu 2) ist ein in Bayreuth wohnhafter Berufs-Pyrotechniker.
Mit ihrer zunächst nur gegen die Antragsgegnerin zu 1) beim Landgericht München I erhobenen Klage hat die Antragstellerin gestützt auf § 78 Abs. 2 VVG analog einen Zahlungsanspruch in Höhe von 559.752,89 EUR geltend gemacht. Zur Begründung hat sie vorgebracht, der Vorstandsvorsitzende der Pächterin habe sich am 11. Mai 2017 in der Gaststätte von dem Antragsgegner zu 2) verschiedene pyrotechnische Effekte vorführen lassen. Als der Antragsgegner zu 2) auf der Tanzfläche unterhalb eines Lüftungsschachts einen sogenannten "Bühnenblitz" entzündet habe, sei ein Brand im Bereich des Lüftungsschachts entstanden. Von dort habe der Brand auf die gesamte Tanzgaststätte übergegriffen, die schließlich bis auf die Grundmauern niedergebrannt sei. Die angrenzenden Gebäudeteile seien schwer beschädigt worden. Allein das Abbrennen von pyrotechnischen Effekten in der Räumlichkeit, zumal unterhalb des Lüftungsschachts, sei als (leicht) fahrlässig zu bezeichnen. Im Übrigen seien die erforderlichen Genehmigungen zum Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen in geschlossenen Räumen nicht eingeholt worden. Für den entstandenen Schaden hafte die ehemalige Pächterin, der das Verhalten ihres Vorstands zuzurechnen sei, gemäß §§ 31, 581 Abs. 2, §§ 535, 280 Abs. 1 BGB, §§ 31, 823 BGB i.V.m. § 23 Abs. 6 1. SprengV, § 35 VStättV. Wegen des Regressverzichts des Gebäudeversicherers gegen den einfach fahrlässig handelnden Mieter bzw. Pächter sei ein Rückgriff der Antragstellerin gegen die Pächterin nicht möglich. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stehe dem Gebäudeversicherer jedoch gemäß § 78 Abs. 2 VVG analog ein (hälftiger) Ausgleichsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Mieters bzw. Pächters zu. Die Antragstellerin habe den regressfähigen Schaden in Höhe von insgesamt 1.119.505,77 EUR (Zeitwertschaden in Höhe von 1.109.583,55 EUR zuzüglich Gutachterkosten in Höhe von 9.922,22 EUR) vollständig reguliert. Mithin sei der ursprüngliche Schadensersatzanspruch ihrer Versicherungsnehmerin gemäß § 86 VVG in voller Höhe auf sie übergegangen. Sie mache vorliegend den Direktanspruch gemäß § 78 Abs. 2 VVG analog geltend.
In der Klageerwiderung hat die Antragsgegnerin zu 1) unter anderem vorgebracht, § 78 Abs. 2 VVG analog sei vorliegend nicht anwendbar, weil nicht der Mieter/Pächter, sondern der am Pachtvertrag unbeteiligte Dritte (Antragsgegner zu 2]) den Schaden verursacht habe. Dieser habe zum streitgegenständlichen Zeitpunkt eine Haftpflichtversicherung unterhalten. Wenn überhaupt ein Ausgleichsanspruch gemäß § 78 VVG analog in Frage komme, müsse sich dieser gegen jenen Haftpflichtversicherer richten.
Daraufhin hat die Antragstellerin die Klage auf den Antragsgegner zu 2) erweitert und angekündigt, in der mündlichen Verhandlung folgende Klageanträge zu stellen:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 559.752,89 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin weitere 559.752,88 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Der Antragsgegner zu 2) sei verpflichtet gewesen, bei dem Umgang und dem Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen Dritte vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter zu schützen. Diese Pflicht sei zumindest fahrlässig verletzt worden. Der Antragsgegner zu 2) hafte aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 24 Abs. 1 SprengG und § 23 Abs. 6 der 1. SprengV. De...